Flüchtlinge:Haben wir keine anderen Probleme?

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Der Streit zwischen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) regt viele Leserinnen und Leser auf. Einer kritisiert die CSU wegen ihres Kotaus vor der AfD. Aber es gibt auch Befürworter der CSU-Linie.

Innenminister Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel vergangene Woche in Berlin. (Foto: Carsten Koall/Getty Images)

" Die entzweite Union" vom 16./17. Juni sowie "Machtkampf zwischen Seehofer und Merkel" und " Harakiri" vom 15. Juni:

Jämmerliches Bild

Was leben wir doch in einem glücklichem Land. Marode Schulen, Pflegenotstand, Erziehermangel, wachsende soziale Ungerechtigkeit, Zukunft der Rente, marode Infrastruktur, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Breitbandausbau, Klimawandel, erneuerbare Energie, Mobilität von morgen, Dieselskandal, Digitalisierung der Arbeit, die Bedrohung Europas und unserer Demokratie durch China, Russland und die USA, das alles scheint für unsere Bundesregierung nicht zu existieren. Stattdessen wird um ein paar Tausend Menschen gestritten, die hier Zuflucht und Sicherheit suchen. Dabei geht es nicht mal darum, wie wir diesen Menschen helfen können, sondern nur noch darum, wie wir uns am besten abschotten. Diese Regierung gibt nicht nur ein jämmerliches Bild ab, sondern verspielt die Zukunft Deutschlands und Europas .

Robert Bijelic, Mainz

Kotau vor der AfD

Auf dem Rücken von Menschen auf der Flucht macht die CSU Wahlkampf. Sie präsentiert sich als Hardliner in Sachen Einwanderung. Nicht auszuschließen, dass sogar die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU bis zum Wahltag im Oktober aufgekündigt wird - natürlich nur vorübergehend. Nach der (dann hoffentlich erfolgreichen) Bayernwahl kommt die große Versöhnung. Ist dies das Playbook, um eine "Partei rechts von der CSU" (Strauß) möglichst klein zu halten, und der letzte Versuch, die absolute Mehrheit zu verteidigen? Denkbar ist es, nach Kreuzeserlass und Polizeiaufgabengesetz. Ein großes Schauspiel wäre es. Und ein fürchterlich peinlicher Kotau vor der AfD, für eine Volkspartei unwürdig und für den Wähler ermüdend.

Peter Lysy, Dachau

Nicht wieder umfallen

Andere Staatsmänner (Kanada, Australien) haben Kanzlerin Angela Merkel für verrückt erklärt, weil sie unkontrolliert Migranten nach Deutschland einreisen ließ. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Man kann nur hoffen, dass Horst Seehofer nicht wieder umfällt, Die meisten Deutschen hat er hinter sich.

Armin Weis, Germering

Wo bleibt die Besonnenheit?

Die Seehofer-/Söder'sche "Ich-oder-sie"-Kampfhaltung im niedrigstufigen Überlebensmodus steht in realitätsfernem Gegensatz zur geübten Lebenspraxis der allermeisten Menschen in diesem Land und anderswo. Geleitet von Besonnenheit und Gemeinsinn heißt es da nämlich tagtäglich: "Nimm dich nicht so wichtig!", "Immer an die Folgen denken ...", "Vertragt euch!" Oder was bringen Sie Ihren Kindern bei? Liebe Frau Seehofer, liebe Frau Söder - wie halten Sie das aus? Ich fordere daher alle Ehefrauen, Mütter, Töchter, Freundinnen und Geliebten auf, den ihnen anvertrauten Männern - soweit ähnlich strukturiert wie oben - am Abendbrottisch eine am Empfängerhorizont orientierte, beinharte Nachschulung zu erteilen!

Andrea Isphording, Hamburg

Es war einmal

Das waren noch Zeiten, als wir auch in Bayern eine bürgerlich-konservative Partei wählen konnten, die Europas Zukunft mitgestalten wollte und dabei mit beiden Beinen fest auf dem Konsensboden des Grundgesetzes stand.

Josef Schmid, Würzburg

Am bayerischen Wesen ...

Schreit denn da niemand Stopp!? Greift hier niemand ein und verbittet sich solch einen Politikstil? Was passiert hier vor unseren Augen - mit freundlicher Duldung der breiten Öffentlichkeit und auch einiger Medien? Es geht nicht um das Problem, das diskutiert wird, es geht um den Stil, die Art und Weise, wie jemand seinen Willen aus persönlichen Animositäten und aus Wahlkampfgründen heraus durchsetzen will. Warum lassen wir so ein Reden und Handeln zu? "Frau Merkel muss weg!" Das dürfen kleine, armselige Geister aus verschiedenen Parteien rufen, die endlich auch einmal groß sein wollen, es aber niemals sein werden. Was diese Brutus-Schar verbindet, ist kein wirklicher Plan, es ist nur der unbedingte Wille, das Ansehen einer Person nachhaltig zu zerstören und sie aus dem Amt zu entfernen.

Und da helfen viele mit, allen voran ein Politiker, der jetzt endlich einmal Deutschland und der Welt zeigen muss, wie man richtig regiert. Am bayerischen Wesen ... Er hat sich in senilem Trotz inzwischen festgebissen, die Kiefer lösen sich schon gar nicht mehr, er ist nicht mehr empfänglich für Mindest-Anstand und Rationalität, lässt nicht mehr los, koste es, was es wolle. Und dahinter die Schar der ganz Getreuen, die im irrwitzigen Glauben, dass sie dann einen Vorteil daraus ziehen würden, wie Marionetten dieselben Schlagwörter wiederholen. Wollen wir tatsächlich diesen Politikstil jetzt auch bei uns in Deutschland? In Europa, in den USA, in Russland, der Türkei und anderswo haben wir gesehen, wie sich eine Gesellschaft wandelt, wenn solche Politiker dem Land vorstehen. Es muss ganz, ganz schnell ein gewaltiger Ruck durch Deutschland gehen, ein Stoppschild gezeigt werden. Die klare Ansage: Mit uns nicht! Nie mehr!

