Bildungspolitik:Der Frust der Hauptschullehrer

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An Bayerns Hauptschulen ist die Politikverdrossenheit groß: 90 Prozent der Pädagogen fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen. Die Hauptschulinitiative ist gescheitert.

C. Burtscheidt

An Bayerns Hauptschulen ist die Politikverdrossenheit groß. 90 Prozent der Hauptschullehrer fühlen sich von der Staatsregierung im Stich gelassen. Das ergab eine Erhebung des bayerischen Lehrerverbands (BLLV) unter 600 Pädagogen. Offenbar hat sich wenig zugunsten der Schulart verändert. Gerade mal ein Prozent der Befragten gab an, dass die individuelle Förderung ausgebaut oder Lernschwache mehr unterstützt werden.

Gefrustete Lehrer: Die Pädagogen wünschen sich kleinere Klassen. (Foto: Foto: dpa)

Damit scheint die Hauptschulinitiative bereits eineinhalb Jahre nach ihrem offiziellen Start am Ende zu sein - jedenfalls aus Sicht der Opposition. "Die mit großem Rummel angekündigte Hauptschulinitiative ist gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hat", sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Pfaffmann. "Sie hält nicht, was sie verspricht. Die Hauptschule wird als Stiefkind behandelt", kommentierte auch der BLLV-Präsident Klaus Wenzel die Umfrageergebnisse.

Schlechtes Image

Fest steht: Die Initiative, die das Kultusministerium im März 2007 lostrat, um zur Lösung wesentlicher Probleme der Schulart beizutragen, hat ihr Versprechen nicht gehalten. So beklagen 96 Prozent der Befragten, dass es nicht gelang, Schulschließungen zu vermeiden - 668 waren es in den vergangenen zehn Jahren. Ebenso wenig konnte das Image der Schulart (93 Prozent) oder die Akzeptanz ihrer Schüler (85 Prozent) verbessert werden.

Kritik wird dabei besonders an den Rahmenbedingungen geübt. Beispielhaft berichtete der Mühldorfer Hauptschullehrer Oliver Ludwig von der durchaus guten Idee, Ganztagssklassen zu schaffen. Doch scheitere sie an der geringen Stundenausstattung. "Freiwillig will hier kein Lehrer unterrichten."

Mehr Zeit für individuelle Betreuung

Als "Maßnahmen zum Erhalt der Schule" schlagen die befragten Pädagogen vor, die Klassenstärke auf maximal 25 Schüler zu begrenzen (96 Prozent). Ebenso wollen sie mehr Zeit für die individuelle Betreuung (95 Prozent) haben. Auch sprechen sie sich für eine längere gemeinsame Schulzeit (83 Prozent) aus, und wünschen sich mehr Unterstützung durch Sozialpädagogen (98 Prozent).

BLLV-Chef Wenzel hat daraus einen Forderungskatalog für die neue schwarz-gelbe Koalition in Bayern formuliert, auf dem folgende Punkte stehen: mehr Personal, mehr Zeit für individuelle Betreuung und Beratung, mehr Schulpsychologen und Sozialarbeiter sowie eine hohes Maß an Entscheidungsfreiheit für die Einrichtungen. Nur dann kann ihm zufolge die Hauptschulinitiative noch ein Erfolg werden. Doch solle sich das Regierungsbündnis fragen, ob es nicht einen generellen Neuanfang in der Bildungspolitik wagen wolle.

Wenzels Lösung ist die "regionale Schulentwicklung", was nicht heiße, dass in Bayern nun alle Haupt- und Realschulen fusionieren sollten, sondern dass sich jede Region passgenaue Angebote schaffe. Die CSU sieht dazu wenig Anlass, denn Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) konnte der Umfrage durchaus Positives entnehmen. 24 Prozent der Befragten hätten angegeben, dass sich das Schulklima merklich verbessert habe. 14 Prozent sprächen von einer Steigerung des Lernerfolgs. Zudem sei die Quote der Schulabbrecher auf sieben Prozent zurückgegangen.

© SZ vom 24.10.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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