Klimasünder:Man muss nur wollen wollen

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Nein, die Deutschen sind nicht die großen Umweltschützer. Sie halten sich nur dafür. Aber wie kann man das ändern? Leserinnen und Leser der SZ haben ein paar Vorschläge für umweltbewussteres Handeln.

"Die Ökokiste" vom 3./4./5. Juni:

In aller Klarheit

Herzlichen Dank an Detlef Esslinger, dass er ein paar Dinge ausgesprochen hat, die sonst nie in dieser Klarheit dargestellt werden. Wenn Natur- und Klimaschutz weder last noch least sind, weil Politiker sich nur zu Anwälten von Ideen machen, deren Zeit gekommen ist, wie schafft man es dann, dem Zeitgeist ein bisschen Dampf zu machen? Es sieht nicht so aus, als hätten wir so viel Spielraum, darauf zu warten, bis das von selbst passiert. Die Reaktion der Deutschen auf den Veggie-Day-Vorschlag der Grünen war ein guter Indikator dafür. Wie motiviert man eine große Anzahl von Leuten, Verzicht zu üben? Nicht über die Ratio, das dürfte klar sein. Wissenschaftler machen einen guten Job, wenn es darum geht, den Stand der Forschung zum Klimawandel zu präsentieren. Aber die PR für das Thema sollte in die Hände von Leuten gelegt werden, die wissen, wie man Menschen mit Geschichten berührt. Geschichten, die genau auf diejenigen gemünzt sein müssen, auf deren Verhalten als Wähler es ankommt. Geschichten, die zwar vom Verzicht handeln (auf Fleisch, Autos, Flugreisen), die aber auch auf ganz emotionale Weise darlegen, was die Leute Positives dafür bekommen. Der erhobene Zeigefinger wird uns nicht weiterbringen, wer mag sich schon ständig ein schlechtes Gewissen machen lassen? Susanne Petersen, Weinheim

Schizophrenes Verhalten

Eine längst überfällige Betrachtung zum ach so "umweltbewussten", aber in Wahrheit leider völlig schizophrenen Verhalten sehr vieler Deutscher und vor allem auch ihrer Politiker. Da ereifert sich unsere "Klimakanzlerin" über Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, bremst aber gleichzeitig heftig zugunsten der deutschen Automobilindustrie in Brüssel bei der geplanten Verschärfung von Abgasnormen, da wird China plötzlich hochgejubelt, weil es nicht aus dem Abkommen austritt, aber trotzdem mit Abstand der größte Umweltverschmutzer weltweit ist, da wird die Elektromobilität als Zukunftslösung ( natürlich nur beim Auto!) beschworen, zur Bahn aber, die sehr "elektromobil" ist, verliert man kein Wort. Dr. Fritz Anetsberger, Landshut

Es gibt Alternativen

Den deutschen Anspruch auf die Weltmeisterschaft in Sachen Ökologie infrage zu stellen, ebenso wie das Bild von Frau Merkel als Klimakanzlerin, ist in der Tat überfällig. Mir geht es hier nur um die Korrektur eines Details: "...dass Regenwälder im Kongo verwüstet werden, um an das für Smartphones unabdingbare Erz namens Coltan heranzukommen?"Coltan ist Rohstoff für die Herstellung kleiner, kostengünstiger Tantalkondensatoren, die überall in der Elektronik eingesetzt werden. Diese Bauteile können aber ohne Weiteres durch andere Kondensatortypen etwa aus Aluminium ersetzt werden. Das würde die Funktion und den Preis der Geräte nur marginal verändern. Da aber niemand die Hersteller auf nachhaltige Rohstoffbeschaffung verpflichtet, bleibt alles, wie es ist, und wir machen aus der Sache lediglich eine hochmoralische Frage. Der Vordenker der Energiewende, Hermann Scheer, hat oft betont: Die stärkste Affirmation des Bestehenden ist der Glaube, es gäbe keine Alternativen. Wenn wir Entwicklung voranbringen und nicht behindern wollen, sollten wir mit den Begriffen 'unabdingbar' und 'alternativlos' etwas vorsichtiger umgehen. Dipl.-Ing. Johannes Lackmann, Paderborn

