Professorin Johanne Pundt:"Ständig neue Aufgaben"

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In der Humanmedizin stößt der Fernunterricht an seine Grenzen, sagt Johanne Pundt. Einer seiner Vorzüge bestehe darin, dass man studieren und gleichzeitig in Vollzeit weiterarbeiten könne. (Foto: oh)

Auch der Fortschritt im Bereich Medizin und Technik trägt zur Spezialisierung in der Gesundheitsbranche bei.

Interview von Christine Demmer

Die Menschen wollen nicht nur schöner und schlanker werden, sondern über Jahrzehnte gesund bleiben. Auf jeden Fall bringen diese Bedürfnisse neue Job-Perspektiven mit sich. Jeder achte Arbeitnehmer in Deutschland ist mittlerweile in der Gesundheitswirtschaft tätig. Das hebt Johanne Pundt hervor, die als Professorin an der Apollon-Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen lehrt. Die Fernhochschule gehört zur Stuttgarter Klett-Gruppe. Pundts Forschungsinteresse gilt unter anderem der Entwicklung der Gesundheitsberufe. Im Folgenden skizziert sie, worauf man bei einer Ausbildung in diesem Bereich achten sollte.

SZ: Warum nimmt das Weiterbildungsangebot gerade im Gesundheitsbereich so stark zu?

Johanne Pundt: Diese Branche unterliegt einem großen Wandel. Die Demografie und der medizinisch-technische Fortschritt erzeugen einen hohen Veränderungsdruck: Wir haben immer weniger jüngere und immer mehr ältere Bürger, die optimale Gesundheitsversorgung erwarten. Das setzt immer mehr qualifiziertes Personal voraus.

Was hat das mit der Differenzierung der Gesundheitsberufe zu tun?

Ständig kommen neue Aufgaben hinzu, zum Beispiel in der Pflege, und auch die Arbeitsteilung in der Medizin ist eine andere geworden. Außerdem entstehen durch erweiterte Tätigkeitsprofile völlig neue Berufe, denken Sie im Krankenhaus an den Bereich Assistenz und Service. Drittens nimmt die Spezialisierung im Management und auch in der Pflege zu.

Sind die Arbeitnehmer bereit, sich weiter zu qualifizieren?

Ja, unbedingt, sowohl Berufsanfänger wie auch diejenigen, die schon länger berufstätig sind. Wer gute Positionen wünscht, muss sich heute ständig weiterbilden.

Die Akademisierung auf dem Arbeitsmarkt für Gesundheitsberufe geht mit großen Schritten voran. Wo stößt der Fernunterricht an seine Grenzen?

Außer vielleicht in der Human- und Zahnmedizin im Grunde nirgends, denn Fernlehre bietet alles, was es ermöglicht, flexibel zu studieren. So kann man berufsbegleitend das Gelernte direkt in den Job integrieren. Die Grenzen liegen allenfalls bei denjenigen, die einen anderen Lernrhythmus haben und täglich Wert auf den unmittelbaren persönlichen Austausch mit Dozenten und Kommilitonen legen.

Spiegelt sich der hohe Aufwand für die akademische Qualifikation im Fernunterricht in Entgelt und Aufstiegsmöglichkeiten wider?

Auf alle Fälle, weil der Praxisbezug über das Einkommen und die Karrierechancen entscheidet. Die Verzahnung von Berufstätigkeit und Studium ist ein Schlüssel zum Erfolg geworden. Zwei Drittel meiner Studierenden arbeiten während des Studiums in Vollzeit weiter. Sie haben Selbstorganisation und Zeitmanagement optimal drauf, und das wird ihnen zum Teil schon während des Studiums mit höherer fachlicher Verantwortung und angemessenem Gehalt honoriert.

In welchem Gesundheitsbereich bestehen die größten Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

Der vom Bürger privat finanzierte Gesundheitsmarkt ist enorm gewachsen. Denken Sie an Functional Food, an Fitness, Wellness, Prävention. Man investiert heute gerne in seine Gesundheit, um möglichst ohne Beschwerden alt zu werden. Hinzu kommt die bessere Vernetzung der Patientenversorgung, die ist zentral. Im stationären Bereich werden Quartiersmanager sowie Fachleute für Risiko- und Qualitätsmanagement und für die Patientensicherheit gebraucht. Nicht zu vergessen das große Thema IT und Digitalisierung in Krankenhäusern und Praxen. Auch hier entstehen aktuell Arbeitsplätze.

Welche Zukunfts szenarien sehen Sie am Horizont?

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird immer wichtiger, um den Menschen eine kooperativ organisierte, vernetzte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Mit pädagogischem Blick fällt auf, dass das digitale Lehren zunimmt. Allerdings muss ich hier warnen. Online lässt sich nicht alles vermitteln. Wir brauchen einen ausgewogenen Medienmix, damit das persönliche Miteinander erhalten bleibt.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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