Überweisung per SMS:Bezahl mich!

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Banken setzen auf mobile Bezahlsysteme.

(Foto: dpa)

Geldgeschäfte unter Bekannten sollen einfacher werden. Mit dem neuen System Paym können Menschen in Großbritannien per Handy überweisen. Dazu reicht die Mobilnummer. Die Banker sind ganz aufgeregt.

Von Lillian Siewert

Der Kollege hat den ganzen Abend das Bier gezahlt? Viele Briten müssen sich künftig nicht mehr merken, wie viel sie wem im Büro am nächsten Tag schulden. 30 Millionen Bankkunden in Großbritannien können ab diesem Dienstag über das System Paym Geldbeträge an Privatpersonen per Mobiltelefon überweisen - ohne jedesmal die eigenen Zugangsdaten der Bankverbindung rauszusuchen. Lediglich eine Mobilnummer benötigen sie für den bargeldlosen Transfer.

Hinter dem Service steht ein Zusammenschluss von aktuell neun britischen Banken und Bausparkassen - darunter die Großbanken HSBC, Barclays und Lloyds Banking Group. Eine Reihe weiterer Finanzinstitute will der Initiative noch in diesem Jahr beitreten, darunter die Ulster Bank und Royal Bank of Scotland. Zuletzt bestätigte die Nationwide Building Society, mit 13 Millionen Kunden die größte Bausparkasse Großbritanniens, dass sie im Jahr 2015 beitreten werde. 350 000 Menschen haben sich seit dem Start der Registrierungsphase Anfang April bereits angemeldet, erklärte ein Sprecher des britischen Zahlungsverkehrsausschusses Payment Council.

Die Überweisungen sind sicher, heißt es bei den Banken

Die Branche ist ganz aufgeregt. "Paym wird eine große Rolle bei der Verbreitung von mobilen Zahlungssystemen spielen", sagte Adrian Kamellard, Vorsitzender des Zahlungsverkehrsausschusses, der Financial Times.

Doch ist der neue Service wirklich sicher? Was ist mit Hackern, die in das Handy eindringen? Die Banken betonen, dass Paym in die bestehenden Smartphone-Programme integriert wird und damit die gleichen Sicherheitsstandards biete. "Die Zahlungen unterliegen den gleichen Sicherheitsprüfungen und dem Rechtsschutz wie in allen anderen mobilen Online-Dienstleistungen", sagte Kamellard.

Barclays hatte bereits eine Vorgängerversion namens Pingit in Betrieb und verweist auf ihre guten Erfahrungen. Die Überweisungen seien durch eine Passphrase geschützt, die nur der Kunde kenne. "Die Passwörter werden nicht auf dem Handy gespeichert", so die Bank. Kunden sollten ihre Zugangsdaten nicht aufschreiben und mit sich herumtragen, rät das Geldhaus. Mit dem mobilen Update ist es nach Angaben der Initiative erstmals möglich, jedes Konto der teilnehmenden Banken in Großbritannien mit einer Handynummer zu verknüpfen. Nach Recherche der FT lag die größte Hürde für die Einführung mobiler Zahlungssysteme darin, diese in bestehende IT-Systeme der Banken zu integrieren.

Neben dem klassischen Online-Banking bieten bereits viele britische Banken den Geldtransfer über das Smartphone an. Über die gemeinsame Plattform können nun auch Kunden verschiedener Banken untereinander Geld überweisen.

In Deutschland gibt es bislang kein vergleichbares Vorhaben

Das Online-Bezahlsystem Paypal bot 2008 als erster Anbieter eine "Geld senden"-App, die es seinen Kunden erlaubt, Überweisungen über mobile Textnachrichten zu tätigen. Der Dienst steht damit weltweit 143 Millionen Paypal-Kunden zur Verfügung und ist nach Angaben von Paypal besonders in Großbritannien beliebt. Beobachter trauen mobilem Bezahlen auf der ganzen Welt großes Wachstum zu. In China ist etwa "Wechat" bereits sehr erfolgreich. Das Smartphone-Programm startete als SMS-Ersatz, ähnlich wie Whatsapp in Deutschland. Mittlerweile können Wechat-Nutzer mit ihrem Konto viele Dinge bezahlen bis hin zu Snacks aus dem Automaten in der U-Bahn-Station. Analysten erwarten einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Dollar für Wechat in diesem Bereich.

Und nun kommt also Paym.

Dieses Zahlungsystem können die Kunden nicht zum Einkaufen nutzen, der Service konzentriert sich auf kleine Geldgeschäfte unter Bekannten. Die Handhabung sist recht leicht. Um die Funktion von Paym nutzen zu können, müssen Kunden der teilnehmenden Banken lediglich ihre Mobilnummer ihrem bisherigen Online-Bankkonto hinzufügen. Die Telefonnummer des Empfängers kann man direkt aus seinem Adressbuch oder aber manuell angeben. Anders als der Sender des Geldes benötigt der Empfänger für den Transfer nicht unbedingt ein Smartphone - ein einfaches Handy reicht. Nach einer letzten Bestätigung des Empfängers ist der Überweisungsvorgang abgeschlossen. Die Höhe der maximalen Geldbeträge werden von den Banken festgelegt - geeinigt haben sich alle Geldhäuser auf ein Limit von 250 Pfund, rund 300 Euro.

In Deutschland gibt es aus Sicht des Bundesverbandes deutscher Banken bislang keine vergleichbaren Überlegungen. "Im Fokus der deutschen Kreditwirtschaft steht das mobile Bezahlen an der Ladenkasse", erklärt Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Das funktioniert über sogenannte NFC-Chips. NFC ist ein neuer Funkstandard, mit dem sich Daten über kurze Daten übertragen lassen. Die Handys müssen vor die Kasse gehalten werden, dann wird direkt abgebucht. Theoretisch denkbar ist es mit der Technik auch, Handys aneinanderzuhalten - und so seine Bierschulden zurückzuzahlen.

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