E-Mobil:Ideen sind da, aber es geht nichts voran

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Die Elektromobilität ist für Leser ein wichtiges Thema - das zeigt sich an den zahlreichen Leserbriefen, die immer wieder zu Artikeln darüber eingehen. Hier beschwert sich zum Beispiel ein Leser über das zu geringe Angebot an Elektroautos.

(Foto: dpa)

"Merkels Bumerang" vom 24./25. Mai und "Kurzschluss" vom 17. Mai:

Brennstoffzelle fördern

Kurzschluss? Ja, bei unseren ach so fachkundigen Politikern und den weit überbezahlten Managern der deutschen Automobilhersteller! Sie alle erklären uns, dass die E-Mobilität eine "saubere, emissionsfreie" Fortbewegung ermöglicht. Dass das nicht stimmt, weiß jeder halbwegs intelligente und interessierte Bürger. Nimmt man die einzig relevante Öko-Kennzahl eines Autos, nämlich die Emissionen, die von der Herstellung über die Lebensdauer bis zur Entsorgung berechnet werden, dann ist diese für E-Autos katastrophal schlecht. Die Erzeugung und Entsorgung der Batterien sind energieintensiv, den Strom erzeugen in Deutschland die als Dreckschleudern bekannten Braunkohlekraftwerke. Warum unsere Bundeskanzlerin als Physikerin die sauberste Lösung, nämlich die Brennstoffzelle, nicht fördert, bleibt ihr Geheimnis - und das der Auto-Lobbyisten. Unsere Enkel werden für unsere Untätigkeit und die Ignoranz unserer Politiker büßen. Gernot Reisinger, München

Familienauto dringend gesucht

Ich wundere mich über die Ignoranz aller Pkw-Hersteller! Es gibt weder preislich konkurrenzfähige Zweitwagen noch geeignete Familienautos mit E-Antrieb. Seit einigen Wochen suchen wir nach einem ökologischer zu betreibenden Hybrid-Plug-In-Familien-Pkw mit bis zu sieben Sitzplätzen (5 + 2 ausklappbare) und angemessenem Stauraum: Die meiste Zeit des Jahres würden wir gerne rein elektrisch zur Arbeit, zum Einkaufen oder für die kinderbezogenen Strecken in der Stadt fahren, aufgeladen in der Garage mit Ökostrom. 150 Kilometer (oder notfalls auch nur 50) Reichweite und eine angemessene Höchstgeschwindigkeit würden ausreichen. Für die Mitnahme von Freunden braucht man gelegentlich sechs bis sieben Sitze, und Kinderwagen und/oder Hund sollten auch noch in den Kofferraum passen. Und für die Urlaubswochen und Verwandtenbesuche sollte derselbe Pkw mit Diesel oder auch Benzin, natürlich in Euro-6-Norm, lange Strecken mit 120 bis 150 Kilometer pro Stunde schaffen. Dazu brauche ich keine 300 PS, aber zwei Antriebssysteme.

Doch leider gibt es genau ein solches Auto auf dem gesamten Markt nicht - sieht man einmal von einem einzigen Fahrzeug zu einem Preis von 70 000 bis 90 000 Euro ab. Warum schafft es die gesamte Autoindustrie der Welt nicht, ein derartiges Fahrzeug zu konstruieren und zu einem für Mittelschichtfamilien bezahlbaren Preis anzubieten? Die weniger gute Alternative wäre ein Langstrecken-Familien-Diesel und ein zumindest Viersitzer+Kinderwagenplatz-Elektro-Zweitwagen, der dann aber deutlich unter 20 000 Euro kosten müsste. Auch dies gibt es nicht.

Die Ladestationendichte ist also nur ein Problem; nicht vorhandene Pkw-Varianten halten ebenso vom Durchsetzen des Elektroantriebs ab. Schade, denn somit müssen wir uns wieder einen "normalen" Diesel- oder Benziner-Van kaufen. Prof. Torsten Kirstges, Wilhelmshaven

So bleibt es eng und hässlich

Wie enttäuschend! Niemand interessiert sich für Elektroautos trotz Kaufprämie. Als neue Ursache wird die "Reichweitenangst" und damit der Mangel an Elektroladestationen ausgemacht. Jetzt soll ein engeres Ladestationennetz durch den Steuerzahler für die Automobilindustrie finanziert werden. Aber welchen Nutzen hätte denn der Steuerzahler von einer 100-prozentigen Umstellung auf E-Autos? Ich sehe nur drei Vorteile: keine von Autos direkt produzierten Abgase mehr; leisere Autos und damit leiserer Verkehr; zufriedene Autobauer und Zulieferer.

Ich sehe aber auch dadurch unveränderte Probleme und Nachteile: ein Haufen nutzloser alter Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren; die bleibende enorme Platznot in Städten für Park-/Stellfläche; lange Warte- und Parkzeiten für Fahrzeuge an Elektro-Tank-Plätzen; die Abgase (Stickoxide, Feinstaub, CO₂ etc.) zur Stromgewinnung an anderer Stelle (oder können die zusätzlich benötigten gewaltigen Strommengen alle sauber produziert werden?); die Enge auf den Straßen durch die gleichbleibende (oder zunehmende?) Anzahl an Autos; die Gefahr für alle schwächeren Verkehrsteilnehmer innerhalb unserer Städte; die Staus, die bleiben werden; der Widerwille, diese Automassen in und durch unsere Städte fahren zu lassen; Menschenströme, die in die Städte ein- und auspendeln, weil die Städte und die alternde Gesellschaft genau diese niedrigen Einkommensgruppen - für Service, Säubern, Sorgen - (die dann weit außerhalb der Städte wohnen) genauso benötigt wie die höheren Einkommensgruppen.

Die Politik klebt am bisherigen Gesamtziel "Auto(!)mobiliät für alle". Aber es gelingt immer weniger, dem fortschreitenden Dauerinfarkt durch immense und dabei ziemlich nutzlose Investitionen davonzurennen. Neues Gesamtziel kann nur sein, Menschen(!)ströme klug zu lenken. Hier muss investiert werden und hier ergeben sich auch neue Geschäftsfelder.

Mehr Menschen pro Fahrzeug ist die sehr einfache Zauberformel. Sonst ändert sich an der Mehrzahl der Belastungen und Probleme, die wir mit dem Autoverkehr haben, nichts. Dr. Materna Weskamp, Starnberg

Wo sind die Steckdosen?

In der E-Auto Diskussion bleibt ein Aspekt außen vor. Die zu bauenden Ladestationen befriedigen nur die Langstrecken-Angst. Ein E-Auto, das äußerst sinnvoll in Ballungsräumen eingesetzt werden kann, sollte wie ein Smartphone nachts an die Steckdose. Hierzu benötigt man eine Ladestation vor dem Haus, das heißt eine Garage oder einen "sicheren" Abstellplatz auf dem eigenen Grundstück. Dies wiederum bedeutet, gerade dort, wo es am besten wirken könnte, fehlt in Wohnanlagen die Infrastruktur. Vielleicht denkt man mal über "Laternenparkplätze" nach. Gerhard Heckmann, Mannheim

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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