Steuern und Abgaben:Was hat der Bürger davon?

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Laut einer neuen OECD-Studie ist die Abgabenlast in Deutschland unverhältnismäßig hoch. Leser meinen, das wisse man schon längst, nur werde leider nichts dagegen getan. Und: Wer Steuern zahle, wolle auch davon profitieren.

"Die ewige Last" vom 13./14. April und "Hohe Abgaben belasten Arbeitnehmer" vom 12. April:

Die Gegenleistung muss stimmen

Eine hohe Belastung mit Steuern und Abgaben ist zunächst nichts Böses - wenn die Gegenleistung stimmt. Seit drei Legislaturperioden regiert die CDU/CSU zweimal mit der SPD und einmal mit der FDP. Die Frage ist, haben die drei Parteien mit dem vorhandenen hohen Potenzial der Finanzeinnahmen die Grundlagen für einen modernen und robusten Staat gelegt?

Gibt es ein in die Zukunft gerichtetes Konzept für eine Steuerreform (ein seit Jahrzehnten diskutiertes Projekt), die Menschen, Technologien, Infrastrukturen, Bildung, Arbeit, Mittelschicht, Leistungsträger etc. mit konkreten Maßnahmen fördert - oder wird nur eine schwarze Null verwaltet? Ist der für dieses Ziel durchgeführte Abbau von Planungskompetenzen für Infrastruktur, von Lehrern, Polizei etc. eine Finanzstrategie für einen modernen Staat? Die spontane Senkung der Steuern, weil es halt die Situation erlaubt, nennt man Steuerreform. Nichts davon ist Bestandteil eines durchdachten Konzepts.

Und gibt es eine in die Zukunft gerichtete Rentenreform? Wir haben ein sogenanntes Drei-Säulenmodell: die gesetzliche Rente, die Betriebsrente und die private Vorsorge. Säulen zwei und drei werden über eine gewinnorientierte Privatwirtschaft abgewickelt, besitzen eine eigene kostenerzeugende Rentenkapitalverwaltung und unterliegen, wenn sie ausgezahlt werden, den doppelten Sozialkosten, denn es müssen sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet werden. Gerechtigkeit? Es gibt eindeutig bessere Lösungen, man muss nur nach Österreich schauen. Dr. Lothar Sowa, Rohrenfels

Wieso diese Schieflage?

Leider wird seit Jahrzehnten Sozialpolitik zu Lasten der Beitragszahler zur Sozialversicherung betrieben, wo es sich eigentlich um gesamtwirtschaftliche Aufgaben - wie die sicher nicht unberechtigte Förderung wirtschaftlich schwacher Existenzen handelt. Meines Erachtens müssten solche Aufgaben auch gesamtwirtschaftlich gelöst werden; das derzeitige Verfahren - die Last einseitig einem Ausschnitt der Bevölkerung aufzubürden - ist selbst ungerecht. Sofern die öffentlichen Haushalte nicht ausreichen, ist nach einem Verfahren zu suchen, das alle Einkommen nach Leistungsfähigkeit einbezieht.

Nebenbei muss man sich fragen, wie es eigentlich zu der Schieflage bei einigen Bevölkerungsgruppen kommen konnte, etwa den alleinerziehenden Frauen; das heißt, der Ansatz sollte auch die Ursachenseite einbeziehen. Kurt Senff, Karben

Korrigieren, noch vor der Wahl!

Vielen Dank, dass Sie an prominenter Stelle über die OECD-Studie berichten. Sie berichten auch, welche Pläne die Parteien angeblich gegen die hohe Abgabenlast schmieden. Alles Wahlkampf! Diese Pläne dürften doch am Wahlabend schon vergessen sein. Viele Arbeitnehmer haben das schon lange gespürt, die überhohe Abgabenlast, und wahrgenommen, dass da was gegen sie läuft und zum Beispiel wenig übrig bleibt, um, wie von der Politik gefordert, für das Alter vorzusorgen.

Ausgangspunkt für die Abgabenschieflage ist sicherlich Kanzler Gerhard Schröders Senkung des Spitzensteuersatzes um mehr als ein Fünftel von 53 auf 42 Prozent im Jahre 2005. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass in Deutschland Einkommen aus Arbeit höher besteuert wird als Einkommen aus Finanzvermögen. Was für ein Zynismus! Seit mehr als zehn Jahren ignoriert die Politik die hohe Abgabenlast für untere und mittlere Einkommen und hält an der Umverteilung von unten nach oben fest. Das ist das Fundament, der Boden, aus dem die vielen Unzufriedenen hervorgehen, die in Pegida, AfD und ähnlichen Aktivitäten ihren Ausdruck finden.

Eine Beseitigung der Fehler erst nach der Bundestagswahl kommt zu spät. Noch vor der Wahl ist eine grundlegende und nachhaltige Korrektur erforderlich, durchaus auch mit steuerlicher Rückwirkung für die letzten Jahre. Nur so würden die Politiker wieder Vertrauen zurückgewinnen. Heinrich Franz, Konstanz

Verschwendung bestrafen

Wir leben in einem Staat, der viele Vorteile für uns Bürger vorhält. Das muss auch finanziert werden. Und das ist des Bürgers Pflicht, der Elternzeit, das Krankenhaus in der Nähe, eine gut ausgebaute Infrastruktur nutzen will. Des Staates Pflicht ist es, mit den Steuern ordentlich und pfleglich umzugehen. Hier denke ich an Geld, das von staatlichen Entscheidungsträgern verschwendet wird, ohne dass diese dafür geradestehen müssen. Der neue Berliner Flughafen BER ist ebenso ein Beispiel wie die vielen anderen Fälle, die jüngst im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler zu finden waren. Solange Staatsdiener nicht für eklatante Fehlentscheidungen haften müssen, so lange wird der Steuerzahler ein größeres Problem darin sehen, sich mit Steuern bis zu mehr als 40 Prozent seines Verdienstes am Gemeinwohl zu beteiligen. Werner Schiller, Oberschleißheim

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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