Blutuntersuchungen:Konsequenzen? Fehlanzeige

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Im Artikel "Blutsbande" auf der Seite Drei wurde kürzlich aufgedeckt, dass Bluttests nicht immer zuverlässig sind. Ein Leser meint, man müsse an solchen Themen dranbleiben, sonst ändere sich nie etwas.

"Blutsbande" vom 10. Januar:

Bitte immer wieder berichten

Es ist immer bedrückend, wenn in der SZ über nicht wirksame, teure Medikamente, ärztlichen Abrechnungsbetrug, unnötige Chirurgie dort, wo die Fallpauschalen am höchsten sind, und nun über Blutuntersuchungen berichtet wird, weil es dort Probleme gibt. Diese werden angedeutet, gehen publizistisch wieder unter, und keiner kümmert sich weiter, um diese Zustände zu Lasten der Patienten und Beitragszahler zu korrigieren.

Kein Land der Welt wendet jährlich rund 370 Milliarden Euro für das Gesundheitswesen auf, das leider der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen unterliegt. Der wegweisende Schottdorf-Satz: "Im deutschen Gesundheitswesen geht es nicht darum, wie kann man die Patienten am besten versorgen, sondern wer darf sie versorgen, wer hat die Lizenzen dazu und was kann man da rausholen ( Deutsches Ärzteblatt 96 Heft 25/1999), gilt auch heute. Jedem Beteiligten, inklusive der staatlichen Behörden, ist diese Maxime bekannt, die auch den "Blutmarkt" bestimmt. Alle machen nichts, weil angeblich nicht zuständig. Blutuntersuchungen von einem Fremdlabor erstellen zu lassen ist ohne ärztlichen Aufwand (Blutentnahme macht die Pflegekraft) ein lukratives Geschäft medizinischer Aktivitäten. Die meisten Ärzte/Kliniken versenden Blutproben an Fremdlabore, die modernste Analyseautomaten haben, mit denen die Erstellungskosten, etwa für ein "großes Blutbild", weit unter der GÖÄ-Ziffer liegen, den der Patient oder die Krankenkasse bezahlt.

Der Markt wird von drei Fremdlaboranbietern, die zahlreiche "Labor-GmbHs" in allen Bundesländern haben, beherrscht. Der bundesweit existierende "Blut-Tourismus" geht dorthin, wo den Einsendern das lukrativste Analyseangebot gemacht wird.

Jedem Beteiligten ist bekannt, dass man beim Versenden von Blutproben eine funktionierende Kühlkette braucht. Diese Kühlung wird oftmals unterbrochen und die Analysen dieser Blutproben sind unbrauchbar bzw. falsch. Dieses Problem kennen natürlich alle Laborprofis, und es werden dort "normale Werte" eingesetzt, wo der Computer mangels Blutqualität "Ausreißer" druckt. Diese Tatsache kann jeder prüfen, indem er zu Testzwecken die gleiche Blutprobe an fünf Fremdlabore schickt. Die Analysenergebnisse sind mehrheitlich sehr unterschiedlich. Sie liefern falsche Ergebnisse, die dann zu ärztlichen Fehldiagnosen und Aktivitäten führen, die für Patienten lebensbedrohliche Konsequenzen haben können. Alle Tatbestände, die allein zu Lasten der Patienten und Beitragszahler gehen, ändern sich nicht, solange auch die Medien bestehende, gravierende Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen nur zeitweise publizieren. Dr. Christoph Graf von Stillfried, Tutzing

Die meisten Tests sind präzise

Der oben genannte Artikel enthält in der Überschrift den Satz: "Warum es in Deutschland keine verlässlichen Tests gibt". Diese Überschrift ist irreführend und verängstigt den normalen Leser. Tatsächlich werden in den Labors der Krankenhäuser die analytischen Methoden systematisch und regelmäßig überprüft. Dabei werden vor allem die Richtigkeit und die Präzision der einzelnen Methoden ermittelt und dokumentiert. Der Mangel an verlässlichen Tests, der in der Überschrift behauptet wird, bezieht sich im weiteren Text nur auf technisch kompliziertere Tests, die winzige Mengen von Eiweißstoffen im Blut messen. Prof. Frank Pohlandt, Ulm

Individuelle Schwankungsbreite

Zur Variabilität der Testergebnisse tragen auch Einflüsse bei, die vor der Messung liegen. Manche Botenstoffe, die zur Charakterisierung des sogenannten Immunstatus bestimmt werden, unterliegen einer erheblichen intra- und interindividuellen Schwankungsbreite. Zudem können die Blutentnahme, das Blutentnahmegefäß und die Behandlung der Blutprobe von der Entnahme bis zur Anwendung des Tests erheblichen Einfluss auf das Testergebnis haben. Manche Botenstoffe werden innerhalb weniger Stunden abgebaut, außerdem können Botenstoffe von Blutzellen freigesetzt werden.

Wenn diese biologischen und präanalytischen Einflussgrößen nicht bekannt sind oder bei der Interpretation der Ergebnisse nicht berücksichtigt werden, hat das Testergebnis keinen oder nur einen geringen diagnostischen Wert. Prof. Christoph Wagener, Hamburg

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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