EZB:Richtiger Mann am richtigen Platz

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Ein deutscher Präsident der Europäischen Zentralbank müsste eine Geldpolitik für das Wohl der gesamten Euro-Zone betreiben.

"Deutschland sollte verzichten" vom 28. Februar:

Neue Zusammensetzung

Cerstin Gammelin plädiert für einen Verzicht Deutschlands auf den zu besetzenden EZB-Chefposten, unter anderem weil es keine Mehrheit für die deutsche Position gäbe. Die Mehrheitsverhältnisse in der EZB sind eine Fehlkonstruktion. Kleinststaaten und kleine Staaten haben ebenso eine Stimme wie Deutschland. Ich habe daher im Buch "Reshaping the European Union" vorgeschlagen, die Zusammensetzung der EZB zu ändern. Die Kriterien sollen der im ESM festgelegte Kapitalstock und das Ausmaß der Verschuldung des betreffenden Staates sein. Beim jetzigen Stand hätte Deutschland gerundet 24% Stimmrechte, Frankreich 13%, Spanien 7%, die Niederlande 5,5% und Italien 5%. Malta und Griechenland hätten kein Stimmrecht. Diese neuartige Zusammensetzung würde den wirklichen Kräfteverhältnissen am besten entsprechen und würde einen Anreiz zum Sparen überschuldeter Staaten bilden. Die Deutsche Bundesbank würde ihren durch die Schaffung des Euro ungerechtfertigterweise verlorenen Einfluss zum Teil wieder zurückgewinnen.

Ein deutscher EZB-Präsident müsste eine Geldpolitik für das Wohl der gesamten Euro-Zone betreiben. Auch wäre er auf die Mitwirkung der Delegierten aller anderen Euro-Zonen-Länder angewiesen. Allerdings würde die Euro-Zone zum Teil ihren rein politischen Aspekt einbüßen, der ihr ursprünglich zugedacht war. Deutschland muss keine Angst haben, als "hässlich" dargestellt zu werden, solange Jens Weidmann als EZB-Präsident eine vernünftige Geldpolitik betreibt, woran nicht zu zweifeln ist. Es gibt also keinen Grund, ein kleines Euro-Zonen-Land mit der Leitung der zukünftigen EZB zu beauftragen. Dies wäre überdies ein Affront gegenüber Deutschland, dem wichtigsten Akteur in der Euro-Zone. Ein deutscher Präsident der EZB wäre daher der richtige Mann am richtigen Platz.

Dr. Klaus Weber, Feldafing

Das Falsche im Richtigen

Die Autorin zieht die falschen Schlüsse aus der richtigen Analyse. In der Tat muss der EZB-Präsident beziehungsweise der EZB-Rat die Lage und Aussichten des gesamten Euro-Raumes im Blick haben. Wenn sich nun die vergleichsweise günstige Entwicklung über 2019 hinaus fortsetzen sollte, ist eine schrittweise Straffung der Geldpolitik geboten, ganz gleich wer EZB-Präsident ist und was Finanzminister und Kreditnehmer in einzelnen Ländern davon halten mögen. Die Straffung wäre dann auch verkraftbar. Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass sich die konjunkturelle Schönwetterperiode nicht noch mehrere Jahre fortsetzt. Dann wäre mit Blick auf die Preisstabilität auch mehr Zeit für die Normalisierung der Geldpolitik. Was Jens Weidmann als Präsident überdies leisten kann, ist eine längst überfällige Debatte zu führen, ob "knapp zwei Prozent" Teuerung "Preisstabilität" bedeuten, wie im Vertrag und im Statut der EZB festgelegt. In diesem Jahr wird der Euro 20 Jahre. Bei zwei Prozent Teuerung pro Jahr hätte er ein Drittel (!) seiner Kaufkraft verloren. Das hat mit Preisstabilität nichts zu tun. Das ist Schwundgeld.

Dr. Jürgen Pfister, Warnemünde

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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