Pilotversuch:"Bili" ist beliebt

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Ihre Kinder sollen früh Englisch lernen, wünschen sich viele Eltern. In Bayern hat ein Pilotprojekt zum bilingualen Lernen begonnen. Tower Bridge in London. (Foto: Paul Gilham/Getty)

Von diesem Schuljahr an wird an 20 Grundschulen in Bayern auf Deutsch und auf Englisch unterrichtet. Denn immer mehr Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder frühzeitig eine Fremdsprache erlernen. Das Projekt läuft bis 2019.

Von diesem Schuljahr an erproben bayernweit 20 Grundschulen für vier Jahre das Lernen in zwei Sprachen. Vorbild des "Bili"-Projekts ist eine Schule in Augsburg. Dort haben einzelne Klassen bereits seit 2007 Unterricht auf Deutsch und Englisch. Neben den Regelklassen gibt es an der St.-Anna-Grundschule einen bilingualen Zweig, der als Ganztagsklasse geführt wird. Dabei ist Englisch in Augsburg nicht nur Unterrichtssprache in den Nebenfächern Musik, Kunst und Sport, sondern auch in Arbeitsgemeinschaften wie Schach, Basketball oder Theater. Im vergangenen Schuljahr führten die Schüler Harry Potter auf. "Das haben sich die Kinder selbst ausgesucht", erklärt die Lehrerin der Klasse 4b, Tanja Nünlist.

Projekte wie diese sollen einen altersgemäßen und praxisorientierten Zugang zu der Fremdsprache ermöglich. Aktuell folgen 20 weitere Schulen dem Augsburger Modell und bieten Unterricht auf Deutsch und auf Englisch an. Das sind unter anderem die Grundschule München an der Feldbergstraße, die Lucas-Cranach-Grundschule in Kronach und die Loschge-Grundschule in Erlangen. "Es gibt immer mehr Eltern, die sich in der Schule ein frühes bilinguales Lernangebot für ihre Kinder wünschen. Darauf will der Modellversuch eine Antwort geben", sagt Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich (CSU).

Das Bili-Projekt läuft bis zum Jahr 2019. Anschließend soll über einen Ausbau solcher Angebote nachgedacht werden. Voraussetzungen für die Aufnahme in eine bilinguale Klasse gibt es nicht. "Die Kinder sollen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Ob sie nun zu Hause Englisch sprechen oder nicht, die bunte Mischung macht es aus", erläutert Lehrerin Nünlist das Modell. Sie selbst unterrichtet auch den Lehrernachwuchs an der Universität Augsburg. Durch die Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache an der Uni können wissenschaftliche Erkenntnisse Eingang in den Alltag der Schule finden. Bereits in der dritten Klasse seien die Kinder in der Lage, englischsprachige Lektüre zu lesen, wie Nünlist begeistert erzählt.

Schüler, die mit der Sprache besser vertraut sind, weil sie beispielsweise Englisch auch in der Familie sprechen, helfen ihren Mitschülern, wenn diese ein Wort nicht sofort verstehen. "So ist nicht nur der sprachliche Fortschritt in den Klassen überdurchschnittlich groß, sondern auch der soziale Faktor, also die Hilfsbereitschaft der Schüler, kommt hier in hohem Maße zum Tragen", sagt Josef Meier von der Augsburger Hochschule. Er hat die bilingualen Klassen an der St.-Anna-Schule von Anfang an begleitet.

Den landesweiten Schulversuch begleiten Wissenschaftler der Universität Eichstätt-Ingolstadt

Andrea Micklitz, Rektorin der Augsburger Grundschule, ist stolz darauf, dass ihre Schule nun Vorbild für andere ist. "Englischkompetenzen sind eine wichtige Voraussetzung, um sich im modernen Leben und in der Arbeit zurechtzufinden. Je früher und spielerischer die Kinder Englisch lernen, desto einfacher wird es für sie später", meint sie. In den bilingualen Klassen unterrichten ausschließlich Lehrkräfte, die Englisch studiert haben und sich regelmäßig weiterqualifizieren.

Der landesweite Schulversuch wird wissenschaftlich vom Lehrstuhl für Didaktik des Englischen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt begleitet. Die 20 neuen Projektschulen können dabei vom Augsburger Referenzprojekt profitieren. "Die Schulen sehen anhand unserer Ergebnisse, wie sehr es den Schülern Spaß macht, eine Fremdsprache zu lernen", erklärt der Augsburger Universitätsforscher Meier. "In der Grundschule wird nicht nur gesungen und getanzt, sondern auch sehr effizient gelernt."

Die Klassen in Augsburg bestehen aus maximal 25 Schülern und einer Lehrkraft. Hinzu kommen Praktikanten von der Universität. Indem sich der Unterricht mit Projekten oder Übungs- und Lernzeiten abwechselt, wird der Alltag aufgelockert. Die neunjährige Schülerin Selina besucht derzeit die vierte Klasse und denkt schon weiter: "Ab nächstem Jahr müssen wir dann auch Vokabeln lernen. Deshalb finde ich es gut, dass ich jetzt schon Englisch kann."

© SZ vom 17.09.2015 / Helena Düll/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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