Rente:Jeder für jeden

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Der Kompromiss in der Rentenpolitik ist nicht zufriedenstellend, solange nicht alle Älteren in vergleichbarer Situation gleich behandelt werden. Lernen könnte man zum Beispiel von den Rentenmodellen in der Schweiz und in Schweden.

"Bloßes Wunschdenken" vom 3./4. Februar und "Rente - Unfair mit Ansage" vom 29. Januar:

Heilige Kuh

Und wieder befassen sich Politik und Medien nur mit der finanziellen Belastung der öffentlichen Kassen durch die Renten und nicht mit der, die bereits jetzt kommunale Haushalte sprengt: mit der immensen Belastung der Steuerkasse durch die ausufernden Beamten-Pensionen. Dass dadurch nachfolgenden Generationen von Steuerzahlern (die ja für die Beamten-Pensionen aufzukommen haben) ein Maß an Verschuldung aufgebürdet wird, das in keinem Verhältnis zur proportional geringen Zahl der Beamten-Nutznießer steht, ist nach meinem Verständnis eine billigend in Kauf genommene Verantwortungslosigkeit, die den neuerdings viel beschworenen Zusammenhalt der Gesellschaft zukünftig mindestens genauso belasten kann wie die Integration der Flüchtlinge. Es ist so viel leichter, die Gemüter der Bevölkerung mit dem Thema "Flüchtlinge" aufzuheizen und abzulenken, als diese gefräßige "Heilige Kuh" zu schlachten!

Beate Reissberg, Lauben

Endlich dazulernen

Man bräuchte gar nicht "innovativ" sein, denn die Rentenmodelle der Schweiz = Volksrente und Schweden = Volkspension sind immer noch die beste Lösung und damit unserem Rentensystem überlegen. Allerdings muss dazu auch jeder einzahlen, und jeder bekommt etwas heraus. Wir müssen halt nur endlich mal lernen.

Steffen Wurzler, Unterhaching

Betrug am System

Natürlich ist der "Eckrentner" ein statistisches Phantom, welches der realen Entwicklung am Arbeitsmarkt und der Gesellschaft kaum noch entspricht, aber das haben Statistiken oft an sich. Dennoch ist der Kompromiss in der Rentenpolitik nicht so verantwortungslos, wie ihn Henrike Roßbach in "Bloßes Wunschdenken" darzustellen versucht. Diese "doppelte Haltelinie" ist der Versuch, Kosten und Anspruch einigermaßen ins Lot zu bringen. Der Generationenvertrag gehört gewissermaßen zur DNA unserer sozialen Marktwirtschaft: Wir Alten übergeben euch Jungen ein relativ funktionierendes Allgemeinwesen, und ihr sorgt für uns so, dass wir in Würde altern können. Gefährlich wird's, wenn man diesen Vertrag dadurch infrage stellt, dass man Alt gegen Jung ausspielt. Dann nämlich rutscht ein ganzes Vertrauensgeflecht ins Bodenlose. Das Problem in der Rentenversicherung sind nicht die Rentner, sondern Politiker, die in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in die Rentenkasse greifen und soziale Wohltaten - oft versicherungsfremde Leistungen - anstatt aus Steuermitteln aus den Rentenkassen bezahlen, dort sitzt der gesellschaftliche Betrug. Auch diesmal will man wieder versicherungsfremde Leistungen (Solidarrente, Mütterrente II) nur zum Teil aus Steuermitteln bezahlen, was im Kern ein Betrug am Rentensystem ist. Die jährliche Unterdeckung beträgt jetzt schon etwa zehn Milliarden Euro jährlich, das heißt der Staat greift für versicherungsfremde Leistungsversprechen mehr in den Rententopf, als er ausgleicht. Der Adressat der jugendlichen Kritiker heute sollten also nicht die Rentner sein, sondern die Politik.

Jürgen Reich, Berlin

Reform ja, aber für alle

"Gerecht" ist es, wenn Menschen in vergleichbarer Situation gleich behandelt werden, und zwar alle im selben Zeitraum. Solange aber eine Bevölkerungsgruppe selbst entscheiden darf, wie sie für ihr Alter vorsorgt, dabei die Einzahlungen oft mit Garantieverzinsung und festem Auszahlungszeitpunkt versehen sein können und - zumindest bei alten Kapitallebensversicherungen - steuerfrei (!) ausgezahlt werden, gibt es keine Gerechtigkeit. Dass auch eine zweite Gruppe, Beamte, "anders" behandelt wird und ausgerechnet die einflussreichen Vertretungen überwiegend dieser beiden Gruppen nicht zuletzt in der Politik entscheiden, was der dritten Gruppe zusteht, bzw. der Staat bereit ist, für diese zu zahlen, ist gelinde gesagt eine Frechheit und hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun. In Österreich und in Norwegen gibt es interessante Ansätze. Überlegungen wie Einzahlungen in einen Staatsfonds und definitiv die Beteiligung aller Einkommensbezieher vor Renteneintritt sind bei einer Reform, die "gerecht" sein will, unerlässlich. Außerdem muss klar zwischen Leistungen nach tatsächlichen Einzahlungen und politisch und gesellschaftlich gewünschten Leistungen unterschieden werden. Alles darüber hinaus muss steuerfinanziert werden, man darf nicht nur einen Teil der Bevölkerung für gesellschaftlich gewünschte Leistungen aufkommen lassen. Hätte ich als Angestellter nach meinem Studium frei wählen dürfen und zum Beispiel statt in die gesetzliche Renten-"versicherung" in eine private Kapitallebensversicherung einzahlen dürfen, würden meine Beiträge mit einer Garantieverzinsung von 3,5 Prozent pünktlich an meinem 65. Geburtstag steuerfrei ausgezahlt. In meiner Realität haben überwiegend Mitglieder der Gruppen, die selbst nie etwas zur Sozialversicherung beigetragen haben, entschieden, dass ich weniger zu einem deutlich späteren Zeitpunkt ausgezahlt bekomme und das auch noch versteuern muss.

Ralf A. Assenmacher, Bodenheim

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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