Erst kürzlich starben Helmut Dietl und Günter Grass: Wie alle anderen prominenten Toten wurden sie in Nachrufen gewürdigt, sei es mit Pathos, sei es mit Zärtlichkeit. Aber wie macht man das, so schnell und doch profund?
Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste: Frühmorgens ist im Netz zu lesen oder beim Zähneputzen ist im Radio zu hören: Soundso ist verstorben. Die zuständigen Journalisten sind dann gut dran, weil sie keine Zeit zum Trauern haben, denn nun muss der Nachruf geschrieben werden. Und so wenig man gleichzeitig kauen und reden kann, so wenig kann man gleichzeitig trauern und schreiben.
Doch was ist, wenn die Todesnachricht erst kurz vor Andruck bekannt wird? Dann bleibt zum Schreiben keine Zeit. Deshalb bevorzugen Redaktionen die zweite Möglichkeit. Das ist der "Nachruf auf Vorrat". Im englischsprachigen Raum gibt es Experten, die darauf spezialisiert sind. Hierzulande ist es üblich, dass ein Autor die Leute kennt, die er verbal beerdigt, bevor ihre Zeit gekommen ist.
Bei manchen Zeitgenossen ist die Aufgabe leicht. Man kann Nachrufe schreiben, ohne dass es pressiert; es kann sogar Spaß machen, die Taten (oder Untaten) eines Menschen zu würdigen. Mitunter fällt das Schreiben eines Nachrufs auf Vorrat aber schwer, dies etwa dann, wenn es nicht einzusehen ist, warum jemand bald sterben solle, nur weil er sehr alt ist. So erging es mir mit dem Historiker Eric Hobsbawm. 1998 erhielt ich von der FAZ den Auftrag, einen Nachruf auf den 81-Jährigen zu verfassen. Ich ging dann zur SZ, aber weil ich Hobsbawm verehrte, nahm ich, so wie man eine Aktenmappe mitnimmt, diesen Auftrag mit. Viele Jahre später habe ich den Nachruf auf Vorrat dann verfasst - nun für die SZ und immer noch rechtzeitig: Hobsbawm starb 2012.