Terror:Gegensteuern - nur wie?

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Was kann man tun, um Terroranschläge wie in Manchester zu verhindern? Ein Leser fordert vor allem für Deutschland größere Integrationsbemühungen, vor allem mehr Bildung. Ein zweiter klagt die muslimischen Gemeinschaften an.

Polizeiabsperrung in einem Viertel der englischen Stadt Manchester, wo es nach dem Anschlag Hausdurchsuchungen und Festnahmen gab. (Foto: John Super/AFP)

"Islamistischer Terroranschlag in Manchester", "Abstoßend und abscheulich", "Logik der Nihilisten" vom 24./25. Mai sowie weitere Berichte zum Thema:

Integration durch Bildung

Nach jedem islamistischen Attentat wird nahezu gebetsmühlenartig wiederholt, dass wir des Terrors wegen unsere Art zu leben nicht ändern dürfen. Den Angehörigen der Opfer dürften diese Parolen wenig Trost spenden. Denn sie wirken wie das berühmte "Pfeifen im Walde" und bestärken in einem das ungute Gefühl, dass die Staaten Europas nicht mehr Herr der Lage sind.

Ein Gefühl der Verwundbarkeit macht sich breit. Natürlich muss verhindert werden, dass die Angst unseren Lebensalltag bestimmt. Aber es sollten auch keine falschen Illusionen genährt werden, dass der Terror besiegt werden könnte, wenn wir nur so weiterleben wie bisher.

Der islamistische Terror wird uns noch eine lange Wegstrecke begleiten und uns nach jedem Anschlag unmissverständlich vor Augen führen, dass wir uns nicht ausreichend vor ihm schützen können. Zudem ist es keineswegs ausgemacht, dass unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft diesen Kampf am Ende gewinnen wird. Nicht nur in England, Frankreich oder Belgien, auch in Deutschland haben sich vor allen Dingen in einigen Großstädten muslimische Parallelgesellschaften herausgebildet, die von den Regierungen über viele Jahre weitgehend geduldet wurden. Diese Menschen sprechen kaum Deutsch. Kontakt mit Einheimischen findet so gut wie nicht statt und ist auch nicht gewollt. Bei vielen Kindern reichen die Deutschkenntnisse für den Schulunterricht nicht aus, weil zu Hause nur in der Heimatsprache gesprochen wird.

Dabei sind es gerade die Kinder und Jugendlichen, die die Integration schaffen müssen. Es wäre daher wichtig, mehr Lehrer zu beschäftigen, um im Rahmen einer Ganztagsbetreuung eine individuelle Förderung zu ermöglichen. Die Regierungen können noch so viel Geld in die Bekämpfung des gewaltsamen Extremismus stecken. Es wird nichts bringen, solange Ideologisierung und Missionierung insbesondere von jungen Muslimen durch Hassprediger hingenommen werden. Diejenigen, die sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen, sind nur am Endpunkt eines Radikalisierungsprozesses angelangt.

Man muss jedoch auch sehen, was vorher passiert ist. Aber dazu scheinen die Gesellschaften Europas immer noch nicht bereit zu sein. Denn das würde ernste Fragen aufwerfen nach der Art von Integration, beziehungsweise dem Mangel davon. Das deutsche Bildungssystem benachteiligt nicht nur einheimische Kinder aus bildungsfernen Schichten, sondern stößt bei Kindern mit Migrationshintergrund weitgehend an seine Grenzen. Integration kann jedoch nur gelingen, wenn insbesondere die jungen Menschen die Möglichkeit einer qualifizierten Berufsausbildung besitzen. Wenn der Terrorismus erfolgreich bekämpft werden soll, müssen die Wurzeln des Problems angegangen werden. Denn der Terrorismus kommt häufig nicht von außen, sondern von innen. Alfred Kastner, Weiden