Akzeptanz erzeugen

Eine Antwort bleibt der Autor schuldig: wie dem inneren "Schweinehund" beizukommen ist. Um der Erdüberhitzung zu begegnen, hilft wahrscheinlich nur eine Gebühr auf CO₂, entsprechend einer Müllgebühr für die Nutzung der Atmosphäre. Wie er auf zwei Tonnen Ausstoß pro Person kommt, ist mir schleierhaft. Ich kenne durch den Weltklimarat das Kohlenstoffbudget. Das gibt einen Emissionsreduktionspfad vor, der bis Mitte des Jahrhunderts bei null Tonnen endet, um die Zwei-Grad-Celsius-Grenze einzuhalten. Wenn wir die aktuell verschmutzen, bleiben uns mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent noch 18 Jahre, bis wir netto kein Gramm CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Damit der Systemwechsel zum fossilfreien Zeitalter ohne gesellschaftliche Umbrüche gelingt, halte ich den Ansatz für gelungen, die Einnahmen aus der CO₂-Gebühr wieder zu gleich hohen Anteilen pro Kopf als Klimadividende rückzuerstatten, ähnlich wie es in der Schweiz praktiziert wird. So lässt sich mit einem marktbasierten, innovationsoffenen aber systemrelevanten Ansatz gesellschaftliche Akzeptanz erzeugen! Annette Schulze, Weilheim

Drei Finger zeigen zurück

Natürlich ist es leichter und das Gewissen entlastender, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Doch dabei zeigt sich, dass noch drei Finger auf einen selbst gerichtet sind. Die Entrüstung über den dummen Amerikaner in Ehren, aber wo bleiben im Bundeswahlkampf die Überlebensthemen Klimawandel ("Erderhitzung"), Energiewende, Bewahrung der Schöpfung? Sehr erfreut bin ich über die wegweisenden Zitate aus der Papst-Enzyklika "Laudato Si'". Diese könnte/müsste Leitbild für eine notwendige radikale Kurskorrektur hin zu wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit für alle Menschen sein. Noch zu Präsident Trump: Vielleicht zeigt uns einmal die Geschichte, dass seine Präsidentschaft gar ein "Segen" für Europa und den Umweltschutz war. Natürlich nur dann, wenn nach der Phase der Entrüstung ein engeres Zusammenrücken sowie glaubwürdigere Schritte zur Erreichung der Klimaziele folgen würden. Sepp Rottenaicher, Halsbach

Wie durchs Brennglas

Zum Artikel "Aufstand gegen Trump" vom 3./4./5. Juni: Trumps Ausstieg aus dem Klimaabkommen von Paris sieht vordergründig aus wie der konsequent praktizierte American Way of Life, ist aber tatsächlich dessen Pervertierung. Aus Individualismus wird Egoismus, Freiheitsliebe ist nurmehr Liebe der eigenen Freiheit auf Kosten anderer, und das Streben nach Glück und Wohlstand erfolgt expansiv ohne Rücksicht auf begrenzte Ressourcen, Umweltverträglichkeit und Ehrfurcht vor dem Leben. Es ist jedoch leicht, mit dem Finger darauf zu zeigen und sich selbst auf der Seite der Unschuldigen zu wähnen. In Wahrheit hält diese Entscheidung das Brennglas über unser aller Lebensstil. Trumps Führung gleicht einer Karikatur dieses überkommenen Weges und als solche mag sie sogar den Nutzen haben, klar die Grenzen eines bedenkenlosen Umgangs mit der Natur aufzuzeigen. Weder Mond noch Mars werden die Menschheit retten. Unsere Aufgabe ist es, mit dem zurechtzukommen, was wir auf der Erde vorfinden und den Schatz zu hüten. Das geht nur gemeinsam, nicht mit "America first" oder anders gearteter Selbstbezogenheit, und es funktioniert einzig in Kenntnis der Zusammenhänge und im Bewusstsein um die Verantwortung für das große Ganze! Markus von Armansperg, München

Logische Konsequenz

Donald Trump hat sozusagen den Klimawandel per Dekret beendet; genau das hatte er seinen Wählern versprochen. Das nennt man Konsequenz. Die Folgen des Klimawandels werden erst seine und unsere Enkel treffen; die haben ihn aber nicht gewählt. Allerdings bindet das Pariser Abkommen die Unterzeichner bis Ende 2020, also bis zum Ende von Trumps Amtszeit. Wollte er die Auswirkungen eines Ausstiegs aus dem Klimaschutz - im Guten wie im Bösen - noch als Präsident erleben, müsste er den Vertrag brechen. Staaten, die internationale Abkommen verletzen, wie Iran, Russland oder Nordkorea, werden üblicherweise vom Rest der Welt mit Sanktionen belegt. China, Indien und die EU verhängen Sanktionen gegen die USA? Das wäre konsequent. Raimund Poppinga, Hannover

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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