Kommunikation im Krankenhaus:"Seit bei uns Plattdütsch gesprochen wird, lachen wir mehr"

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Kyu Soon Schwerdtfeger, 61, kümmert sich um olle Lütt, die wegen Bukpeen in der Klinik liegen.  (Foto: oh)

Köönt Se mi ok verstohn? Die Krankenschwester Kyu Soon Schwerdtfeger aus Hamburg tut das jetzt - sie hat für ihre Patienten Plattdeutsch gelernt. Im Interview erzählt sie, welches ihr Lieblingswort ist und wo die Sprache abseits des Jobs hilft.

Von Lin Freitag

Köönt Se mi ok verstohn? Für ältere Herrschaften ist Hochdeutsch oft eine Fremdsprache. Um ihnen während eines Krankenhausaufenthalts wenigstens ein bisschen das Gefühl von Heimat geben zu können, können Mitarbeiter der Hamburger Asklepios-Kliniken nun Kurse in Plattdeutsch belegen.

Kyu Soon Schwerdtfeger, 61, hat sich als Erste angemeldet. Die gebürtige Südkoreanerin kam vor 41 Jahren nach Hamburg, eigentlich nur für ein Praktikum. Doch sie blieb, machte eine Ausbildung zur Krankenschwester, heiratete, bekam zwei Kinder. Seit 20 Jahren ist sie Stationsleiterin in der Gastroenterologie.

SZ: Frau Schwerdtfeger, wie ist es, als gebürtige Südkoreanerin Plattdeutsch zu lernen?

Es ist sehr schwer. Aber gerade weil es für mich so schwer ist, finden die Patienten das so toll. Für sie ist es die totale Wertschätzung, dass ich als Koreanerin Plattdüütsch snacken kann.

Was dachten Sie, als die Klinikleitung mit dem Vorschlag um die Ecke kam?

Im ersten Moment dachte ich natürlich: Oh Gott, jetzt auch das noch! Aber als Stationsleiterin wollte ich mit gutem Beispiel vorangehen und meldete mich als Erste für den Kurs an. Aus meiner Station machten noch sechs weitere Kollegen mit, insgesamt waren wir 15.

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Wie lange dauert so ein Kurs?

Eigentlich zehn Stunden, ich konnte aber leider nur an fünf teilnehmen. Mein Zertifikat habe ich trotzdem erhalten. Für den Abschlusstest habe ich viel zu Hause geübt und sonntags immer zusammen mit meinem Mann NDR gehört. Da gibt es eine Radiosendung auf Platt.

Jetzt prangt an Ihrem Kittel ein Button mit der Aufschrift "We snack on platt".

Seitdem bei uns Plattdütsch gesprochen wird, lachen wir mehr. Vor allem, wenn ich mal wieder einen Fehler mache. Aber es hilft auch dabei, Vertrauen herzustellen. Ich hatte einen Patienten, der war sehr verschlossen. Doch irgendwann begrüßte ich ihn mal mit einem "Moin Moin" - und auf einmal sprach er mit mir.

Was ist Ihr Lieblingswort?

Olle Lütt.

Übersetzt dürfte das wahrscheinlich "Alte Leute" heißen, oder?

Richtig. Ich finde, das hört sich viel weicher und netter an als "alte Leute". Auf unserer Station sind viele olle Lütt, die meisten Patienten sind weit über 70.

Sie arbeiten in der Gastroenterologie. Was heißt Bauchschmerzen?

Bukpeen. Aber die medizinischen Einzelheiten besprechen wir nicht auf Platt, da geht es eher um den netten Plausch zwischendurch.

Hilft Ihnen die neu erworbene Sprache auch außerhalb der Klinik weiter?

Ja, total. Der Onkel meines Mannes spricht nur Platt, jetzt verstehe ich ihn endlich. Ich war auch schon oft im Ohnsorg-Theater, da hab ich immer nur gelacht, wenn die anderen auch gelacht haben. Jetzt würde ich wohl lachen, weil ich den Witz verstanden habe. Außerdem habe ich die Einladungskarte für meine Abschiedsparty auf Platt geschrieben. Ich gehe nämlich nächsten Monat in Rente.

© SZ vom 12.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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