Ratgeber:Reine Privatsache

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In bestimmten Berufen - etwa im Lebensmittelbereich - müssen Bewerber einem Gesundheitscheck zustimmen, wenn sie den Job haben wollen. (Foto: dpa)

Gesundheitschecks vor der Einstellung sind tabu. Auch danach geht die Krankenakte seiner Mitarbeiter den Chef nichts an. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel.

Von Lea Sibbel/dpa

Die Krankenakte eines Arbeitnehmers ist für den Vorgesetzten fast immer tabu. Was er wann erfahren darf, dafür gibt es viele Regeln. Sven Thora, Rechtsberater bei der Arbeitnehmerkammer Bremen, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Darf der Arbeitgeber nach der Einstellung regelmäßige Gesundheits-Check-ups verlangen?

"Da ist die Teilnahme freiwillig, es sei denn, sie ist gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschrieben", erklärt Thora. Im medizinischen oder lebensmittelverarbeitenden Bereich etwa müssen Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wiederholt werden. Und im öffentlichen Dienst ist oft tarifvertraglich geregelt, an der Vorsorge teilzunehmen. Von einer Pflichtvorsorge spricht man, wenn der Arbeitgeber gehalten ist, sie anzubieten, und der Arbeitnehmer teilnehmen muss - sonst kann er nicht mehr weiterbeschäftigt werden, erklärt Thora. Solche Untersuchungen gibt es zum Beispiel auch dann, wenn jemand mit gefährlichen Stoffen arbeitet. Allerdings kommt in solchen Fällen vom Arzt nur eine Bescheinigung an den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer weiterhin geeignet ist, den Job auszuüben - und keine Ergebnisse im Detail.

Darf der Arbeitgeber mehr erfahren, wenn der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum krank ist?

Ist der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mehreren Monaten krankgeschrieben und der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob er seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangen wird, kann er diesen auffordern, die Untersuchungsergebnisse zu offenbaren. Das muss der Arbeitnehmer nicht. Eine konsequente Weigerung kann aber dazu führen, dass der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung ausspricht. In diesem Fall wird der Arbeitnehmer die negative Zukunftsprognose des Arbeitgebers nur durch Preisgabe seines Gesundheitszustands widerlegen können.

Darf der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nach der Gesundheit fragen?

"Der Arbeitgeber darf grundsätzlich nur dann nach dem gesundheitlichen Zustand fragen, wenn das für den zu besetzenden Arbeitsplatz von Bedeutung ist", sagt Thora. Als Beispiel nennt er den Lastkraftfahrer, der nach einer Alkoholerkrankung gefragt wird. Auch für einen Job in einem Lager darf der Bewerber gefragt werden, ob er schwer heben kann. Nach dem psychischen Wohlbefinden zu fragen, ist dann erlaubt, wenn man einen Beruf ausüben möchte, für den man eine belastbare Psyche braucht - etwa bei der Bundeswehr. Nicht gefragt werden darf nach einer Schwerbehinderung. "Wenn eine Frage unzulässig ist, dann gibt es auch dieses Recht zur Lüge, wie man so schön sagt", sagt Thora. Der Bewerber muss die Frage also nicht wahrheitsgemäß beantworten.

Darf der Arbeitgeber vor der Einstellung Gesundheitschecks verlangen?

Grundsätzlich ist die Teilnahme an einem Gesundheitscheck freiwillig - wenn es keine rechtliche Ausnahmevorschrift gibt. Das ist etwa bei Jugendlichen der Fall, die nur eingestellt werden dürfen, wenn die körperliche Eignung festgestellt wird. Allerdings muss man bei bestimmten Berufen den Gesundheitscheck machen, wenn man den Job haben möchte. Im Lebensmittelbereich etwa darf der Arbeitgeber niemanden einstellen, für den keine Bescheinigung nach dem Infektionsschutzgesetz vorliegt. Auch im medizinischen Bereich braucht es eine Bescheinigung. Allerdings gilt bei der Untersuchung: Mitgeteilt wird dem Arbeitgeber nur, ob jemand geeignet ist oder nicht. Die Ergebnisse im Detail erfährt er nicht.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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