Atemtest:Stress in der Puste

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Forscher arbeiten an einer stressfreien Stressmessung: Moleküle im Atem sollen zeigen, ob Menschen unter Druck stehen.

Was tut man nicht alles im Dienst der Wissenschaft. 22 freiwillige Probanden haben sich an der britischen Loughborough Universität Atemmasken aufsetzen lassen. Über mehrere Schläuche wurde dann purifizierte Atemluft zugeführt und gleichzeitig die ausgeatmeten Gase sorgfältig gesammelt. Die Forscher um den Chemiker Paul Thomas wollten herausfinden, ob man am Atem eines Menschen erkennen kann, wie gestresst er ist.

Wohlgemerkt, dabei ging es nicht um die Atemfrequenz oder den Herzschlag, sondern um die Chemie der ausgeatmeten Luft. Und tatsächlich: Sechs Substanzen - in der Medizin Marker genannt - meinen die Forscher gefunden zu haben, die künftig in Schnelltests als Stress-Indikator dienen könnten ( Journal of Breath Research, online).

Die Probanden, zehn Männer und zwölf Frauen, wurden für den Versuch in zwei Gruppen aufgeteilt. Die einen durften sich gemütlich auf einem Sofa niederlassen und entspannende Musik hören. Die anderen mussten unter Zeitdruck per Kopfhörer vorgetragene Zahlenrätsel lösen - in der Psychologie ein Standardverfahren, um künstlich Stress zu erzeugen. Währenddessen wurden die molekularen Bestandteile der Atemluft sämtlicher Probanden mit Gaschromatografen analysiert. Im Atem der gestressten Testpersonen fanden sich einige Substanzen, die bei entspannten Probanden kaum vorkamen. Vor allem 2-Methyl-Pentadecan (C16H34) sowie Indol reichern sich offenbar im Atem gestresster Menschen an. Auch fanden sich organische Moleküle, die unter Stress offenbar reduziert werden, womöglich eine Folge erhöhter Atemfrequenz.

Die möglichen Anwendungen für eine stressfreie Stressmessung sind vielfältig. Astronauten könnten untersucht werden sowie Alzheimer- und Komapatienten, die ihr Befinden selbst nicht mehr mitteilen können. "Wenn wir Stress mit einer nicht-invasiven Methode messen können, dürften Patienten und verletzliche Menschen in Langzeitbehandlung davon profitieren", meint Studienleiter Paul Thomas.

Dabei weist er allerdings selbst auf die kleine Probandenzahl seiner Studie hin. Um ein kliniktauglichen Test zu entwickeln, brauche es größere Studien mit Probanden verschiedener Altersgruppen. Auch müssten ethische Fragen geklärt werden: Darf man Probanden künstlich stressen?

© SZ vom 28.02.2013/pai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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