Kopfpauschale:Die Krux mit der Wählerschaft

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Die rund 20 Millionen Rentner werden womöglich von der Kopfpauschale verschont - weil der bürokratische Aufwand immens wäre. Und weil sie eine wichtige Wählergruppe der Union sind?

Guido Bohsem, Berlin

In der Kommission zur Gesundheitsreform wird erwogen, die etwa 20 Millionen Rentner von der geplanten Kopfpauschale auszunehmen. Mehrere Teilnehmer warnten in der jüngsten Sitzung des Gremiums vor den großen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten, die die Einführung einer Prämie gerade bei den Ruheständlern mit sich brächte. Der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Andreas Storm (CDU), verwies dabei auch auf die Belastungen, die auf die Rentner wegen der Wirtschaftskrise zukämen.

Die etwa 20 Millionen Rentner in Deutschland werden womöglich von der Kopfpauschale verschont. (Foto: Foto: APN)

Schon in der zweiten Sitzung der Kommission wurden damit die mannigfachen Probleme einer Kopfpauschale offenkundig. Als äußerst heikel gilt vor allem der steuerfinanzierte soziale Ausgleich, der die verhältnismäßig hohen Belastungen abfedern soll, die eine Pauschale für Personen und Haushalte mit geringem Einkommen nach sich zöge. Bei einer Kopfpauschale würde nämlich eine schlecht verdienende Verkäuferin den gleichen Beitrag für ihre Kasse zahlen wie ein deutlich besser verdienender Ingenieur.

Weil viele Rentner keine Steuern zahlen müssen, fehlen den Behörden Informationen über ihr Einkommen. Die Verwaltung kann deshalb auch die Höhe des Sozialausgleichs nicht ermitteln. Dass die Rentner ihn eigens beantragen müssen, hat Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ausgeschlossen. Nach den Angaben ist völlig offen, wie die Senioren an ihr Geld aus dem Sozialausgleich kommen sollen.

Zahlen, bitte!

Storms Einlassungen sei eine Debatte über die Belastungen vorangegangen, die mit der Einführung der Kopfpauschale auf die Rentner zukommen sollen. So hätten sich neben anderen der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn und Gesundheits-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) dafür ausgesprochen, die Rentner zur Kasse zu bitten, da diese das Gros der Gesundheitsausgaben verursachten. Diskutiert habe man auch, ob bei der Berechnung der Beiträge der Senioren künftig auch Mieteinnahmen und Zinseinkünfte berücksichtigt werden sollen. Sie müssten dann mehr zahlen.

Storm habe erwidert, dass die Rentner so bald nicht mit einem Anstieg ihrer Bezüge rechnen könnten, ihr Einkommen also nach Abzug der Inflation sinke. Die Senioren sind eine enorm wichtige Wählergruppe für die Union. Bereits vor der Bundestagswahl hatte die große Koalition mehrere Kostendämpfungen bei der Rente ausgesetzt und ein Gesetz beschlossen, das verhindert, dass die Bezüge der Ruheständler gekürzt werden können.

Die an der Kommission beteiligten Ressorts haben nun den Auftrag erhalten, Konzepte zur Lösung der technischen Probleme vorzulegen. Eine Gruppe von Fachleuten soll dazu an diesem Freitag zusammenkommen. In großer Runde trifft sich die Kommission wieder nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen. Wobei die Gesundheitsexperten der Koalition nicht ausschließen, dass CDU und Liberale künftig nicht mehr in Düsseldorf regieren und somit auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat verloren ist. Deshalb haben sie die Fachleute der Ministerien angewiesen, eine Variante der Gesundheitsreform auszuarbeiten, die auch ohne eine Zustimmung der Länderkammer in Kraft treten kann.

© SZ vom 30.04./01./02.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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