Dienst an den Feiertagen:Durcharbeiten für die Kollegen

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Die Chinesin Yihe Zhang arbeitet in den nächsten Tagen durch, damit ihre deutschen Kollegen Weihnachten genießen können. Sie freut sich derweil auf ein anderes Fest.

Hans-Willy Bein

Die Aufstellung eines Dienstplans ist oft eine knifflige Angelegenheit, vor allem dann, wenn hohe Feiertage anstehen. Die Einteilung der Weihnachtsschichten im deutsch-niederländischen Sicherheitscenter SSC lief in diesem Jahr aber völlig harmonisch ab. Denn die junge Chinesin Yihe Zhang überraschte ihre Kollegen mit der frohen Botschaft, dass sie von Heiligabend bis zum zweiten Weihnachtstag freiwillig den Spätdienst in dem Sicherheitscenter übernehmen werde.

Die Ingenieurin Yihe Zhang übernimmt an den Feiertagen den Spätdienst in ihrem Unternehmen - damit ihre Kollegen mit der Familie Weihnachten feiern können. (Foto: Lutz Kampert)

Aufgabe des Centers ist es, die RWE-Tochter Amprion und die niederländische Tennet bei der Steuerung ihrer Hochspannungsstromleitungen zu unterstützen. "Deutsche feiern Weihnachten gerne mit der ganzen Familie. Ich freue mich, wenn ich das meinen Kollegen ermöglichen kann", sagt Zhang. 33 Jahre ist die junge Ingenieurin alt. Seit neun Jahren lebt sie in Deutschland und seit Januar 2010 arbeitet sie für den größten deutschen Stromnetzbetreiber Amprion.

Das Sicherheitscenter ist die erste Einrichtung dieser Art in Europa. Amprion und Tennet hatten das Center vor knapp zwei Jahren in Rommerskirchen bei Köln gegründet. Besetzt ist es mit Ingenieuren aus beiden Ländern, die Analysen und Sicherheitsberechnungen über den zu erwarteten Elektrizitätsfluss liefern. Damit unterstützen sie die beiden Netzbetreiber bei der Steuerung der Hochspannungstrassen und helfen, Stromunterbrechungen zu vermeiden. Mit der stark schwankenden Stromproduktion von Winderzeugungsanlagen kommt diesem Sicherheitssystem wachsende Bedeutung auch bei der internationalen Abstimmung zu.

Stromerzeugung und der Verbrauch von Elektrizität müssen aus physikalischen Gründen in Einklang stehen. Das SSC-Team errechnet, wo es kritische Punkte gibt und der Stromfluss nicht im Gleichgewicht sein könnte und macht Vorschläge, wie zum Beispiel durch stärkere Exportlieferungen ein Überschuss an Elektrizität reduziert werden kann. Gerade am zweiten Weihnachtstag im vergangenen Jahr produzierten die Windkraftanlagen mehr Strom als benötigt wurde. Andererseits wehte nur wenige Tage später kaum ein Lüftchen. Auch an den ansonsten eher ruhigen Tagen also viel Arbeit für die Betreiber der Kraftwerke und die Steuerwarten der Stromnetze.

"Bis 22.30 Uhr geht meine Schicht an den Feiertagen", berichtet Yihe Zhang. Sie ist die einzige Frau unter fünf Männern im Amprion-Team beim SSC. "Das Arbeitsklima ist sehr locker", sagt sie. "Total anders als in China." Im Herbst 2001 ist sie nach Trier gekommen und hat an der Universität zunächst Deutschkurse belegt. Ihr Studium der Energietechnik in China hat sie dann durch den Abschluss Master of Science in Electrical Engineering ergänzt.

"Deutschland hat in den Wissenschaften einen sehr guten Ruf", sagt sie. Deswegen sei sie hierher gekommen. Im Tagesgeschäft hat Zhang oft Kontakt auch zu internationalen Kollegen von anderen Netzbetreibern. "Deutschland ist sehr schön und mir gefällt es sehr gut hier", sagt Zhang. "Aber das Heimweh bleibt", fügt sie hinzu. Ihre Eltern sieht Yihe Zhang nur alle zwei Jahre - das nächste Mal im Februar 2011. Dann wird sie mit ihnen das Frühlingsfest feiern. Und das ist in China so wichtig wie hierzulande Weihnachten.

© SZ vom 23.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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