Schulgründer:Janusköpfiger Pädagoge

Lesezeit: 1 min

Hermann Lietz ersann ein Erziehungskonzept, das auf die Stärken von Kindern setzt. Doch seine Äußerungen über Juden wirken abstoßend.

Von Stephanie Schmidt

Der Sozialreformer, Lehrer und Theologe Hermann Lietz (1868 bis 1919) hat mehrere Schulen gegründet - eine der ersten war Haubinda im Jahr 1901. Heute bildet das Internat einen Verbund mit den Lietz-Internaten Schloss Bieberstein, wo ausschließlich die gymnasiale Oberstufe angeboten wird, und Hohenwerda. Beide Internate befinden sich in Hessen. In Hohenwerda kann man zwischen Realschule, Fachoberschule, G 8 und G 9 wählen.

Das Hauptgebäude und einen Großteil der Familienhäuser in Haubinda hat Lietz, Begründer der Landerziehungsheime in Deutschland (D.L.E.H.), selbst entworfen. Die damals übliche, auf stumpfes Pauken ausgerichtete Erziehung in den Städten war dem Sohn eines Landwirts zuwider. Kinder müsse man vielmehr in naturnaher Umgebung individuell fördern. Lietz legte Wert darauf, dieses pädagogische Konzept in seinen Landerziehungsheimen für Schüler verschiedener sozialer Schichten zu realisieren, nicht allein für Kinder aus wohlhabenden Familien.

Mit diesen Ansichten identifizieren sich in Haubinda Beschäftigte auch heute. Seine ideologische Haltung dagegen lehnen sie ab: Lietz war begeistert in den Ersten Weltkrieg gezogen. Zudem findet sich in seinen Schriften antisemitisches Gedankengut. In "Zur Rassenfrage" ist unter anderem von "jüdischer Gefahr" die Rede. Lietz lehnt in dem Text die Einwanderung von Juden ab. In "Konflikte in Haubinda (1919)" spricht Lietz vom "deutsch-nationalen und germanischen Charakter" seiner Heime, "in die nur ausnahmsweise und in kleiner Anzahl Ausländer und Israeliten aufgenommen werden sollten".

Zu DDR-Zeiten befanden sich eine polytechnische Oberschule und eine staatliche Grundschule in Haubinda. Nach der Wende wollte das Land Thüringen die renovierungsbedürftigen Schulen schließen. Hätten nicht Burkhard Werner und ehemalige Schüler für deren Sanierung gekämpft, würde es das heutige Internatsdorf mit all seinen Angeboten nicht geben. 1991 startete ein mit Fördergeldern des Landes unterstütztes zehnjähriges Modellprojekt. Im Jahr 2001 feierten Lehrer und Schüler das 100-jährige Bestehen der Schule, die Eröffnung der Grundschule und vor allem die geglückte Privatisierung.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: