Datenschutz:Gutes Monster

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Eine Schule in NRW weiß nicht, wie sie wegen Inkrafttretens der Datenschutzgrundverordnung künftig die Zeugnisse der Kinder ausfertigen soll? Leser sind fassungslos.

" In der Tinte" vom 12. Juni:

Die neuen EU-Datenschutzregeln schlagen Wellen. Nicht nur bei Unternehmen, sondern, wie in der SZ zu lesen war, auch bei Lehrern in NRW, die aufgrund der neuen Regelungen Zeugnisse nur noch mit der Hand erstellen wollen. Ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Datenschutz und Privatsphäre müssen in einer Welt, in der alles digitalisiert wird, so selbstverständlich werden wie etwa der Schutz von Arbeitnehmerrechten oder auch das Wissen, welche Nummer in einem Notfall zu wählen ist.

Der Schutz von Daten muss für alle gelten, die mit hochsensiblen persönlichen Daten arbeiten. Und wir müssen alle den Umgang mit den Daten lernen. Dabei meint die EU-Datenschutzgrundverordnung sicher nicht den Metzger, von dem man sich derzeit im Spaß erzählt, er benötige jetzt das Einverständnis seiner Kunden, bevor er sich deren Präferenzen beim Fleischeinkauf merken darf. Zu einem Gerichtsverfahren wird es hier sicher nicht kommen. Die Verordnung meint aber jedes Unternehmen, die Regierung, die Behörden, und sie meint gleichermaßen den niedergelassenen Arzt, der mit den Gesundheitsdaten seiner Patienten hantiert - egal, wie klein die Praxis ist. Und sie meint eben auch den Lehrer, der mit Noten über Jahre hinweg hochsensible persönliche Daten anhäuft. Wenn dieser Lehrer das nicht versteht und nicht in der Lage ist, seinen Computer zu Hause vielleicht nicht nur mit der Werkseinstellung des Wlan-Routers zu schützen, dann wird er das Zeugnis richtigerweise mit der Hand schreiben müssen. Gleichzeitig treten für mich hier zwei ganz andere Probleme zutage: Der Lehrer, der seine Schüler auf eine digitale Welt, in der Datenschutz zu einer Selbstverständlichkeit zählen muss, vorbereiten soll, kann selbst nicht mit diesen Daten umgehen.

Daniel Jung, Mannheim

Zwei Computer für 21 Lehrer?

Das Bürokratiemonster Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kann man ja durchaus kritisch sehen. Wenn es aber Ziel des Artikels war, in diese Kerbe zu schlagen, so ging der Schuss gehörig nach hinten los. Vielmehr wirft er ein bezeichnendes Licht auf Zustände, Denke und Praxis in der genannten Schule und man möchte als Außenstehende(r) flehentlich hoffen, dass dieses Bild nicht repräsentativ ist: Angenommen, Bankangestellte verwalten die Kontostände ihrer Kunden, Ärzte die Krankheitsgeschichten ihrer Patienten und Mitarbeitende der Einwohnermeldeämter die Daten der Bürger - jeweils auf ihren Privatrechnern. Unvorstellbar? Lehrer aber speichern ganz selbstverständlich die höchstpersönlichen Leistungsdaten (Noten) der Schülerinnen und Schüler neben privaten Fotoalben, der Online-Urlaubsbuchung und diverser Apps auf dem heimischen Laptop - Datensicherheit und -löschung nicht garantiert?! Was spricht eigentlich gegen eine Speicherung und Verarbeitung auf einem gut gesicherten und für Lehrer mobil zugänglichen Dienstserver? Es ist gut und sinnvoll, dass die DSGVO dieser bisherigen Praxis einen Riegel vorschiebt! Es stehen für 21 Lehrkräfte nur zwei Geräte zur Verfügung? Man möchte heimlich eine Kollekte organisieren oder ansonsten vor Scham im Boden versinken, sobald wieder einmal darüber diskutiert wird, Kinder und Jugendliche in der Schule auf die Digitalisierung vorzubereiten!

Michael Zirlik, Röthenbach

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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