Internateberater:Autoritärer Erziehungsstil

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Selbständig und problemorientiert zu agieren, das kennen manche ausländische Schüler gar nicht, sagt Hartmut Ferenschild. Sie kommen aus Schulen, wo es vorwiegend ums Pauken ging. (Foto: privat)

Während in Europa die Eigeninitiative der Schüler gefördert werde, setze man in Asien auf pures Pauken, sagt Hartmut Ferenschild.

Interview von Christine Demmer

Wenn sehr unterschiedliche Lerntraditionen aufeinandertreffen, führt das zu Konflikten, sagt Hartmut Ferenschild, Pädagoge und Berater bei Internate.de.

SZ: In England gibt es Internate, in denen mehr als die Hälfte der Schüler Asiaten sind. Wird es in deutschen Einrichtungen bald ähnlich aussehen?

Hartmut Ferenschild: Tendenziell ja, allerdings nicht in dem Ausmaß wie in England und in einigen Internaten in der Schweiz. Hierzulande ist man sich der Gefahren eines Zusammenstoßes der unterschiedlichen Lernkulturen aus Ost und West durchaus bewusst.

Wie hält man die Balance?

Deutsche Internate finden darauf unterschiedliche Lösungen. Einige bestehen bei den Schülern von vornherein auf sehr guten Sprachkenntnissen in Deutsch und Englisch, sodass sich die Zahl der Ausländer in engen Grenzen hält. Andere bieten Kurse zur sprachlichen Integration an, begrenzen aber die Anzahl der Schüler, die sie aufnehmen.

Was geschieht in Klassen mit einem hohen Anteil asiatischer Kinder?

Zwischen deutschen Internatslehrern und Schülern aus Asien ereignet sich oft ein "Clash of Educational Cultures". Der Lehrer dort ist Autoritätsperson - dem Lehrer hier sind Vertrauen und Ermutigung wichtig. Unsere Diskurskultur ist Kindern aus Fernost völlig fremd. Auch das Lernen folgt anderen Gesetzen. Deutsche Schulen setzen auf problemorientiertes, selbständiges Lernen, anderswo dominieren Stoffpaukerei und Reproduktion. Diese Unterschiede müssen Pädagogen im Hinterkopf haben.

Wie kommen die Kinder außerhalb des Unterrichts miteinander klar?

Sehr unterschiedliche soziale und politische Prägungen machen sich negativ bemerkbar. Nicht wenige ausländische Schüler stammen aus den erst kürzlich entstandenen Schichten der Neureichen mit autoritärem Staatsverständnis und Neigung zum Luxuskonsum. Solchen Verhaltensweisen und Einstellungen muss begegnet werden, damit sich in Internaten keine Subkulturen mit eigenen Gesetzen und Hierarchien bilden, die den hiesigen Erziehungszielen zuwiderlaufen.

Arbeiten die deutschen Internate bei der Lösung der Probleme zusammen?

Nein, die Zusammenarbeit ist nicht gut entwickelt. Jedes Internat erfindet seine eigenen Lösungen.

© SZ vom 22.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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