Networking-Experte:"Wir sprechen Hochschulen gezielt an"

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Wie großzügig die finanzielle Unterstützung ausfällt, hängt von mehreren Faktoren ab, sagt Philipp Liedgens. Zu ihnen gehören neben den sportlichen Leistungen auch die bisherigen Schulnoten. (Foto: oh)

Philipp Liedgens von Sport-Scholarships.com erläutert, worauf es bei der Bewerbung für ein Sportstipendium ankommt.

Interview von Verena Wolff

Philipp Liedgens ist Geschäftsführer von Sport-Scholarships.com in Münster. Neben einigen kleinen ist das Unternehmen der größte Vermittler von Sportstipendien. Liedgens selbst wechselte nach sechs Semestern Studium mit einem akademischen Stipendium an die University of South Florida. Dort machte er im Jahr 2002 seinen Master.

SZ: Wer kann sich für ein mit einem Sportstipendium kombiniertes Master- oder MBA-Studium bewerben?

Philipp Liedgens: Studierende aller Fachrichtungen können sich bewerben, die ihren Bachelor in sechs Semestern gemacht haben und keine lange Pause zwischen Abitur und Studienbeginn hatten - und die natürlich gute Sportler sind. Wir stellen den Kontakt her, helfen beim Erstellen eines Bewerbervideos, hinzu kommen erste Literatur für die Tests TOEFL und den GRE- beziehungsweise GMAT-Test plus allgemeine Beratung - das kostet insgesamt 950 Euro. Wenn der Interessent sein Studium antritt, leistet er eine Einmalzahlung an Sport-Scholarships.com in Höhe von 2500 Euro. Um die Relation zu verstehen, muss man wissen: Bei einem Rundum-Stipendium für das Masterstudium, das zwei oder vier Semester dauert, summieren sich die Kosten leicht auf 30 000 bis 120 000 Dollar.

Woher kommen die Studenten und wohin gehen sie?

Wir vermitteln Interessenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Großteil geht in die USA, wenige Leute gehen nach Kanada.

Welche sind die gängigsten Sportarten?

Die gängigsten Sportarten sind Fußball, Tennis, Leichtathletik, Schwimmen, Golf und Volleyball. Es klappt aber auch im Feldhockey, Fechten oder Wasserball. Schwierig wird es in den klassisch-amerikanischen Sportarten, da ist die Qualität der Studierenden in den USA schon sehr hoch.

Auf welchem Level muss man spielen?

Das ist je nach Sportart sehr unterschiedlich. In den Einzelsportarten sollte man auf einem guten nationalen Amateurniveau spielen. Im Tennis bedeutet das etwa, eine gute Leistungsklasse oder ein Ranking zu haben; im Fußball bedeutet das, grob gesagt, in der Verbandsliga oder höher zu spielen. Das hängt aber immer davon ab, wie sportlich gut die Uni und wie umfassend das Stipendium sein soll. Grundsätzlich muss man als Master-Student bessere Resultate vorweisen als ein Studienanfänger, weil man älter ist und weniger Entwicklungspotenzial hat. Erschwerend kommt hinzu, dass die Master nur noch ein oder zwei Jahre eine Spiel- oder Startberechtigung bekommen.

Wie läuft das Bewerbungsprozedere?

Wichtig ist, sich früh genug zu kümmern, denn man muss sowohl akademisch als auch sportlich gut sein. Mindestens sechs Monate vor Studienbeginn sollte man beginnen, besser ein bis zwei Jahre vorher, damit man die notwendigen akademischen Tests wie den TOEFL oder den SAT gegebenenfalls wiederholen kann. Wir betrachten die individuelle Situation der Bewerber und beraten sie zu ihren Möglichkeiten. Dann erstellen wir ein Online-Profil mit Bildern und Videos und promoten den Sportler in den USA. Je nach Sportart kann er auch an einem unserer Showcases teilnehmen. Das sind Veranstaltungen, zu denen Trainer nach Deutschland kommen und sich die jungen Leute anschauen.

Können sich die Bewerber ihre Uni aussuchen?

Sie können Wünsche äußern oder sagen, worauf sie besonders achten möchten. Dann sprechen wir Hochschulen gezielt an. Wir sind seit fast zwanzig Jahren aktiv, daher haben wir ein großes Netzwerk an Trainern und Ehemaligen, in den USA wie in Deutschland - und ein gutes Gespür dafür, welche Hochschule zu welchem Bewerber passt. Die Trainer kontaktieren dann die Athleten. Wir helfen mit der Kommunikation und dabei, die Unis sportlich, akademisch und finanziell zu vergleichen. Außerdem können die Bewerber mit ehemaligen oder aktiven Athleten in den USA Kontakt aufnehmen und sogar Hochschule und Mannschaft kennenlernen. Dazu muss man aber rechtzeitig anfangen.

Werden alle Kosten übernommen?

Oftmals übernehmen die Hochschulen alle Kosten. Häufig kommen sie aber auch nur für einen hohen Anteil auf, und der Studierende muss dann noch selbst einen Teil der Studiengebühren, Unterkunft und Verpflegung zahlen. Das kommt auf die sportliche Qualität, die Noten und Testergebnisse sowie das Geschlecht der Bewerber an. Auch wenn ein Eigenanteil bleibt, ist das Studium meist nicht teurer als in Deutschland, da man hier ja auch für Unterkunft und Verpflegung aufkommen muss.

Haben Frauen und Männer gleich gute Chancen?

Frauen bekommen Vollstipendien deutlich häufiger als Männer. Grundsätzlich steht für beide gleich viel Geld für Stipendien zur Verfügung. Doch eine American-Football-Mannschaft umfasst etwa hundert Mann. Im Vergleich dazu sind Frauen in dieser Sportart weniger aktiv - da bleibt also im Gegenzug mehr Geld für die einzelnen Damen. Und natürlich ist es in exotischen Sportarten und Fächern schwieriger, ein Stipendium zu bekommen, als etwa bei einer Fußballerin, die gerne einen MBA machen möchte. Da gibt es viele Hundert Möglichkeiten: Für die Fechterin, die Asienwissenschaften studieren möchte, gibt es vielleicht nur zwei oder drei.

Der TOEFL - Test of English as a Foreign Language ist ein standardisierter Test, bei dem die Englischkenntnisse von Nicht muttersprachlern unter die Lupe genommen werden. Er ist weltweit verbreitet und wird von den meisten Hochschulen anerkannt. Der SAT - Scholastic Assessment Test ist ebenfalls ein standardisierter Test, der die Studierfähigkeit von Bewerbern für das Bachelor-Studium an amerikanischen Colleges und Universitäten bemisst.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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