Zoff zwischen Moskau und Kiew:EU fürchtet Gaskollaps

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Experten der EU warnen vor einem Infarkt der ukrainischen Gas-Pipelines, denn der russische Lieferstopp könnte die Leitungen beschädigen. Europa wäre teilweise vom russischen Gas abgekoppelt.

Die EU-Kommission fürchtet einem Zeitungsbericht zufolge den Zusammenbruch der Gasleitungen in der Ukraine.

Gasverdichtungsstation Bojarka in der Ukraine: Bei Auskühlung drohen Schäden. (Foto: Foto: AFP)

Die Gasexperten in der Brüsseler Behörde hielten einen ernsten technischen Kollaps des Systems als Folge des russischen Gaslieferstopps für eine reale Gefahr, berichtet die Financial Times Deutschland vorab aus ihrer Donnerstagausgabe.

Ein solcher Zusammenbruch würde nach Überzeugung der Kommission zu ernsten Notlagen in den meisten osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten führen. Das Ausmaß der Krise gilt als bislang beispiellos.

Die dramatische Einschätzung zeige, dass das Gefahrenpotential des russisch-ukrainischen Gas-Streits größer sei, als die Kommission und die Regierungen öffentlich einräumten.

Wichtiger Transitstaat

Der Staatsmonopolist Gazprom liefert aufgrund eines Schulden- und Preisstreits mit der Ukraine kein Gas mehr an das Nachbarland. Davon sind auch viele EU-Staaten massiv betroffen, da rund 80 Prozent des russischen Gases für die Gemeinschaft durch die Ukraine fließen.

Ein Zusammenbruch des Gasliefersystems in diesem wichtigsten Transitstaat würde die Energieversorgungssicherheit Europas grundsätzlich infrage stellen.

Energieexperten fürchteten, dass die Lieferausfälle selbst dann erst in etwa einer Woche enden können, wenn Russland heute wieder Gas in die ukrainischen Pipelines pumpe.

Probleme könnten bei den Verdichtungsstationen entstehen, die den zum Gastransport notwendigen Druck aufbauen. Um die Turbinen dieser Stationen betriebsbereit zu halten, müssten diese vorgewärmt werden.

Das dafür oft eingesetzte Erdgas fehle jetzt. Nach einem Wiedereinsetzen der Gasversorgung müssten die abgekühlten Anlagen langsam wieder auf Temperatur gebracht werden, um Schäden zu vermeiden. Allerdings könnte das marode ukrainische Pipelinenetz durch den Lieferstopp auch größere Schäden erlitten haben.

Unterdessen gab es erste Bemühungen, den Gas-Streit beizulegen. Erstmals seit dem Stopp der Gaslieferungen an die Ukraine trafen sich die Chefs des russischen Energiekonzerns Gazprom und des ukrainischen Versorgers Naftogaz zu Gesprächen.

EU vermittelt

Gazprom-Chef Alexei Miller und Naftogaz-Chef Oleg Dubina hätten in der Nacht zu Donnerstag in Moskau über Wege aus dem Gas-Streit beraten, sagte ein Sprecher des russischen Energiekonzerns nach Angaben mehrerer russischer Nachrichtenagenturen.

Dubina und Miller waren sich zuletzt am 31. Dezember begegnet, hatten im Streit um unbezahlte Rechnungen und den Preis für russisches Gas aber keine Einigung erzielt. Russland drehte deshalb am Folgetag den Gashahn für den ukrainischen Markt zu. Am Mittwoch kappte Gazprom sämtliche Leitungen über die Ukraine nach Europa. Auf der Suche nach einer Lösung im Gasstreit will Miller am Donnerstag Naftogaz-Vizechef Igor Didenko in Brüssel treffen. An den Gesprächen sollen auch Vertreter der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments teilnehmen.

Thema ist die Stationierung unabhängiger Beobachter an der russisch-ukrainischen Grenze - Moskaus Bedingung für eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen über die Ukraine nach Europa.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/pak/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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