Union:Ach, gäbe es doch die Qual der Wahl

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Wer in Bayern Angela Merkel unterstützen will, muss CSU wählen. Eine Seite-Drei-Geschichte zu diesem Thema hat Leser dazu inspiriert, Tipps zu geben, wo man in so einem Fall als Bayer sein Kreuzchen machen könnte.

"Das Kreuz mit der CSU" vom 17. Mai:

Und wir müssen es aushalten

Prinzip der parlamentarischen Demokratie ist es doch, dass jeder Wähler mit seiner Stimme die Politik der Regierungspartei unterstützen oder abstrafen kann. Dass sich bayerische Wähler ärgern, weil sie die CDU nicht unterstützen können, verstehe ich. Viel schlimmer finde ich es allerdings, dass 15 der 16 Bundesländer, also zig Millionen Wähler, mit ihrer Stimme keinen Einfluss haben auf die Politiker der Partei eines einzigen Bundeslandes, die als Bundesminister oder quasi mitregierender Ministerpräsident Entscheidungen für die gesamte Republik durchsetzen können mit der Begründung: "Das haben wir unseren Wählern versprochen." Schön für die bayerischen Wähler, denn nur sie können im Sinne des Grundgesetzes auch reagieren und mit ihrer Stimme an der Wahlurne dieser Politik zustimmen oder sie ablehnen. Wenn man das Schülern im Politikunterricht erklären soll, kommt man ins Straucheln. Maria Scherer, Dresden

Erststimme ungültig machen

Nicht jeder CSU-Wähler, nicht jedes Parteimitglied hat sich auf die Bäume jagen lassen und in das Seehofer'sche Horn geblasen. Jetzt gibt es zwei Probleme: Nicht alle, bei denen er es geschafft hat, sie hinaufzujagen, kommen jetzt herunter, und die, die sich nicht hinaufjagen haben lassen, weil sie Seehofer nicht gefolgt sind, fragen sich jetzt: Wie können wir Merkel wählen ohne die CSU? Die Unmöglichkeit in Bayern, die CDU und Merkel zu wählen, lässt nur zu, ein Zeichen zu setzen: Bei der Erststimme bewusst ungültig wählen durch handschriftliche Korrektur des Parteinamens von CSU in CDU und mit der Zweitstimme CSU wählen. Die Zweitstimme ist entscheidend für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Stehen der CSU mehr Sitze zu, als sie Wahlkreise über die Erststimme gewonnen hat, kommen die CSU-Bewerber gemäß der CSU-Landesliste zum Zuge. Würde mit so bewusst ungültig abgegebenen Voten bei der Erststimme sich das Wahlkreisergebnis verändern, wird das kleine Zeichen, das der Wähler in Bayern setzen kann, verstärkt. Merkel hat auf jeden Fall die Stimme. Den CSU-Vorderen wäre ein wenig die Lust genommen, ab Wahlsonntagabend 18 Uhr die Leute wieder auf die Bäume jagen zu wollen.

Dr. Georg Metzger, Baiersdorf

Reines Machtkalkül

Mit ihrem sogenannten Schwesternmodell treten CDU und CSU seit Jahrzehnten nach außen hin als zwei unabhängige Parteien auf, bilden jedoch ebenso lange im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft (nicht gleichbedeutend mit Koalition!), was insbesondere im Abstimmungsverhalten einem zu 100 Prozent geschlossenen Block gleichkommt. Selbst wenn nach außen zuweilen ein "Fetzenfliegen" zwischen den beiden "Schwestern" vorgegaukelt wird, wie zum Beispiel in der jüngsten Flüchtlingsdebatte, so heben sie im Bundestag ihre Abstimmungsarme dennoch nahezu blindlings im Gleichtakt. Ebenso selbstverständlich nehmen sie alle Vorteile von getrennten Parteien mit, wenn es um die Besetzung von Fraktionsrechten, Posten (zum Beispiel Bundestagspräsident, Minister) oder auch um die Teilnahme an paritätischen Medienauftritten (zum Beispiel Berliner Runde, Talkshows) geht.

Indem CDU und CSU nach außen zeitweise Regierung und Opposition gleichzeitig spielen - und das im wahrsten Sinne des Wortes - erzielen sie hiermit leider in einem politisch immer weniger aufgeklärten und nach Showeffekten urteilenden Wahlvolk maximalen Wahlerfolg. Das sogenannte Schwesternmodell von CDU/CSU ist daher seit Jahrzehnten ein reines Machtkalkül. Würde die CDU in Bayern kandidieren, dann wäre die CSU eine lokale Provinzpartei ähnlich den Freien Wählern. Eine im Gegenzug bundesweite CSU könnte gegebenenfalls sogar die Fünf-Prozent-Hürde für den Bundestag schaffen. Die absolute Mehrheit im "Königreich Bayern" wäre jedoch in jedem Fall dahin. Und bei dieser Vorstellung gibt es für einen echten bayerischen CSU-Politiker nur noch "Feinde".

Da die CDU und damit auch Angela Merkel dieses rein taktische, unwürdige bis hin zu undemokratische Machtspiel mitspielen, kann ich auch bei wohlwollender Anerkennung für Merkel, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik, keine Legitimation für eine ethisch-moralische Führungspersönlichkeit erkennen. Bei näherem Hinsehen ist daher eine Haltung "für CDU"/"gegen CSU" kein Dilemma, sondern reine Augenauswischerei und Effekthascherei. Josef Rödl, Dingolfing

Dann eben wechseln

In seinem Artikel "das Kreuz mit der CSU" greift Hans Holzhaider ein Problem auf, das in der Tat seit dem Schwesternstreit zwischen CSU und CDU viel diskutiert wird - die Möglichkeit, auch in Bayern die CDU wählen zu können. Wahlen müssen in Deutschland allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein. Ist die Gleichwertigkeit der Stimme aber wirklich gewährt, wenn eine Partei nur in einem Bundesland gewählt werden kann? Salomonisch wäre es hier, dem Wähler in jedem Bundesland die Möglichkeit zu geben, mit seiner Zweitstimme auf alle für den Bundestag kandidierenden Parteien zurückzugreifen, während er mit der Erststimme nur für Kandidaten, die in seinem Wahlkreis gelistet sind, stimmen darf.

Bis hier eine Lösung gefunden ist, bleibt denen, welchen der hemdsärmelige und teilweise rüde Politikstil des bayerischen Ministerpräsidenten im vergangenen Jahr aufgestoßen ist, nur, sich im übrigen Spektrum der Parteien umzusehen. Das hilft der Bundeskanzlerin womöglich mehr, als die Unterstützung der Fundamentalopposition aus den eigenen Reihen.

Immer noch sitzen die Nachwirkungen des Zwistes unter den Schwesterparteien tief und der zwischenzeitlich hergestellte Frieden ist trügerisch.

Markus von Armansperg, München

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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