E-Mobilität:Mit Intelligenz machbar

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Mit falschen Berechnungen des Energieverbrauchs werde versucht, E-Mobilität in Frage zu stellen, meint ein Leser.

"Gemeinsam fahren lernen" vom 13. November:

Immer wieder wird in den Diskussionen über die E-Mobilität von der Gesamtzahl der heute fahrenden Pkw in Deutschland ausgegangen und eine Hochrechnung für den Energieverbrauch angestellt, wenn alle diese Autos durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Diese Betrachtungsweise ist irreführend und wird dazu benutzt, die E-Mobilität als Ganzes in Frage zu stellen. Die in oben genanntem Leserbrief angenommenen 45 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland mindestens bis ins Jahr 2050 sind vollkommen unrealistisch. Außerdem werden kompensatorische Einspareffekte und heute schon absehbare Weiterentwicklungen im Bereich der Ladetechnik außer Acht gelassen.

Überhaupt erfordert das Thema E-Mobilität eine systemische Betrachtungsweise sowie realistische und methodisch geeignete Modelle zur Bewertung der Ökobilanz alternativer Antriebskonzepte.

Ich gebe nur einige Daten wieder, wie sie in Untersuchungen für den zusätzlichen Energiebedarf bei einem Übergang von Benzin-/Diesel-Fahrzeugen zu Elektrofahrzeugen verwendet werden: Realistische Entwicklung der Zahl der Elektrofahrzeuge in Deutschland: 2020 etwa 500 000 bis eine Million, 2030 etwa 5,7 Millionen und 2050 etwa 25,5 Millionen. Der zusätzliche Energiebedarf, bezogen auf das Jahr 2050, betrüge dann etwa 71,4 Terawattstunden. Nun verbraucht die Erzeugung von Benzin/Diesel ebenfalls elektrische Energie, die bei der Substitution durch Elektrofahrzeuge natürlich gegengerechnet werden muss.

Wesentlich wichtiger ist aber der beim Betrieb von Elektrofahrzeugen entstehende zusätzliche Spitzenbedarf an Stromerzeugungskapazitäten. Hier wird durch neue intelligente Ladestrategien (Smart Charging) eine wesentliche Reduzierung eintreten. Man rechnet im Jahr 2050 mit einer Reduzierung von 21 Gigawatt auf etwa drei Gigawatt. Zum Vergleich: heutige zusätzliche Spitzenbedarfe liegen bei 65 Gigawatt (ohne Elektrofahrzeugaufladung). Daraus lässt sich ableiten, dass die Energiebereitstellung nicht das entscheidende Problem sein wird, insbesondere wenn auch die Umstellung auf regenerative Energien weiter vorangetrieben und die Schnell-Ladeinfrastruktur ausgebaut wird. Tiefgreifender wird die notwendige Strukturveränderung in der Automobilindustrie sein. Aber das ist sowieso ein Thema der künftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Dr. Michael Niemeyer, München

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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