Naher Osten? Das löst Assoziationen zu Krisen und Kriegen aus. "Ist das nicht gefährlich?", wird Paul-Anton Krüger daher von Freunden und Angehörigen immer wieder gefragt, seit er in Kairo als SZ-Korrespondent arbeitet. Er erklärt das so:
"Oft gerät angesichts der unfassbaren Taten der Dschihadisten des sogenannten Islamischen Staates aus dem Blick, dass Millionen Menschen unter seiner Herrschaft leben müssen, die sich das nicht ausgesucht haben. Ihr Leiden, ihre Schicksale kann man nicht aus Satellitenbildern oder Generalstabskarten lesen. Was ihnen widerfährt, kann man nur ermessen, wenn man sie trifft.
In Amiriat al-Fallujah etwa, dem letzten von der irakischen Regierung kontrollierten Ort in der Provinz Anbar. Von dort versuchen die Menschen, in andere Provinzen zu gelangen, wo es zumindest ein bisschen Sicherheit gibt. Meine irakischen Kollegen, Khalid D. Ali und Haidar al-Kata, haben den Besuch vorbereitet. Sie haben Kontakte zu den Sicherheitskräften und Milizen, sie können einschätzen, ob eine Fahrt sicher genug ist. Ohne sie könnte ich dort nicht arbeiten.
Mutige Menschen wie der Arzt Mohammed Jaleel Jarwan, den ich im Krankenhaus von Amiriat al-Fallujah getroffen haben, dagegen können nicht warten, bis es ruhig ist. Sie riskieren jeden Tag ihr Leben, um denen zu helfen, die aus dem Kalifat des Terrors entkommen sind. Flüchtlinge rufen uns zu, dass wir der Welt berichten sollen, was mit ihnen geschieht. Das musste ich ihnen versprechen. Sie hoffen auf Hilfe. Doktor Mohammed hat mich gebeten wiederzukommen. Vielleicht gelingt es, bis dahin ein Gerät aufzutreiben, mit dem sein Krankenhaus Sauerstoffflaschen wieder befüllen kann. Das bräuchte er am nötigsten, hat er zum Abschied gesagt."