Arbeitstechniken:Betretene Stille statt sprudelnder Ideen

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Damit alle Teilnehmer zu Wort kommen, notieren sie ihre Ideen im Stillen auf Karteikarten. Dann trägt jeder die Ideen eines anderen vor. (Foto: dpa)

Brainstorming ist simpel und soll helfen, wenn das Team nicht weiter weiß. Warum funktioniert die Methode dann so oft nicht?

Keine komplizierten Techniken und keinerlei Zubehör: Brainstorming ist beliebt, weil es so einfach umzusetzen ist. Das gesamte Team kommt an einen Tisch, ein Moderator nennt Stichworte oder stellt Fragen und alle sagen spontan, was ihnen dazu einfällt. Das klingt einfach, doch nicht selten holpert es bei der Umsetzung. Stimmt das Umfeld oder die Stimmung zwischen den Teilnehmern nicht, fällt das kreative Denken schwer.

Spielregeln aufstellen. Die Ideen sprudeln lassen, kreativ sein und offen sprechen - das kann nur funktionieren, wenn sich Teilnehmer wohlfühlen und gegenseitig mit Respekt behandeln. "Es muss klar sein, dass jede Idee willkommen ist", sagt Businesscoach Janne Klöpper aus Hannover. Bei Gruppen mit sehr starken Hierarchien kann es daher sinnvoll sein, zunächst Spielregeln aufzustellen. Die Wichtigste: jeden ausreden lassen und den anderen zuhören. Oft sind Arbeitnehmer in Gedanken schon beim nächsten Stichwort der Brainstorming-Runde. Um Kritik, ablehnende Gesten oder Lacher zu vermeiden, hilft die grundsätzliche Absprache, dass Mitarbeiter vorgetragene Ideen nicht bewerten dürfen.

Aufwärmen. Der eine hatte ein stressiges Telefonat, der andere kommt gehetzt von einem Kundentermin: Damit Kollegen vom Arbeitsalltag abschalten und den Kopf freihaben, empfiehlt Kreativ-Coach Petra Hennrich aus Wien ein Warm-up. Der Start ins kreative Denken gelingt zum Beispiel mit einer Variation des Klassikers Stadt-Land-Fluss. "Setzen Sie statt Länder, Städte und Flüsse zum Thema passende Kategorien und spielen Sie ein paar Runden", rät Hennrich. Dieser lockere Zugang beseitigt Stress und Anspannung und setzt den kreativen Prozess im Kopf in Gang. Hilfreich zum Ankommen sei auch, die erste Brainstorming-Runde im Stehen zu machen.

Hemmschwellen senken. Nicht immer herrscht in Gruppen eine vertrauensvolle Atmosphäre. Wenn die Teilnehmer sich nicht kennen oder der Vorgesetzte mit in der Runde sitzt, besteht das Risiko, dass manche Ideen aus Zurückhaltung nicht vorgetragen werden. Bei Teams mit Vorbehalten empfiehlt Kommunikationscoach Frauke Nees, dass Mitarbeiter ihre Ideen zunächst im Stillen aufschreiben. Das kann auch helfen, wenn Mitarbeiter sehr introvertiert sind. Dafür bekommt jeder ein paar Minuten Zeit. Danach können die Notizen eingesammelt und neu verteilt werden. Jeder trägt nun die Ideen eines anderen vor. Oder man bildet Zweier-Teams und lässt die Teilnehmer ihre Ideen erst einmal im Kleinen vortragen. Einmal ausgesprochen, fällt es häufig leichter, auch außergewöhnliche Ideen vor dem ganzen Plenum zu präsentieren.

Pausen machen. Leerlauf, Kopfblockade, Nullrunde - wenn die Ideen ins Stocken geraten, rät Hennrich zu 10 bis 15 Minuten Pause. "Die besten Einfälle kommen meist erst in einer zweiten Brainstorming-Welle." In den Pausen sei Bewegung wichtig. "Stellen Sie Getränke und Essen in einen anderen Raum oder schicken Sie die Teilnehmer auf einen kleinen Spaziergang, etwa, um etwas zu holen." Bewegt sich der Körper, kommen häufig auch die Gedanken in Bewegung.

Den Prozess leiten. "So, dann macht mal" - nach dieser Devise kommt der kreative Prozess nicht in Gang. In der Regel brauchen Gruppen einen Moderator, der den Prozess am Laufen hält. Die Aufgaben des Leiters? Die Gruppe lenken, wortstarke Teilnehmer etwas zurücknehmen und die Introvertierteren ermutigen, erläutert Klöpper. Ganz wichtig dabei: Störungen erkennen. Das gilt etwa, wenn Vorschläge abgewertet oder kritisiert werden. Hier ist es Aufgabe des Moderators, gezielt nachzufragen, was los ist. "Oft kann man die Angelegenheit direkt klären." Möglicherweise steckt nur ein Missverständnis dahinter, wenn eine Gruppe über einen Vorschlag lacht.

Ehrgeiz wecken. Der eine gähnt, der andere schaut aus dem Fenster. Im Hintergrund tickt leise die Uhr. Kreativer Schwung? Fehlanzeige. Um das Team in Gang zu bringen, empfiehlt Klöpper, für die Ideenfindung eine begrenzte Zeit vorzugeben. "Die darf ruhig knapp sein, am besten erst mal nur fünf Minuten." Unter Zeitdruck sprudeln die Ideen oft besser, die Teilnehmer sind offener und mutiger. Ein guter Ansporn ist auch ein Brainstorming-Duell. "Dafür bildet man zwei Gruppen und lässt diese getrennt voneinander Ideen sammeln - das weckt den sportlichen Ehrgeiz." Hinterher werden die Vorschläge verglichen.

© SZ vom 09.05.2015 / Lev/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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