Bildungsstreik in Deutschland:Studenten stürmen Hörsäle

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Deutschlandweit haben Studenten zahlreiche Hörsäle besetzt. Die Proteste richten sich gegen die Lehrsituation und hohe Gebühren. Manchmal auch gegen mehr.

Tanjev Schultz

Die Proteste an deutschen Hochschulen weiten sich aus. In zahlreichen Universitätsstädten hielten Studenten am Donnerstag Hörsäle besetzt, unter anderem in Berlin, Bielefeld, Hamburg, Heidelberg, Göttingen, München und Duisburg. Daran beteiligten sich mehrere Hundert Studenten. Die Demonstranten forderten bessere Studienbedingungen, eine Abschaffung von Studiengebühren und die Demokratisierung der Hochschulen. Sie erklärten sich solidarisch mit den österreichischen Studenten in Wien, die dort seit drei Wochen das Audimax besetzt halten und gegen die schlechte Lehrsituation protestieren.

Vereint für eine bessere Bildungspolitik: Studenten besetzen das Audimax der Universität Bielefeld. (Foto: Foto: dpa)

In Hamburg beschloss ein "Plenum" der Besetzer eine Resolution, in der die Studenten grundsätzliche Kritik am Kapitalismus üben. Die Ausbeutung von Menschen durch Menschen werde zunehmend als naturgegeben gesehen. Demonstranten in Berlin kritisierten, dass der Staat und die Hochschulleitungen mit einem "massiven Polizeiaufgebot" auf die Besetzungen reagiert hätten.

Bundesbildungministerin Annette Schavan (CDU) forderte die Ministerkollegen in den Ländern auf, die Studienreform rasch nachzubessern. Sie forderte eine "Entschlackung der Studiengänge"und spielte damit auf die hohe Stoff- und Prüfungsdichte in vielen der neuen Bachelor-Studiengänge an. Schavan betonte aber, die neuen Bachelor-Abschlüsse seien im Grundsatz richtig. Die Kultusministerkonferenz hatte im Oktober auf Klagen der Studenten reagiert und beschlossen, wieder mehr Freiräume im Studium zu schaffen.

Auf einer Tagung der Gewerkschaften in Berlin forderte DGB-Chef Michael Sommer höhere Ausgaben für Bildung. Mit 13 Milliarden Euro müssten unter anderem mehr Dozenten finanziert werden, sagte Sommer. Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, beteuerte, die Unis versuchten nach Kräften, Probleme zu beheben. Ihre Kräfte endeten da, wo die Verantwortung der Politik beginne. Wo Personal und Räume fehlten, könne es keine kleinen Seminare mit intensiver Arbeitsatmosphäre geben. Wo starre staatliche Vorgaben herrschten, scheiterten moderne Lehrformen .

Der baden-württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) verwies auf einen Kongress zur Studienreform, der im Frühjahr geplant sei. Daran wolle er Studenten beteiligen. Studium und Prüfungen müssten klar strukturiert sein, sagte Frankenberg.

Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bezweifelte, dass die Demonstranten "in erster Linie an der Sache interessiert seien". Es gebe bereits Fortschritte bei der Verbesserung der Studienbedingungen. So sei die Zahl der Studiengänge, die mit einem Numerus clausus belegt seien, gesunken.

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) sagte, er nehme die Kritik der Studenten sehr ernst. Es dürfe keine Überfrachtung mit Prüfungen geben. Heubisch warnte aber vor "Aktionismus". In München besetzten mehrere Hundert Studenten das Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität. Auch in Coburg und Würzburg gab es Proteste. Für den 17. November planen die Studenten bundesweite Demonstrationen.

© SZ vom 13.11.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Studentenproteste
:Deutschlands besetzte Hörsäle

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