Neue Abgeltungssteuer von 25 Prozent:Nicht komplett perdu

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Neues Steuerregime bei Kapitalerträgen: Im Jahr 2009 haben Anleger zum ersten Mal Abgeltungsteuer gezahlt. Nun können sie womöglich einen Teil davon zurückholen

Lena Brochhagen

Die Abgeltungsteuer beschäftigt die Anleger - wieder mal: Viele hatten vor rund einem Jahr ihre Anlagen neu sortiert, um möglichst wenig von ihren Kapitalerträgen an den Staat abgeben zu müssen, auch nach Einführung der pauschalen Steuer von 25 Prozent. Jetzt lohnt sich ein zweiter Blick: Wer in seiner Steuererklärung richtig auf die Abgeltungsteuer reagiert, sichert sich Vorteile - und bekommt unter Umständen sogar Geld vom Finanzamt zurück. Die SZ erklärt, was einzelne Anlegertypen beachten müssen.

Für viele Anleger bleibt die Steuererklärung Pflicht

Seit 2009 überweisen die Banken und Finanzdienstleister pauschal 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag) direkt ans Finanzamt, wenn das bei ihnen angelegte Geld Erträge bringt, also etwa Zinsen oder Dividenden gezahlt oder Kursgewinne verzeichnet werden.

Anleger müssen dem Fiskus deshalb Kapitalerträge nicht mehr selbst melden - eigentlich. Die Einschränkung ist aber nötig, denn die einfache Grundregel befreit in der Praxis nur wenige Anleger von der Pflicht, das Steuerformular KAP auszufüllen.

Erträge weiterhin angeben muss etwa, wer Geld bei einer Bank im Ausland angelegt hat. Betroffen sein können auch durchschnittliche Sparer, zum Beispiel, wenn sie ausländische Fondsanteile halten, sagt Alexander Hagen, Steuerberater beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young.

Kapitalerträge melden muss auch, wer darauf noch Kirchensteuer zahlen muss. Wer sich das in Zukunft sparen will, sollte seine Bank beauftragen, die Kirchensteuer direkt abzuführen, sagt Steuerberater Alexander Kimmerle von der Beratungsgesellschaft Ecovis. Rückwirkend gehe das aber nicht. Daneben gibt es weitere Fälle, in denen die Angabe Pflicht ist. Eine Liste führt die Zeitschrift Finanztest im Sonderheft zur Steuer 2010 auf.

Doch auch, wer keine Angaben machen muss, sollte nachrechnen - dann gibt es unter Umständen zu viel gezahlte Steuern zurück. Dazu gehört zum Beispiel, wer nicht überdurchschnittlich verdient, aber Zinsen zum Beispiel aus einer Erbschaft bekommt.

Bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 15.000 Euro, so der von der Stiftung Warentest ermittelte Richtwert, liegt der Grenzsteuersatz unter 25 Prozent. Dieser niedrigere Satz ist dann auch auf Kapitalerträge fällig. Wenn die Bank also schon 25 Prozent Abgeltungsteuer ans Finanzamt überwiesen hat, der Anleger aber zum Beispiel nur 23 Prozent zahlen muss, bekommt er das zu viel gezahlte Geld zurück.

"Das Rechnen übernimmt das Finanzamt"

Das funktioniert aber nicht automatisch: Anleger müssen dafür in Zeile 4 der Anlage KAP eine "Günstigerprüfung" beantragen, erläutern die Warentester. Das Finanzamt rechnet dann aus, ob die Bank zu viel gezahlt hat und überweist die Differenz. Der Aufwand ist gering: Der Steuerpflichtige muss in der Regel nur die ihm von der Bank erteilten Bescheinigungen mit der Anlage KAP einreichen, so Steuerberater Hagen: "Das Rechnen übernimmt das Finanzamt."

Wer viel Geld auch in ungewöhnliche Kapitalanlagen gesteckt hat, muss genauer hinschauen. Denn erst im Dezember 2009 hat das Bundesfinanzministerium den Banken endgültige Anweisungen gegeben, wie sie das neue Gesetz anwenden sollen - und noch einmal viele Details geändert, sagt Steuerexperte Hagen.

Viele Banken hätten deshalb 2009 etwa bei Goldzertifikaten und Stückzinsen anders abgerechnet als jetzt vorgesehen: Sie haben die Abgeltungsteuer nicht abgezogen. Der Anleger muss dies per Steuererklärung nachholen. "Wer ein größeres Depot hat und ungewöhnliche Anlagen, der sollte mit seinem Steuerberater reden", rät Hagen. Der Berater könne auch ermitteln, ob es sich lohnt, in strittigen Punkten Einspruch einzulegen.

Die meisten Kleinanleger können sich dagegen zurücklehnen, wenn sie durch die andere Abrechnung gespart haben und dieser Vorteil nicht über 500 Euro liegt, sagt Hagen. Bis zu dieser Grenze müssen Anleger nicht nacherklären.

