Diesel:Gipfel der Trickser

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Diesel, Gipfel und Kartell bringen richtig Hitze in die Ferien. Ein Teil der Leser sagt: "Vom-Abgas-nichts-Neues", das war noch nie sauber. Für die anderen sind Autohersteller schlimmer als Drogendealer.

"Neue Software für 2,5 Millionen Autos", "Bedingt sauber", "Auf dem Schleichweg" vom 3. August und "Diesel-Dämmerung", "Hört auf mit dem Pipi" vom 29./30. Juli sowie weitere Artikel zum Thema:

Der Diesel muss bleiben

Wenn die Situation wirklich so katastrophal wäre, wie viele Umweltbewegte behaupten, wie ist es dann zu erklären, dass sich zunehmend mehr Menschen in den Städten ihres Lebens freuen? Und dass sie, laut Statistik, auch eine längere Lebenserwartung haben (in Stuttgart die längste!) als wir armen, in der weiten Provinz hinterbliebenen, gesunde Luft atmenden Zeitgenossen? Was wäre gewonnen, wenn es gelänge, die ganze Dieselflotte aus dem Verkehr zu ziehen? Antwort: (fast) nichts! Aber Millionen Besitzer von Diesel-Pkws würden gleichsam enteignet, und Autofahrer müssten auf ein robustes, sparsames Fahrzeug verzichten. Karl Rahm, Kronach

Vorbei mit der Formel 1

Es wird Zeit, autogerechten Städten das Todesglöcklein zu läuten. Erste konkrete Maßnahmen wären die Einführung einer absoluten Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h, die Schaffung eines Raser-Tatbestandes als Verbrechen nach dem Vorbild der Schweiz sowie ein Verbot der Übertragung von Formel-1-Rennen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Horst Isola, Bremen

Gesammelt klagen ist Quatsch

Jetzt auch Sie, Heribert Prantl. Sammelklage in Deutschland? Wirklich? Von den Sammelklageverfahren lebt zwar eine straff organisierte Anwaltsindustrie gut, die eigentlich Geschädigten profitieren von den Kleckerbeträgen aber nicht. Wenn man ehrlich ist, dann ist die Schadstoffbelastung durch Diesel-Pkw ein alter Hut. Dann kann man nicht behaupten, es seien neue Sachverhalte entstanden, und schon gar nicht kann man die gesamte Dieselflotte des Landes auf Schrottwert schreiben. Etwas mehr klarer Verstand, eine kontrolliertere Atmung und weniger Auflage in der Sommerzeit und das Thema könnte gewinnen.

Prof. Dr. Thomas Deufel, Mainz

Vorsprung durch Täuschung

Die Management-Elite will anscheinend nur in der ersten Reihe stehen, wenn es um die Verteilung von Boni, Vertriebsprovisionen und Aktienoptionen geht, aber bei der Entscheidungsverantwortung will sie von nichts gewusst haben. Es ist ein Armutszeugnis, dass autoritäre Top-Manager behaupten, nichts gewusst zu haben. Vielleicht wird der Slogan Vorsprung durch Technik nur falsch verstanden. Es geht um die Technik des Täuschens und den Vorsprung, sich rechtzeitig mit Profit aus dem Stickstoffdioxidstaub zu machen und den Konkurrenten wahlweise ans Bein oder in den Tank zu pinkeln .

Christian Beutel, Vaterstetten

Keine Schummler - Betrüger!

Wenn ich den Begriff Schummel-Software höre, kommt mir die Galle hoch! Ich bin schockiert, dass Verantwortliche und die Medien ständig diesen verharmlosenden Begriff verwenden. Es ist absolut kein Kavaliersdelikt, wenn die Richtlinien nur auf dem Prüfstand eingehalten werden und die Diesel-Fahrzeuge im Normalbetrieb uns und unsere Kinder vergiften.