Gegen die Mitwisser und Anstifter

Selbst wenn ich wüsste, dass mein bester Freund oder mein Bruder durch ein Attentat viele Menschen ermorden wollte, würde ich ihn bei der Polizei anzeigen, um dies zu verhindern. Es ist eine Verhöhnung der Opfer und eine Vertuschung der Tatsachen, wenn bei diesen abscheulichen Mordattentaten jedes Mal von "Einzeltäter" gesprochen wird. Solche Terroranschläge erfordern umfangreiche logistische und infrastrukturelle Vorbereitungen (Beschaffung von verschiedenstem Material, das sofort auf eine kriminelle Tat schließen lässt, Weitergabe von Fach- oder Insiderwissen, etc.). Von daher ist davon auszugehen, dass diese sorgfältig vorbereiteten Mordanschläge immer mehrere, wenn nicht gar Dutzende Helfershelfer oder Mitwisser haben. Fast alle die schweren Terroranschläge mit islamistischen Tätern in Frankreich, Belgien, Spanien, Großbritannien und Deutschland nahmen ihren Ursprung im Dunstkreis von Moscheen. Auch der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, besuchte in der Hauptstadt diese Einrichtungen. Festzustellen bleibt, dass solche abscheulichen Taten aus diesem Kreis nie vorher zur Anzeige gebracht und somit verhindert werden. Wenn ich einer Glaubensgemeinschaft angehörte, in deren Namen immer wieder schwerste abscheuliche Mordtaten (auf Ungläubige) begangen werden, würde ich aus dieser Religionsgemeinschaft austreten. Dr. Roland Berens, Verl

Falsche Art von Freiheit

Wir werden den Terrorismus nur besiegen können, wenn wir die Ursachen beseitigen. Dazu fällt mir ein: "Der Westen gerät in Gefahr, weil eine falsche Idee der Freiheit die Alltagsvernunft zerstört" (Professor Udo Di Fabio in seinem Buch "Die Kultur der Freiheit"). Bei der Suche nach Ursachen für den Terrorismus muss ich natürlich überall suchen, auch bei den globalen Folgen meines Verhaltens oder Lebensstils. Volker Freiesleben, Köln

England - eigentlich beispielhaft

Es mutet etwas fragwürdig an, den Anschlag in Manchester auf einen Mangel an Integration einer "Schicht" zurückzuführen. Auch ein sehr kurzer Besuch in Großbritannien wird einem sehr eindrücklich zeigen, wie gelungene Integration aussieht: eine mehrheitlich englischsprachige muslimische Gemeinde, vorbildliche islamische Schulen, die britischen Lehrplan und islamische Theologie vereinen, ein pakistanischstämmiger Hauptstadtbürgermeister und vor allem eine überwältigende Mehrheit der Muslime, die sich vorbehaltlos mit dem United Kingdom identifiziert.

Es ist sehr betrüblich, wie weit Deutschland davon entfernt ist, und es ist absurd, Großbritannien in diesem Zusammenhang ein Integrationsproblem zu unterstellen. Die viel plausiblere Ursache für diesen Anschlag ist tatsächlich der Vormarsch einer Ideologie, die Stefan Kornelius in "Logik der Nihilisten" zu Recht als nihilistisch bezeichnet. Die muslimische Community hat sich immer sehr eloquent dagegen verteidigt, und letzten Endes haben hierunter alle Briten, Muslime und Nicht-Muslime gleichermaßen gelitten. Dr. David Capelle, Kuala Lumpur/Malaysia

Unerreichbar

Die entscheidende Frage ist nicht, ob es künftig Scharfschützen bei Popkonzerten geben soll, sondern was in einer Gesellschaft falsch läuft, wenn ein junger Mann, der in diesem Land aufgewachsen und geprägt worden ist, der vermutlich in den Kindergarten und sicher in die Schule gegangen ist, von den Haltungen der Mehrheitsgesellschaft so überhaupt nicht erreicht worden ist. Monika Heilmeier-Schmittner, Kirchberg

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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