Jutta Behnke, München

Merkel hat ihr Konto überzogen

Der Asyl-Streit zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel wird unsere Bundeskanzlerin den Job kosten. Sie hat zu lange gewartet und zu wenig getan, um das Problem zu lösen. Der Rückhalt in der Bevölkerung fehlt ihr schon lange, und auch in den eigenen Reihen hat sie das Vertrauen vieler CDU-Mitglieder verloren. Eine EU-Lösung hat uns bisher sehr selten weitergeholfen und würde das Problem nochmals über Jahre hinausschieben. Diese Zeit hat keiner mehr. Ich bin froh, dass wir Politiker wie Horst Seehofer und Markus Söder haben, die endlich mal sagen, was Sache ist, und Nägel mit Köpfen machen. Im Prinzip macht die CSU nichts anderes, als schon geltendes Recht (Dublin II) umzusetzen.

Auch wenn Horst Seehofer nach Umsetzung seines Plans von Merkel entlassen wird, ist sie selbst auch am Ende, und das ist gut so. Sie hat ihr Guthabenkonto schon lange überzogen. Durch Neuwahlen werden natürlich noch weitere etablierte Parteien (SPD) zum Verlierer werden und andere (AfD) dazugewinnen. Vielleicht tritt die CSU dann auch mal bundesweit als Partei an.

Fritz Kreuzer, Weissenstadt

Die Trennung wäre auszuhalten

Es ist wie bei alten Ehepaaren - man lebt nur noch aus Pflichtgefühl zusammen. Keiner hat Schuld, aber auch keiner traut sich, den ersten Schritt zu machen. Aber für die Umgebung ist die Situation belastend. Gehe endlich jeder seine eigenen Wege, ihr beiden C-Parteien - die Welt ist eh immer im Wandel, eine Trennung werden wir auch noch aushalten. So wäre der Weg frei für Neues - die CDU könnte in Bayern gewählt werden, die CSU kann eine regionale Partei bleiben oder für Gesamtdeutschland Verantwortung übernehmen. Und zukünftige Regierungen und wir Wähler müssten nicht mehr den andauernden Streit von Schwestern aushalten.

Tilmann Frage, Baldham

Halten Sie durch!

Markus Söder mag recht haben, wenn er auf die zunehmende Abneigung gegen Migranten und Asylsuchende hinweist. Er vergisst dabei nur zu erwähnen, dass er selbst sich mit den Hetzern gemein macht und die Stimmung anheizt. Wo leben wir, wenn Ministerpräsidenten es sich erlauben können, öffentlich zum Bruch von EU-Recht aufzurufen? Halten Sie durch, Frau Bundeskanzlerin Merkel!

Dr. Manfred Weil, Neunkirchen

Achse der Böswilligen

Nun haben wir wohl bald wieder Achsenmächte. Horst Seehofer, Österreichs Kanzler Kurz und Italiens Premier Salvini arbeiten ja kräftig an der "Achse der Böswilligen". Ich werde unseren Herrgott darum bitten, doch ein paar große Kübel heiligen Geist hoffentlich noch rechtzeitig über diese drei abendländischen Christen zu schütten, damit sie etwas von Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit spüren.

Ulrich Lemke, Seefeld-Hechendorf

Zu wenig Rückgrat

Eigentlich hätte die CSU schon zum Ende 2015 die damalige Groko verlassen müssen - wegen der Masseneinwanderung; sie zeigte aber kein Rückgrat. Jetzt droht die Landtagswahl, mit der AfD im Nacken. Nur deswegen wird rebelliert. Bei Horst Seehofers Aussage, "niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen", fühle ich mich stark erinnert an "niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen".

George Morton, Stuttgart

"Kreuth" - die verpasste Chance

Uns Bayern bleibt seit Bestehen der Bundesrepublik das Grundrecht auf gleichberechtigte Teilnahme an Wahlen verwehrt. Ein gemäßigt konservativer Bayer kann zum Beispiel seine Unterstützung einer gemäßigt konservativen Kanzlerin politisch nicht artikulieren, indem er die Partei wählt, der diese vorsteht. Keine Chance! Das kann so nicht bleiben, finde ich. Das Kürzel "Kreuth" sollte endlich als verpasste Chance zur Bereinigung eines verfassungsrechtlichen Webfehlers begriffen werden.

Dr. Rainer Schmidt, Eichstätt

Zerredet

Wie armselig sind wir in Deutschland geworden, dass wir uns die menschelnde Großleistung von 2015 so zerreden lassen.

Hans Raab, Neustadt an der Weinstraße

Hintergangene Wähler

Wer sich über das amerikanische Wahlsystem gewundert hat, wo Hillary Clinton trotz Mehrheit der Stimmen nicht Präsidentin der USA wurde, hat derzeit Grund, auch das bayerische Wahlrecht in Frage zu stellen. Dort konnte, wer Angela Merkel stützen wollte, nur die CSU wählen. Genau diese Partei fällt ihr jetzt in den Rücken. Wahlberechtigte, die in Bayern zwangsweise die CSU gewählt haben, werden sich zu Recht hintergangen fühlen. So funktioniert Demokratie nicht. Die CDU muss in Bayern direkt wählbar sein - Seehofer zeigt, wie dringend notwendig dies ist.

Sonja Ziegowski, Haar

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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