Berufsbild:Tüftler aus Prinzip

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Nico Kletzke bei der Arbeit. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Wer als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik arbeitet, hat heute viel mit Umweltschutz zu tun.

Von Maurice Wojach/dpa

Als Nico Kletzke zum Schweißgerät greift, schaut ihm sein Vater Michael über die Schulter und dreht noch einmal am Regler. Der 18-jährige Nico hält die Flamme an einen Draht. Er schweißt zwei Metallteile zusammen und nennt das Ergebnis "Flansch". Auf die Frage, was das Teil kann, sagen die beiden: "Es flanscht." Das bedeutet: Es verbindet zwei Abschnitte eines Rohres miteinander, lässt sich aber jederzeit wieder lösen. Die Handgriffe eines Anlagenmechanikers Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sind eine Wissenschaft für sich.

Vom Geschick des Azubis und seines Vaters hängt der Komfort in einem großen Berliner Mietshaus ab. Die beiden stehen im Keller und messen aus, wo Ventile in die Rohre passen, und bereiten den Einbau vor. Ihr Einsatz soll das Gebäude zukunftsfähig machen. Gäbe es im Vorder-, Hinter- oder Seitenhaus ein Leck in den Wasserrohren, wären die Leitungen betroffen. Die Techniker müssten alle Rohre vom Wasser befreien. Für sie eine große Schufterei, für die Bewohner ein Ärgernis, denn sie könnten während dieser Zeit nicht mehr heizen.

Seine Leidenschaft für technische Tüfteleien entdeckte Nico Kletzke bei einem 14-tägigen Praktikum. "Er ist mit dem Kundendienst viel herumgefahren und war auf Baustellen", erzählt Michael Kletzke, der den alten Berufstitel Gas- und Wasserinstallateur trägt. Der Junior darf sich nach dreieinhalb Ausbildungsjahren als Anlagenmechaniker Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik bezeichnen. So heißt der Beruf seit 2003. Das Aufgabenfeld des Zentralheizungs- und Lüftungsbauers ist mit eingeflossen. Die Lehrlinge lernen vier Einsatzgebiete kennen, in einem Bereich spezialisieren sie sich: Zur Auswahl stehen Sanitärtechnik, Heizungstechnik, Lüftungs- und Klimatechnik und Umwelttechnik und erneuerbare Energien. Nico Kletzkes Job hat Zukunft. Sein Betrieb, die Berliner Firma Kempinger, erstellt und installiert zum Beispiel Solaranlagen und berät Kunden dabei, wie sie beim Heizen Energie einsparen.

Wenn der Hauptschulabsolvent die Ausbildung abschließt und später seinen Meister macht, hat er gute Chancen aufzusteigen. Noch aber quält er sich mit der Theorie. "Die Berufsschule ist anstrengend", sagt Kletzke. "Wir beschäftigen uns zum Beispiel eine Woche lang mit Wärmeverlust und müssen sofort einen Test darüber schreiben."

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sucht junge Menschen, die es anspornt, den Fehler in komplexen Anlagen zu finden. "Auch Frauen sind herzlich willkommen, leider sind es noch viel zu wenige", sagt Christoph Theelen, Referent für Berufsbildung beim ZVSHK. Schließlich müssten Anlagenmechaniker keine Kraft, sondern Köpfchen haben. Erst recht dann, wenn die Mitarbeiter neben den üblichen Wartungsarbeiten neue Rohrsysteme erstellen und einbauen. "Im nackten Rohbau ist ein Gebäude wie ein Mensch ohne Adern, es ist eine leblose Einheit", sagt Theelen. Die Kletzkes und andere Fachleute fertigen und verlegen in den Neubauten Rohre, durch die Wasser und Luft fließen. Dazu kommen solche, die das verunreinigte Wasser abführen.

Nico Kletzke will sich auf Heizungstechnik spezialisieren, er strebt den Meisterbrief an. Eine Entscheidung, die Theelen empfiehlt: "Als Meister hat man alle Chancen." Wer mutig ist, könne sich selbständig machen. Vor allem Fachbetriebe für moderne Wärmetechnik seien gefragt. Als Azubi fängt man klein an. Bei Bezahlung nach Tarif schwankt die Vergütung zu Beginn der Ausbildung zwischen 420 und 650 Euro, je nachdem in welchem Bundesland man arbeitet. Im letzten Jahr können es zwischen 600 Euro und 850 Euro sein, aber auch deutlich weniger.

Doch was bringen mögliche Gehälter, wenn keine Jobs in Sicht sind? Im Winter herrscht auf den Baustellen Flaute, im Sommer Hochbetrieb - so kennt man das von vielen Handwerkern. Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik aber seien von solchen Schwankungen weitgehend unabhängig, sagt Aneta Schikora, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Nahezu überall in Deutschland mangele es das ganze Jahr über an Fachkräften. Die Firmen müssten sich im Schnitt etwa vier Monate gedulden, bis sie einen geeigneten Bewerber für einen Job finden oder ihr Gesuch zurückziehen.

Damit Schüler den Berufsalltag kennenlernen, empfiehlt Schikora, in Betrieben ein Praktikum zu machen. Wer sich für die Ausbildung entscheidet, sollte handwerkliches Geschick und Ausdauer mitbringen. Jugendliche müssen bei kniffligen Aufgaben dranbleiben und eine Lösung finden.

Nico Kletzke hätte sich ohne Praktikum wohl nicht für den Job entschieden. Dann aber lief alles ganz schnell: "Auf meiner ersten Baustelle ging es von null auf hundert: Man musste Heizstationen einbauen, Rohre verlegen, sich um die Fußbodenheizung kümmern - da war alles dabei."

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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