Gabriele Kittl, Röhrmoos

Tabakrauch verdient Skandal

Dass unsere Regierung und wir über Jahre hinsichtlich der Abgaswerte von der Autoindustrie hinters Licht geführt wurden, erschüttert unser Vertrauen. Doch wenn man weiß, dass sich in einem Liter Tabakrauch 10 000 Mal so viel Schadstoffe wie in einem Liter Luft eines Verkehrsknotenpunktes einer Großstadt befinden, dass dadurch jährlich zirka 140 000 Tote verursacht und mehr als 80 Milliarden an Kosten dem Bürger durch Arbeitsausfall, Frühverrentung, Operationen aufgebürdet werden, dann fragt man sich schon, warum das nicht denselben Skandal auslöst. Prof. Dr. Ludger Schiffler, Berlin

Winterkorn-Rente ist bezahlbar

Da wird ein Software-Update, das gerade einmal 25 Prozent der Stickoxide verhindert, als "erster, wichtiger Schritt" bezeichnet, obwohl durch die Umrüstung auf SCR-Technik bis zu 90 Prozent der Stickoxide gefiltert werden könnten, was VW-Chef Müller lapidar mit als "im Ergebnis fragwürdig und zu aufwendig" abtut; 1500 Euro pro Fahrzeug seien zu teuer. Zur Erinnerung: VW zahlt seinem Ex-Chef Winterkorn eine Betriebsrente von 3100 Euro pro Tag! Nicht fragwürdig ist der Betrug an den Kunden, denen Dreckschleudern angedreht wurden und die jetzt den finanziellen Schaden zu tragen haben.

Josef Geier, Eging am See

Nicht besser als der Dealer

Was ist der Unterschied zwischen einem Drogendealer und einem Autohersteller? Ein Drogendealer verkauft Rausch und Sucht. Ein Autohersteller verkauft Geschwindigkeitsrausch und Geltungssucht. Ein Drogendealer trickst, lügt und betrügt, wie jeder weiß. Ein Autohersteller trickst, lügt und betrügt, bisher wusste oder glaubte das kaum einer. Ein Drogendealer wird von der Polizei gejagt und bestraft. Ein Autohersteller wird vom Staat gefordert und umschmeichelt. Durch Drogen sterben im Jahr einige Hundert Menschen. Durch Abgase mehrere 10 000 Menschen. Drogendealer sind in einem mafiösen Netzwerk verbunden. Autohersteller bilden ein Kartell.

Jürgen Kols, Ammerbuch

Zur Urne? Ohne mich

Was von der jüngsten Berliner Schmierenkomödie namens Diesel-Gipfel bleibt, ist die bittere Erkenntnis, dass Betrug sich in Deutschland lohnt, wenn er nur groß genug angelegt ist. Vor der Aussicht, mich mit meiner Wählerstimme womöglich zum Komplizen einer Politeska zu machen, die gerade dabei ist, Lug und Trug in unserem Land hoffähig werden zu lassen, kann ich mich am 24. September nur mehr der historischen Aufforderung des letzten Sachsenkönigs anschließen, die da lautet: "Macht Euren Dreck alleene!"

Dr. Friedrich Leibbrandt, Kürten

SPD verpasst Gerechtigkeit

Wieder hat die SPD eine Chance vertan, im Wahlkampf zu punkten. Am Dieselgipfel haben sich die Täuscher und Trickser durchgesetzt. Die Umweltministerin ließ sich von der Industrie abkanzeln. Wo bleibt die Gerechtigkeit, wenn die hohen Herren, die den Skandal zu verantworten haben, ungestraft davonkommen? Die SPD hat nicht mehr das Ohr am Volke und wird die Wahl krachend verlieren.

Peter Güldenpfennig, Unterhaching

Vier mehr Narren als Don Quijote

Heribert Prantl zitiert aus einem Gedicht von Goethe. Es gibt noch andere Beziehungen zu weltliterarischen Texten. Wenn ich das Foto der vier "Spitzenmanager" auf Seite Zwei anschaue, fällt mir der "Ritter von der traurigen Gestalt" ein (es sind hier vier solche "Ritter"). Don Quijote träumte sich im 16. Jahrhundert in eine glorreiche Zeit zurück, mit schnellen Rossen und wunderschönen Prinzessinnen, und kämpfte gegen Windmühlen an (Symbole einer fortgeschrittenen Technik); bis er am Ende seines Lebens erkennen musste, dass er ein Narr war, der die Zeichen der Zeit nicht lesen konnte. Ehe es so weit war, musste er aber viel Spott und Prügel einstecken.

Prof. em. János Riesz, München

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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