Steuerfahndung:Sondereinheit gegen Steuerhinterzieher

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Eine Plastiktüte voller Kontodaten: Das Rostocker Material weist Lücken auf, dennoch lässt sich eine Menge damit anfangen: Eine Sonderkommission aus 30 Steuerfahndern aus Ost- und Westdeutschland durchleuchtet die brisanten Unterlagen aus der Liechtensteiner Landesbank (LLB).

Hans Leyendecker

Steuerfahnder aus den neuen Bundesländern und aus Westdeutschland werden gemeinsam den neuen Skandal um Steuerhinterziehung über Konten in Liechtenstein aufarbeiten. Die gemeinsame Sonderkommission wird dreißig Beamte umfassen. Mit ersten Ergebnissen rechnet die zuständige Rostocker Staatsanwaltschaft in vier Wochen.

Die neuen Unterlagen betreffen knapp 2000 Bundesbürger - und lösten einen zweiten Liechtenstein-Skandal aus. (Foto: Foto: ddp)

Unterlagen über Kunden übergeben

Am Freitag waren in Rostock bei einem Prozess gegen drei mutmaßliche Erpresser von einer Anwältin des Hauptangeklagten Unterlagen über Kunden der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) übergeben worden. Die Strafverfolger gehen davon aus, dass die Unterlagen echt sind. Es handelt sich um Konten deutscher Kunden der Vaduzer Bank aus dem Zeitraum 1999 bis 2003. Auf den Konten waren Beträge zwischen 200.000 Euro und 5,5 Millionen Euro deponiert. Die Summe aller Kontostände liegt im Milliardenbereich.

Die Strafverfolgungsbehörde geht davon aus, wie der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann erklärte, dass die Kunden der Bank "in der Regel die Einkünfte nicht erklärt haben". In diesen Fällen würden, wenn keine Verjährung vorliege, Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung eingeleitet. Über die Zahl der Kunden gehen die Angaben auseinander.

Kooperation mit den LGT-Fahndern

Nach einer ersten Sichtung sprechen die Rostocker davon, dass es sich um mehr als 1800 deutsche Kunden der Bank handeln könne. Aus Schweizer Unterlagen hingegen geht hervor, dass es eventuell 1300 deutsche Kunden sind. Ein Großteil der mutmaßlichen Steuerhinterzieher stammt aus Süddeutschland.

In dem neuen Liechtenstein-Fall wollen die zuständigen Steuerfahnder des Finanzamtes Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern vor allem mit Spezialisten der Wuppertaler Steuerfahndung kooperieren.

Die Wuppertaler Steuerfahndung leitet seit Sommer 2007 auf Seiten des Fiskus das Großverfahren gegen etwa 800 Kunden der liechtensteinischen LGT-Bank. Darunter ist auch der ehemalige Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, in dessen Haus die Ermittler im Februar eine Razzia veranstalteten. Zumwinkel muss damit rechnen, von der Bochumer Staatsanwaltschaft angeklagt zu werden.

Die Wuppertaler haben in den vergangenen Jahren reichlich Erfahrungen mit Liechtenstein-Verfahren gesammelt. Sie hatten deshalb im vorigen Jahr vom Bundesnachrichtendienst die vier DVDs erhalten, die der Dienst für 4,6 Millionen Euro von einem Anbieter aus Liechtenstein erworben hatte.

Liechtenstein geht es um Zeitgewinn

Das Rostocker Material ist nicht so vollständig wie das aus Liechtenstein. "Es lässt sich aber gleichwohl damit eine Menge anfangen", sagte ein Ermittler. Erste Aufgabe der Steuerfahnder wird es sein, die Finanzämter der LLB-Kunden ausfindig zu machen. Dann will die Rostocker Staatsanwaltschaft die Fälle abgeben.

Keiner der LLB-Kunden stammt aus Mecklenburg-Vorpommern, deshalb wird die Rostocker Staatsanwaltschaft sich vorwiegend darum kümmern, die Fälle zu verteilen.

Aus Kreisen der Bundesregierung verlautete zu dem neuen Fall, die Kooperationsbereitschaft der liechtensteinischen Behörden sei, allen Zusagen zum Trotz, ebenso unbefriedigend wie bei der Affäre zu Jahresbeginn. "Wir haben das Gefühl, dass wir hingehalten werden, hieß es. Offenbar gehe es der liechtensteinischen Regierung vor allem um Zeitgewinn."

© SZ vom 05.08.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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