Unternehmerinnen:Schluss mit Bescheidenheit

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Seltener als Männer führen Frauen ein eigenes Unternehmen. Dabei lassen sich Familie und Firma gut kombinieren.

Von Elisabeth Pörnbacher

Unternehmensführung ist immer noch eine männliche Domäne. Die Chefsessel deutscher Unternehmen sind zu 70 Prozent von Männern besetzt. Gerade innovative Start-ups und große Firmen mit mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz werden in erster Linie von Männern geführt. So sind in den 200 größten Unternehmen in Deutschland nur fünf Frauen als Geschäftsführerinnen zu finden. Auch wagen sich doppelt so viele Männer in die Selbständigkeit als Frauen. Da gebe es immer noch Nachholbedarf, sagt Claudia Große-Leege, Geschäftsführerin des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VdU).

Und wo liegen die Gründe dafür? Wer Esther Wasser, Mitarbeiterin im Bundesvorstand des Verbands selbständiger Frauen, "Schöne Aussichten", diese Frage stellt, bekommt eine eindeutige Antwort: "Im Poesiealbum meiner Generation steht: Sei sittsam und bescheiden, das kann ich gut leiden. Mit solchen Sprüchen wurden Frauen bis heute unbewusst zur Bescheidenheit erzogen. Wer aber selbständig sein will, muss in Erscheinung treten."

Für Männer hingegen sei es selbstverständlich, die Führung zu übernehmen. Würde sich ein Mann dagegen entscheiden, werde das oft als Zeichen der Schwäche angesehen. Wasser kommt zu dem Fazit: "Ihr Selbstvertrauen lässt Männer einfach handeln. Frauen fehlt es oft an diesem Selbstvertrauen." Genau das aber brauche es vor allem bei großen Unternehmen.

"Im Poesiealbum steht: Sei sittsam und bescheiden, das kann ich gut leiden."

Alles eine Frage der Erziehung? Natürlich spielt auch das Thema Familie eine Rolle. Oft bleibt die Kindererziehung an der Frau hängen. Sich um Kind und Karriere zu kümmern, das ist viel Arbeit. Zusätzlich noch ein Unternehmen managen - wer soll das schaffen? Gerade Start-ups fordern viel Einsatz, Ideenreichtum, technologisches Know-how und vor allem: viel Zeit. Viele Frauen bevorzugen deshalb ein Angestelltenverhältnis, das scheinbar mehr Sicherheit bietet wie auch Flexibilität. "Das muss aber nicht so sein. Viele Unternehmerinnen erleben genau das Gegenteil", sagt Claudia Große-Leege. Und Esther Wasser sagt: "Als alleinerziehende Angestellte könnte ich meine zwei Söhne nicht ernähren und erziehen." Gerade in Zeiten des Home Office spreche nichts dagegen, Mutter und Unternehmerin zu sein. Dass es machbar ist, zeigen auch einige Beispiele: Allein im VdU haben etwa 1400 Unternehmerinnen Familie, das sind drei Viertel der Mitglieder.

Egal, ob mit Kind oder ohne: Es braucht Frauen an der Macht, findet Esther Wasser: "Frauen sind Männern empathisch weit überlegen. Sie sehen mehr als nur die nackten Zahlen, sorgen sich um das Wohl der Mitarbeiter, schaffen eine positive Atmosphäre der Wertschätzung und können Mitarbeiter so auch länger im Unternehmen halten."

In Zukunft, da sind sich die beiden Frauen sicher, wird es mehr Unternehmerinnen geben und auch mehr Frauen in Führung. Dass die Zahl in den kommenden Jahren weiter ansteigt, dafür wollen die Verbände sorgen, indem sie mehr erfolgreiche Unternehmerinnen zeigen und Vorbilder schaffen. Jedes Vorbild nämlich könne zusätzliche Motivation sein, sich selbständig zu machen.

Auch die Politik ist nach Ansicht der Verbände gefragt: Claudia Große-Leege etwa fordert einen Abbau von Bürokratie, steuerliche Förderung für Gründungen und vor allem eine gute Infrastruktur. Damit meint sie nicht nur einen geebneten Weg ins Unternehmen und eine ausreichende Datennetzleitung, sondern auch eine gute Kinderbetreuung.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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