Unerlaubte Telefonwerbung:Bei Anruf Nerverei

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Eigentlich ist sie verboten, dennoch häufen sich bei den Verbraucherzentralen Beschwerden über unerwünschte Werbeanrufe. Nun führt die Bundesnetzagentur deswegen erstmals eine Razzia durch. Betrüger haben aber immer noch leichtes Spiel.

Von Daniela Kuhr, Berlin

Die Bundesnetzagentur macht Ernst im Kampf gegen unseriöse Geschäftspraktiken: Am Mittwoch ging die Behörde erstmals mit einer Razzia gegen unerlaubte Telefonwerbung vor. 14 Mitarbeiter hätten gemeinsam mit der Polizei mehrere Wohn- und Geschäftsräume durchsucht sowie Unterlagen beschlagnahmt, teilte die Bundesnetzagentur mit. Hintergrund war, dass sich eine "Vielzahl von Verbrauchern" bei der Behörde gemeldet und darüber beschwert hatte, gegen ihren Willen zu Werbezwecken angerufen worden zu sein.

Recherchen der Netzagentur ergaben, dass die im Display angezeigte Rufnummer in Wahrheit nicht zugeteilt worden war. Technisch ist das gar kein Problem mehr. Vor allem bei Telefonaten über das Internet ist es leicht möglich, die angezeigte Nummer zu ändern. Doch "dank der ausführlichen Schilderungen der Verbraucher über die belästigenden Werbeanrufe konnte trotz vorgetäuschter Rufnummer ein in Nordrhein-Westfalen ansässiges Unternehmen als möglicher Verursacher ermittelt werden", sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Unerlaubte Telefonwerbung ist zwar verboten, doch sie sei nach wie vor "ein Dauerbrenner", sagt Carolin Semmler, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Immer wieder klagten Verbraucher über solche Anrufe. Erst recht, wenn danach behauptet wird, bei dem Telefonat sei ein Vertrag geschlossen worden. "Ging es früher meist um Gewinnspiele, haben sich Anbieter jetzt neue Maschen einfallen lassen", sagt Semmler. Der neueste Dreh sei, dass der Anrufer behaupte, er sei von einer Verbraucherschutzorganisation und habe eine Telefonbox, die vor unerbetener Telefonwerbung schütze. "Die kostet dann leicht 200 Euro", sagt Semmler. Das Problem sei, dass solche Verträge bislang wirksam seien.

Maximales Bußgeld versechsfacht

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte bereits einiges auf den Weg gebracht, um unerbetene Telefonwerbung zu bekämpfen - doch offenbar nicht genug . Auf Betreiben von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) war das maximale Bußgeld, das die Bundesnetzagentur in solchen Fällen verhängen darf, von 50.000 Euro auf 300.000 Euro versechsfacht worden. Zudem sind am Telefon geschlossene Gewinnspiel-Verträge seit Inkrafttreten des Gesetzes am 8. Oktober erst dann wirksam, wenn sie schriftlich bestätigt werden.

Verbraucherschützer hatten allerdings schon während des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert, dass die Begrenzung auf Gewinnspielverträge zu eng sei. Zu Recht, wie sich mittlerweile zeigt. SPD und Union haben sich daher bei den Koalitionsgesprächen bereits darauf verständigt, die Begrenzung aufzuheben. Künftig sollen alle telefonisch geschlossenen Verträge, die auf einen unerlaubten Werbeanruf zurückgehen, erst dann wirksam werden, wenn sie schriftlich bestätigt sind.

Semmler ist skeptisch. "Das glaube ich erst, wenn es in Gesetzesform gegossen ist." Zudem hat sie die Sorge, dass die Anrufer sich dann eben wieder etwas neues einfallen lassen. "Zum Beispiel zu behaupten, es handle sich ja gar nicht um unerlaubte Telefonwerbung, der Verbraucher habe ja eingewilligt, dass man ihn anrufen dürfe."

Das ist schon häufiger vorgekommen. "Die Unternehmen sagen dann etwa, der Betreffende habe vor kurzem an einem Gewinnspiel teilgenommen. Dabei sei er auch gefragt worden, ob man ihn zu Werbezwecken anrufen dürfe. Und das habe er bejaht. Sie hat selbst schon erlebt, wie jemand vor Gericht plötzlich eine Karte vorlegte, auf der der Verbraucher angeblich eingewilligt hatte. "Das ist dann im Zweifelsfall eine ganz schwierige Beweisfrage", sagt Semmler.

© SZ vom 22.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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