Kein Anleger freut sich, wenn er mit Aktien oder anderen Geldanlagen Verluste macht. Immerhin kann das Minus bei der Steuer Vorteile bringen: Verrechnet mit Gewinnen aus anderen Anlagen mindert es die Steuerlast. Aber Vorsicht: Gewinne minus Verluste gleich die steuerpflichtigen Kapitalerträge? - so einfach ist die Rechnung nicht. Die Finanzämter unterscheiden zwischen Alt- und Neuverlusten, je nachdem, wann Anleger Wertpapiere gekauft haben: vor oder nach dem 31.Dezember 2008.

Wer vor diesem Stichtag Papiere gekauft hat, kann Altverluste geltend machen, wenn er die Papiere innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr wieder verkauft und dabei Verluste gemacht hat.

Übergangsfrist endet 2013

Die Altverluste schmälern den steuerpflichtigen Betrag von Veräußerungsgewinnen sowohl aus Kapitalvermögen als auch aus privaten Veräußerungen. Das geht aber nur bis 2013, dann endet die Übergangsfrist, warnt Kimmerle.

Für Papiere mit Kaufdatum von 2009 an gilt die Spekulationsfrist nicht mehr. Für die Steuererklärung ist es also egal, ob Anleger Aktien oder Fondsanteile innerhalb eines Jahres oder später verkaufen: Ein Minus aus dem Verkauf können sie immer auf Gewinne aus anderen Kapitalanlagen anrechnen, egal, wie schnell sie die Papiere abgestoßen haben. Neuverluste aus Aktienverkäufen können aber nur von Gewinnen aus ebensolchen Geschäften abgezogen werden.

Bei der Verlustverrechnung aufpassen müssen vor allem Anleger mit unübersichtlichen Anlagen: Wer zum Beispiel einen Fonds bei einem Finanzdienstleister, ein Tagesgeldkonto bei einer Direktbank und Aktien bei der Hausbank hat, kann den Überblick verlieren.

Das ist unproblematisch, solange Gewinne und Verluste bei ein und derselben Bank anfallen: Die rechnet dann automatisch die Steuerlast herunter. Anleger sollten aber die Ergebnisse der Anlagen bei verschiedenen Banken abgleichen, rät Ecovis-Berater Kimmerle.

Nur dann können sie Verluste mit Gewinnen vollständig verrechnen. Dazu beantragen sie bis zum 15. Dezember des Steuerjahres bei den Banken sogenannte Verlustbescheinigungen.

Auch beim Freibetrag ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Der Sparerpauschbetrag liegt bei 801 Euro, bei Ehepaaren sind es 1602 Euro. Wer nicht mehr an Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen verdient, muss gar nicht erst Steuern zahlen, vorausgesetzt, er erteilt einen Freistellungsauftrag.

Stärker auf die Kosten achten

Wenn Sparer bei mehreren Banken Geld angelegt haben, können sie jeder Bank einen solchen Auftrag geben - alle Aufträge zusammen dürfen aber nicht mehr als 801 Euro beziehungsweise 1602 Euro betragen. Anleger sollten prüfen, wie sie den Freibetrag aufteilen, um nicht unnötig Steuern zu zahlen. Wer später feststellt, dass er den Betrag nicht ausgeschöpft hat, kann sich zu viel Gezahltes über die Steuererklärung zurückholen.

Dieses Verfahren sind Sparer gewohnt. Neu ist, dass hohe Werbungskosten beispielsweise für Fahrten zu einer Hauptversammlung oder Depotgebühren nicht mehr gesondert angeführt werden können. Steuerexperte Kimmerle rechnet mit Klagen gegen diese Neuregelung.

Anleger sollten also spätestens im kommenden Jahr bei einer Steuerberatung nachfragen, ob sie Einspruch einlegen können, wenn das Finanzamt keine Werbungskosten akzeptiert. Schon jetzt rät Kimmerle, bei Geldanlagen stärker auf die Kosten zu achten, da Anleger sie nun voll tragen müssen.

Auch viele Ältere profitieren von Steuervorteilen. Weil gesetzliche Renten und Pensionen nur teilweise besteuert werden, übersteigt bei vielen das zu versteuernde Einkommen nicht den Grundfreibetrag von 7834 Euro im Jahr 2009, so die Stiftung Warentest.

Diese Anleger können beim Finanzamt eine sogenannte Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Dann wird keine Abgeltungsteuer fällig. Wer vor dem 2. Januar 1945 geboren wurde, profitiert zudem vom "Altersentlastungsbetrag".

Weniger oder gar keine Abgeltungssteuer

Mit diesem nach Geburtsjahr gestaffelten Abzug können Ältere ihre Steuerlast mindern, rät der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Wer diesen Freibetrag geltend macht, zahlt zum Beispiel weniger oder gar keine Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge, informieren die Fachleute der Stiftung Warentest.

© SZ vom 09.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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