Steinbrück über HSH Nordbank:"Da kann einem der Kragen platzen"

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Der Millionenbonus für den Chef der maroden HSH Nordbank bringt Politiker auf die Palme. Finanzminister Steinbrück bemängelt fehlenden "Anstand" bei Dirk Nonnenmacher.

Maximale Verständnislosigkeit: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat mit ungewöhnlich harschen Worten auf die Bonuszahlungen an den Chef der angeschlagenen HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, reagiert. "Da kann einem schon der Kragen platzen", sagte Steinbrück.

Finanzminister Peer Steinbrück: "Mir fehlt ... auch jegliches Verständnis für die Landesregierungen in Kiel und Hamburg, die hier anscheinend beide Augen zudrücken wollen." (Foto: Foto: dpa)

Nonnenmacher erhält trotz Konzernkrise und massiver Staatshilfen Bonuszahlungen in Höhe von 2,9 Millionen Euro.

"Ich finde es unglaublich, dass sich manche Manager ihre Taschen mit dem Geld der Steuerzahler füllen. Ohne staatliche Hilfen in Milliardenhöhe gebe es seine Bank heute nicht mehr", betonte Steinbrück.

Für ihr sei es "eine Frage des Anstands", ob Nonnenmacher oder manch ein anderer seiner Kollegen Millionenzahlungen einsteckten oder sie sogar einklagten, obwohl sie für Milliardenverluste verantwortlich seien.

"Kapital ohne Gegenleistung gibt es nicht"

Steinbrück kritisierte zudem die zuständigen Landesregierungen. "Mir fehlt ... auch jegliches Verständnis für die Landesregierungen in Kiel und Hamburg, die hier anscheinend beide Augen zudrücken wollen. Bei Hilfen des Bundes gibt es eine klare Regelung: Kapital ohne Gegenleistung gibt es nicht. Dazu gehören neben einer Obergrenze für Vorstandsgehälter auch ein Verzicht auf Bonuszahlungen. Das haben wir konsequent durchgesetzt, warum machen es die Länder nicht auch so?"

Falls die Länder mit maroden Landesbanken ihre Kreditinstitute über ein eigenes Bad-Bank-Modell sanieren wollen, erwartet der Bundesfinanzminister, dass diese sich dann an die vorgesehene "Beschränkung der Vorstandsvergütung auch bei landeseigenen Abwicklungsanstalten" halten und diese "auch entsprechend umsetzen".

Allerdings strapazierte das Bekanntwerden der Bonuszahlung an Nonnenmacher auch die Nerven der Politiker in Hamburg und Kiel auf das äußerste - vor allem die Oppositionspolitiker in der Hansestadt und der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt gingen auf die Barrikaden.

"Lügner und Betrüger"

Der Hamburger SPD-Oppositionsführer Michael Neumann vergaß alle hanseatische Zurückhaltung und bezichtigte Finanzsenator Michael Freytag (CDU) eines Verhaltens, wie er es nur von "Lügnern und Betrügern" kenne. Das ist für Hamburger Verhältnisse schon starker Tobak.

Die Krise der HSH Nordbank hat die beiden Bundesländer als Haupteigner an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit gebracht. Die Hamburger Bürgerschaft und der Landtag in Kiel hatten das Eigenkapital der Bank um drei Milliarden Euro aufgestockt und für weitere zehn Milliarden Euro staatliche Garantien abgegeben. Hamburg und Schleswig-Holstein halten nach der Kapitalerhöhung 85,5 Prozent an der Bank.

Sollte die Rettung der Bank misslingen und die Garantien fällig werden, wären die Haushalte der Länder auf Jahrzehnte ruiniert und für Schleswig-Holstein stünde gar die Eigenständigkeit als Bundesland auf dem Spiel. Das allein bereitet vielen Parlamentariern schlaflose Nächte.

"Eine Art Mozart des deutschen Bankenwesens?"

In dieser Situation haben die Parlamente für die Bank-Manager eine Verdienst-Obergrenze von 500.000 Euro pro Jahr eingezogen, so lange es keine Dividende gibt. Das werde auch eingehalten, beteuert Hilmar Kopper, der neue Aufsichtsratschef der HSH Nordbank.

Bei den Zahlungen an Nonnenmacher liege der Fall allerdings anders. Es handele sich um Ansprüche aus seinem vorangegangenen Vorstandsvertrag, die er ohnehin hätte geltend machen können, wenn er die Bank verlassen hätte. Um ihn in der Position zu halten, sei es notwendig gewesen, die Ansprüche fortzuschreiben.

"Ist der Professor Nonnenmacher eine Art Mozart des deutschen Bankenwesens?", ätzte das Hamburger Abendblatt.

Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte verärgert ein Treffen mit Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) ab und konstatierte, er habe es an der Spitze des Finanzministeriums und der Regierung mit Dilettanten zu tun.

SPD-Landesverband: "Wir hätten nicht zugestimmt"

Die schleswig-holsteinische SPD bestritt dagegen, als Regierungspartei von der Regelung zugunsten Nonnenmachers gewusst zu haben, obgleich das Carstensen schriftlich behauptet hat. "Wir hätten auch nicht zugestimmt", sagte SPD-Chef Ralf Stegner. Der Wille des Parlaments werde ignoriert. Dagegen halten die Hamburger Grünen die Zahlungen für unvermeidbar. "Nonnenmacher könnte sie jederzeit vor Gericht einklagen", erklärte der GAL-Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan.

Das öffentliche Echo ist so verheerend, weil im Zusammenhang mit der Bank immer wieder neue Fakten auftauchen, die den Parlamentariern zuvor nicht bekannt waren. "Der Fall Nonnenmacher sorgt für Zorn und Erbitterung", stellte die Welt fest.

Zwei Untersuchungsausschüsse in Hamburg und Kiel wollen aufklären, wie es zu den enormen Verlusten der Bank von 2,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr kommen konnte.

Risikovorstand dringend gesucht

Unter diesen Rahmenbedingungen tut sich Aufsichtsratschef Kopper schwer, die Lücken im Vorstand zu füllen. Nonnenmacher ist gegenwärtig gleichzeitig für Finanzen, Risikomanagement und das operative Geschäft zuständig.

Insbesondere ein Risikovorstand wird händeringend gesucht, doch kann die Bank, ebenso wie andere staatlich gestützte Institute, qualifizierten Kandidaten nicht viel bieten - schließlich ist das Gehalt ja gedeckelt. Immer wieder wird spekuliert, ob die drei übrigen Vorstände neben Nonnenmacher ihren Hut nehmen müssen; dann hätte die Bank sechs freie Positionen im Vorstand zu besetzen. Dass es soweit kommt, halten jedoch Bank-Insider für eher unwahrscheinlich.

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