Bafög:Halb geschenkt

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Jeder vierte Studierende erhält Bafög. Experten gehen davon aus, dass weit mehr Anspruch auf die Ausbildungsförderung hätten.

Michael Detering

Das Studentenleben ist nicht billig. Teure Bücher sind nötig, und auch kleine Ausgaben für Stifte, Blöcke und Kopien läppern sich schnell zusammen. Vor allem aber müssen die ganz normalen Lebenshaltungskosten für Miete, Essen und Strom irgendwie bestritten werden.

Wer sich im Studium richtig reinhängt und keine Zeit mit einen Nebenjob verlieren will, ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Damit nicht nur die Kinder reicher Eltern studieren können, gibt es das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz "Bafög".

Gestartet 1971 als 100-prozentiger Zuschuss, wurde die staatliche Förderung immer wieder reformiert. Zwischenzeitlich war das Bafög nichts anderes mehr als ein günstiges Darlehen und musste komplett zurückgezahlt werden. Seit 1990 gibt es nun die Hälfte des Bafög-Geldes geschenkt, die andere Hälfte wird als zinsloses Darlehen nach dem Studium abgestottert.

Im Schnitt gibt es 371 Euro

Bafög gibt es nur für Studenten, die selber kaum Einkommen und Vermögen haben und deren Eltern das Studium nicht finanzieren können. Bei der letzten Gesetzesreform 2001 wurden die so genannten Freibeträge für das Elterneinkommen allerdings angehoben. Seitdem können mehr Studenten Förderung beziehen - und tun dies auch. Dem Deutschen Studentenwerk zufolge haben Studierende, deren Eltern im Jahr weniger als 32.000 Euro netto verdienen, gute Chancen auf staatliche Unterstützung.

2004 erhielt jeder vierte Student Bafög. Durchschnittlich gab es 371 Euro pro Monat, immerhin zwei von fünf Empfängern erhielten sogar den Höchstsatz. Dieser liegt bei 377 bis 585 Euro, je nachdem, ob eine eigene Wohnung und Versicherungsleistungen selber bezahlt werden.

Hier zeigt sich schon, wie kompliziert die derzeitigen Bafög-Regelungen sind. Um jeden einzelnen Studenten möglichst gerecht zu behandeln, haben sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Details in das Gesetzeswerk eingeschlichen. Für den Laien ist es kaum noch möglich, alle Leitlinien zu durchschauen.

Auch den zuständigen Ämtern scheint es nicht leicht zu fallen, bei jedem Studenten individuell die Ansprüche zu prüfen. Die Antragsbearbeitung dauert oft lange, zumindest wenn man den Schreibern in einschlägigen Internetforen wie bei www.studis-online.de Glauben schenken darf. So berichtet jemand mit dem Pseudonym "BlackHawk", dass er Mitte September die letzten Unterlagen für seinen Bafög-Antrag versendet hat. Auf die Frage, ob er wohl schon im Oktober Geld bekommt, antwortet "Mango": "Gegenfrage: Glaubst du an den Weihnachtsmann?"

Seine Behauptung, wonach sich die Antragsbearbeitung bis zu acht Monate hinziehen könnte, dürfte jedoch ein Gerücht sein. Das Studentenwerk München beispielsweise braucht im Schnitt zwei Monate, wie Sprecherin Anke van Kempen erklärt. "Wenn allerdings Unterlagen fehlen und nachgefordert werden müssen, dann kann es schon lange dauern." Daher sollten Studierende die Antragsformulare unbedingt genau durchlesen und alle benötigten Unterlagen gebündelt abgeben.

Die Zukunft ist ungewiss

Studentenvertreter machen sich indes Sorgen, ob es in Zukunft überhaupt noch Bafög geben wird. Unter CDU-Politikern kursierte zeitweise die Idee, das Bafög wieder in ein Volldarlehen umzuwandeln, sodass Studenten den kompletten Förderbetrag später zurückzahlen müssten. Allerdings hat sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel explizit dagegen ausgesprochen.

Das Informationsportal studis-online.de rät Studienanfängern, sich durch solche Diskussionen nicht verunsichern zu lassen: "Niemand sollte sich wegen solcher Meldungen vom Studium abhalten lassen, denn einige Jahre wird das Bafög sicher noch erhalten bleiben."

Allerdings hat die Kontroverse noch an Brisanz zugenommen, seitdem viele unionsgeführte Bundesländer die Einführung von Studiengebühren angekündigt haben. Die Eckpunkte-Papiere der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sehen keine Ausnahmeregelungen für Bafög-Empfänger vor. Genau das fordert allerdings der Präsident des Deutschen Studentenwerkes, Professor Hans Dieter-Rinkens: "Es macht keinen Sinn, wenn der Staat jemanden mit der einen Hand Geld gibt, damit er studieren kann, und mit der anderen Hand das Geld wieder abnimmt, wenn er studiert."

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