Buddys:Helfer, die Freunde werden können

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Viele Unis bieten Programme an, bei denen einheimische Buddys ausländische Studenten dabei unterstützen, sich einzuleben.

Von Theresa Tröndle

Fürs Studium muss vieles erledigt werden: Vorlesungen und Seminare wählen, Lernmaterialien besorgen, den Studentenausweis verlängern. Was manchmal schon für deutsche Studenten schwierig ist, kann für Austauschstudierende, die die Landessprache nicht fließend sprechen und sich im fremden Land noch nicht zurechtfinden, besonders kompliziert sein. Deshalb haben die meisten deutschen, aber auch ausländischen Universitäten sogenannte Buddy-Programme ins Leben gerufen.

Diese heißen "Study Buddy", "Mate-For-You" oder "Uni für Zwei" und haben ein Ziel: Einheimische und internationale Studierende zusammenzubringen und den interkulturellen Austausch zu fördern. Der Begriff "Buddy" kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Freund oder Kumpel. Dabei betreut ein deutscher Student, der sogenannte Begleit-Buddy, einen oder mehrere Kommilitonen aus dem Ausland, die ebenfalls als Buddy bezeichnet werden. "Das Programm soll den Studierenden eine Plattform für interkulturelles Lernen bieten", sagt André Solf vom Referat für Internationale Angelegenheiten der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Die Studenten helfen den Neuankömmlingen - viele davon sind Erasmus-Studenten - , sich schnell in der ungewohnten Umgebung zu orientieren und einzuleben. Das heißt: Sie begleiten bei Behördengängen, unterstützen bei Formalitäten, erklären das Kurssystem der Universität, zeigen die Mensa oder verraten die besten Bars und Kneipen der Stadt. "Es gibt keine konkreten Vorgaben", sagt Solf, "deswegen ist es ganz unterschiedlich, was die Buddys unternehmen und wie häufig sie sich treffen." Das Tandempartner-Konzept kommt an. Circa 85 Prozent aller Austauschstudenten an der LMU München - die meisten von ihnen sind mit dem Erasmus-Programm in der bayerischen Landeshauptstadt - nehmen das Angebot eines Begleit-Buddys in Anspruch.

Die meisten Buddys orientieren sich an den Wünschen der Austauschstudenten. Nicht jeder Begleiter habe aber die Zeit, seinen Partner vom Bahnhof oder Flughafen abzuholen, oder mit ihm auf Wohnungssuche zu gehen. "Es kann vorkommen, dass sich die Tandems erst zwei Wochen nach der Ankunft treffen", sagt Solf. Damit sie trotzdem von Anfang an in Verbindung miteinander stehen, vermitteln die Organisatoren des Programms den Kontakt zwischen den Buddys schon vor der geplanten Ankunft.

Im Prinzip kann jeder Buddy werden. Manche absolvieren ein interkulturelles Training

Am Münchner Buddy-Programm nehmen im Durchschnitt 600 Studenten pro Semester teil. Die eine Hälfte kommt aus München, die andere aus allen Ländern der Welt. Während es im Sommersemester mehr Begleit-Buddys als Austauschstudierende gibt, fehlt es im Winter oft an Buddys. "Die meisten Studenten betreuen dann zwei ausländische Kommilitonen, im Einzelfall können es auch mal fünf sein", erzählt Solf.

Prinzipiell kann jeder Student Buddy werden, wenn er offen gegenüber anderen Menschen ist, sich für fremde Kulturen interessiert und bereit ist, sich Zeit für seinen Partner zu nehmen. In München ist die Teilnahme an einer vorbereitenden Einführungsveranstaltung verpflichtend. Darüber hinaus bietet die Universität den Teilnehmern auf freiwilliger Basis ein interkulturelles Training an. Darin werden kulturspezifische Verhaltensweisen behandelt, um Missverständnissen vorzubeugen.

