Reden wir über Geld mit Julissa Arce:"Meine Chefs zu belügen, war beschämend"

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Wall-Street-Händlerin Julissa Arce (Foto: AFP)

Julissa Arce reiste illegal in die Vereinigten Staaten ein. Sie machte mit falschen Papieren Karriere - doch glücklich wurde sie nicht.

Von Matthias Fiedler

An einem sonnigen Nachmittag sitzt Julissa Arce in einem Café in Hollywood, Los Angeles, legt ihren linken Arm auf den Holztisch und zieht den Ärmel ihres Jeanshemdes nach oben. Darunter zwei Leberflecke, die durch eine tätowierte Linie verbunden sind. Arce sagt, die Punkte erinnern sie daran, dass jede Station ihres Lebens einen Sinn hatte.

Julissa Arce, 32, kam als illegale Einwanderin aus Mexiko in die USA und träumte schon als Jugendliche von einem Leben in den Vereinigten Staaten. Nach dem Studium in Austin, Texas, kaufte sie sich eine gefälschte Green Card, bewarb sich bei der Investmentbank Goldman Sachs in New York - und machte Karriere. Die Behörden und ihre Chefs bei Goldman zu belügen, fand Arce "beschämend", sagt sie im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Aber ich wusste, wenn ich bei dieser Gelegenheit nicht zugreife, werde ich das mein Leben lang bereuen."

Arce arbeitete 100 Stunden in der Woche, kümmerte sich in den ersten Jahren um den Derivate-Handel für Privatkunden, wurde später Vice President und betreute die reichsten Klienten der Bank. Dass sie illegal im Land war - davon wusste bei Goldman Sachs auch in den folgenden Jahren niemand. Und Arce musste sich immer wieder Ausreden einfallen lassen, zum Beispiel wenn sie für Geschäftsreisen ins Ausland fliegen sollte, was mit ihrem mexikanischen Reisepass nicht ging. Denn dann hätte sie nie mehr zurück in die USA gekonnt.

Arce verdiente bei Goldman Sachs Hunderttausende Dollar im Jahr, glücklich wurde sie nicht. "Richtig bewusst wurde mir meine Situation erst, als mein Vater gezeichnet von Diabetes im Sterben lag und ich nicht zu ihm nach Mexiko konnte", sagt sie. Nach ein paar Jahren an der Wall Street kündigte Arce. Heute kämpft sie als Aktivistin für die Rechte von Migranten und hält in den USA landesweit Vorträge.

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