Berufseinstieg als Trainee:Die besseren Praktikanten

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Billiger Vollzeitjob oder erster Schritt in die Chefetage: Worauf man bei Trainee-Programmen achten muss.

Linda Tutmann

Deutschlands Autobahnen kennt Anna Jost mittlerweile gut. Kein Wunder - als Trainee des Haushaltsgeräte-Herstellers Leifheit verbringt sie in diesem Monat mehr Zeit im Firmenwagen als in ihrem Büro in Nassau an der Lahn. Immer mit im Gepäck: Kataloge voller Mixer, Rührstäbe und Backformen, die sie ihren Kunden präsentiert. Vertrieb ist nur eine der Stationen, die die junge Betriebswirtin während ihres 18-monatigen TraineeProgramms durchläuft. Danach steht Export auf dem Plan. "Mir gefällt, dass ich mitkriege, was in den anderen Ressorts läuft und wie ein Unternehmen als Ganzes funktioniert" sagt die 26-Jährige.

Aufstiegsprogramm: Trainees gelten in vielen Unternehmen als Führungsnachwuchs. Die Auswahl ist oft entsprechend hart. (Foto: Foto: iStockphoto)

Anna Jost ist nicht die einzige, die diesen Weg in den Job gewählt hat. Vor allem Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure starten mit einem Trainee-Programm ins Berufsleben. Nach der Studie "Jobtrends 2005/06"' des Kölner Staufenbiel-Instituts für Studien- und Berufsplanung boten 51 Prozent der befragten Unternehmen Trainee-Programme für junge Ökonomen an, bei den Ingenieuren waren es sogar 63 Prozent. Zwischen drei und 18 Monaten arbeiten die Absolventen im Betrieb, betreut durch Mentoren und für die Praxis gepäppelt durch spezielle Seminare. Ihre Verträge sind zwar befristet, doch die meisten Firmen streben eine Übernahme der Trainees an.

Soweit die Theorie. Denn Trainee ist nicht gleich Trainee. Da der Begriff ungeschützt ist, werden auch Arbeitsverhältnisse, die einem etwas besser bezahlten Praktikum gleichen, als Trainee-Stelle ausgeschrieben. Damit es beim Arbeitsantritt nicht zur großen Enttäuschung kommt, rät Christiane Konegen-Grenier vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, genau zu prüfen, ob bestimmte Elemente im Vertrag festgeschrieben sind. "Wichtig ist, dass das Programm gut strukturiert ist, dass es Schulungen gibt und dass der Trainee einen festen Ansprechpartner hat", sagt die Autorin der Studie "Trainee-Programme - Berufsstart für Hochschulabsolventen".

Die Vorteile des Trainee-Programms gegenüber einem Direkteinstieg liegen, jedenfalls für Anna Jost, auf der Hand. "Ich habe die Chance, ganz unterschiedliche Abteilungen des Unternehmens kennenzulernen und nicht nur eine - so wie beim Direkteinstieg." Der Wechsel zwischen den Abteilungen ist allerdings keine zwingende Voraussetzung für eine Trainee-Stelle. "Wie die Programme ausgerichtet sind, hängt von der Branche und vom Kandidaten ab", sagt Konegen-Grenier. "Insgesamt waren die Programme früher standardisierter, heute sind die Unternehmen da flexibler."

So ist Wibke Muntinga während ihrer Zeit als Trainee in einer Wiesbadener Medienagentur die gesamten 15 Monate projektbezogen beschäftigt. "Ich habe nur einen Kunden, den ich betreue. Da kann ich mich intensiv einarbeiten", sagt die 25-Jährige. Damit Muntinga und die anderen 40 Trainees der Medienagentur die restlichen Standorte kennenlernen, fliegen sie auch mal für zwei Tage zu einem anderen Büro in Deutschland.