Damit die Organisatoren unter den Bewerbern passende Partner finden, müssen Angaben zum Alter, der Studienrichtung und den Sprachkenntnissen gemacht werden. An einigen Unis kann man sogar ein Herkunftsland wählen. "Früher konnten die Studenten noch das gewünschte Geschlecht auswählen", sagt Kathrin Menningen, die das Buddy-Programm in Mainz betreut. "Das ist inzwischen nicht mehr möglich, wir wollen uns vom Image als Partnervermittlung distanzieren." Anhand der Angaben versuchen die Anbieter des Buddy-Programms - meist das Referat für Internationale Angelegenheiten oder das Studentenwerk -, Studierende mit gleichen Interessen zusammenzubringen.

Seit 2004 bietet das Mainzer Studierendenwerk das Buddy-Programm an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, der Hochschule Mainz sowie der Technischen Hochschule Bingen an. "Wir haben gemerkt, dass es für viele Studenten aus dem Ausland schwierig war, deutsche Kommilitonen über gemeinsame Vorlesungen hinaus kennenzulernen", erklärt Menningen. Das Programm sei als unterstützende Maßnahme ins Leben gerufen worden. Viele der deutschen Teilnehmer wollen selbst eine Zeit lang im Ausland studieren oder haben dies bereits hinter sich, so Menningen. "Sie haben im Ausland gute Erfahrungen gemacht und wollen nun etwas zurückgeben oder vom Heimatort weiterhin Kontakt zu Menschen aus aller Welt knüpfen."

Die Chance, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kennenzulernen, wollte auch Katharina Kern nutzen. Zu Beginn ihres Studiums meldete sie sich für das Buddy-Programm in Mainz an. Seitdem hat sie vier Buddys aus Südkorea betreut. "Asiaten bleiben gerne in ihren Grüppchen", sagt die 23-jährige BWL-Studentin, "deswegen habe ich zur Unterstützung meist noch deutsche Freunde zu den Treffen mitgenommen." Gemeinsam haben sie Weinfeste und Restaurants besucht oder gekocht. Auch zu den monatlichen Veranstaltungen, die das Mainzer Studierendenwerk den Buddy-Paaren anbietet, sind sie regelmäßig gegangen. Beim Pizzaessen, Wandern oder bei einer Runde Schwarzlicht-Minigolf - dabei werden die Bahnen nur durch Schwarzlicht ausgeleuchtet - können sich einheimische und ausländische Studenten näher kennenlernen.

Zu ihren südkoreanischen Kommilitonen hat Kern bis heute Kontakt. "Letztes Semester war ich in Japan. Von dort bin ich nach Korea geflogen und habe mich mit meinen Buddys wiedergetroffen. Das war eine super Zeit." Auch ihre Partneruniversität in Osaka vermittelt Buddys. Von dem japanischen Programm war Kern allerdings enttäuscht. Es sei nicht gut organisiert gewesen. Dazu kam eine Sprachbarriere. "Die meisten Japaner sprechen kein gutes Englisch. Der Kontakt zwischen mir und meinem Buddy beschränkte sich leider nur auf organisatorische Angelegenheiten, wie die Wohnungsanmeldung."

Die persönliche Komponente wird in Mainz großgeschrieben. "Unser Buddy-Programm soll kein reines Hilfspaket sein", sagt Menningen, "sondern beide Seiten bereichern." Wichtiger als der fachliche Austausch - oft kommen die Partner aus unterschiedlichen Fachbereichen - sei der kulturelle. Das Programm soll Anstöße geben, Kulturen zu hinterfragen und kritisch zu reflektieren. "Letztendlich geht es um eine interkulturelle Sensibilisierung."

Über ihr ehrenamtliches Engagement als Begleit-Buddy erhalten die Teilnehmer nach Programmende eine Bescheinigung. "Damit können die Studenten bei Bewerbungen für Praktika oder beim Berufseinstieg punkten", sagt Menningen.

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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