Manche Unternehmen machen Unterschiede bei der Trainee-Ausbildung. So bietet der Energiekonzern RWE neben dem Standard-Programm auch noch das "International Graduate Program" für die Eliteförderung an. "Bei diesem speziellen Trainee-Programm steht nur die erste Station von vorneherein fest, die nächsten Projekte suchen sich die Teilnehmer dann selber", sagt RWE-Sprecher Harald Fletcher. Bei der Entscheidungsfindung betreut sie ein externer Coach und ein interner Mentor. Das Spezialprogramm durchlaufen nur sechs bis zehn der 140 Trainees des Konzerns.

Auch Anna Jost und Wibke Muntinga haben während ihrer Zeit als Trainee einen speziellen Ansprechpartner. "Ich habe Glück mit meinem Mentor", sagt Muntinga, "wenn ich mal mit einem Projekt nicht weiterkomme, kann ich ihn immer fragen." Anna Jost trifft sich ebenfalls regelmäßig mit ihrem Vorgesetzten, alle drei Monate hat sie ein Feedback-Gespräch: "Dann spreche ich anstehende Probleme an, oder wir überlegen, wie meine nächsten Stationen aussehen." Über mangelndes Mitspracherecht kann sie nicht klagen. Da sie der erste und einzige Trainee von Leifheit ist, sei man bei der Gestaltung des Programms stark auf ihre Wünsche eingegangen, sagt sie.

Ein Praktikum nach dem Studienabschluss war ihre Eintrittskarte ins Trainee-Programm. Neben dem Praktikum nutzen Firmen noch andere Methoden, um ihre Trainee-Stellen zu besetzen, vor allem Assessment Center und Auswahlgespräche. Wie bei Wibke Muntinga, die ein Assessment Center absolvierte, das ihre Fähigkeiten als Medienmanagerin prüfte. "Zuerst mussten wir über ein Werbethema in der Gruppe diskutieren, dann eine Fallstudie lösen", sagt sie.

Nicht nur die Berufseinsteiger profitieren vom Trainee-Programm. "Auch die Chefs können die Bewerber noch mal unter die Lupe nehmen, bevor sie sich für einen längeren Zeitraum festlegen", sagt Konegen-Grenier. "Außerdem kann das Unternehmen schauen, wo es den Kandidaten später am besten unterbringt."

Manche Firmen setzen Trainees allerdings auch als billige Arbeitskräfte ein. Denn bisher gibt es keine Vorgaben für deren Gehälter. So bekommt Muntinga nur ein besseres Praktikantengehalt von 1000 Euro im Monat. "Das ist schon blöd, wenn man lange studiert hat und dann erst mal 15 Monate so wenig verdient. Aber wenn ich später übernommen werde, lohnt es sich auf jeden Fall."

Wie holprig der Berufseinstieg bei jungen Akademikern verläuft, zeigt die kürzlich veröffentlichte Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Demnach absolvieren 37 Prozent der Hochschulabgänger erst mal ein Praktikum statt eine reguläre Berufstätigkeit aufzunehmen. Dabei verdienen sie im Schnitt 600 Euro im Monat.

Da haben es Trainees meist besser: Nach einer Studie der Universität Bern über "Trainee-Programme in Deutschland nach dem Wirtschaftsstudium" aus dem Jahr 2001 verdient ein Trainee in 71 Prozent der Unternehmen zwischen 33.000 und 41.000 Euro im Jahr. "Das Gehalt ist abhängig von der Qualifikation des Bewerbers und individuell verhandelbar", sagt Fletcher. "Eine Trainee-Stelle muss nicht unbedingt schlechter bezahlt sein als der Direkteinstieg", erklärt Konegen-Grenier, "die Unternehmen wollen über die Programme die besten Leute anziehen - und die muss man ordentlich bezahlen."

Wie es nach der Trainee-Zeit weitergeht, wissen jedoch weder Anna Jost noch Wibke Muntinga. Eine Übernahmegarantie haben sie nicht. "Aber in der Regel werden die Trainees bei uns fest eingestellt", sagt Muntinga, "schließlich investiert das Unternehmen in uns."

© SZ vom 17.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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