Immobilienfonds:Leere Märkte, volle Töpfe

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Für viele Anleger sind Immobilienfonds die einzige Möglichkeit, in Wohnhäuser oder Gewerbebauten zu investieren. Aber selbst die Investmenthäuser haben Schwierigkeiten, Objekte zu erschwinglichen Preisen zu kaufen.

Von Simone Gröneweg

Vom Büro bis zur Lagerhalle: Immobilienfonds kaufen vor allem Gewerbeimmobilien. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bei dem Preis stockte vermutlich manchem Immobilienmanager kurzzeitig der Atem. Das Sony-Center in Berlin - ein Komplex aus acht Bürohäusern - soll für mehr als eine Milliarde Euro den Eigentümer wechseln. Vor etwa sieben Jahren lag der Kaufpreis noch unter 600 Millionen Euro. Käufer ist ein kanadischer Rentenfonds. Der Sprung zeigt, wie die Preise am Immobilienmarkt angezogen haben. Wer jetzt investiert, muss viel Geld mitbringen.

Immobilien sind begehrt, vor allem Deutschland gilt seit Jahren als sicherer Hafen. Privatanleger, die nicht genug Kapital für eine Wohnung oder ein Mietshaus haben, können über Fonds investieren. Die offenen Immobilienfonds sammelten allein im vergangenen Jahr etwa sieben Milliarden Euro ein. Und nach Angaben des Branchenverbandes BVI flossen in den ersten acht Monaten dieses Jahres mehr als vier Milliarden Euro in die Fonds. Deren Manager kaufen Büros, Praxen, Handels- und Gastronomieimmobilien, Lagerhallen oder Hotels in verschiedenen Regionen dieser Welt. Seit einiger Zeit gehören auch Wohngebäude dazu, allerdings stellt der Bereich noch eine kleine Nische dar. Wenn alles gut läuft, verdienen die Fonds an den Mieteinnahmen und an den Verkäufen einzelner Objekte.

Dazu müssen die Manager das Vermögen ihrer Kunden jedoch in möglichst lukrative Immobilien investieren. Angesichts des jahrelangen Aufschwungs wird das zum Problem. Gute Objekte sind rar und sehr teuer. "Das Geschäft ist risikoreicher geworden", sagt Fabian Hellbusch, Sprecher der Union Investment Real Estate GmbH. Die Gesellschaft bietet vier Immobilienfonds für Privatanleger an. Der Wettbewerb um gute Objekte sei massiv. Insbesondere in Deutschland, aber auch in anderen Ländern sei es schwieriger geworden, erschwingliche Objekte zu erwerben. "Fondsmanager müssen nun sehr gut hinschauen, wenn sie kaufen", meint Hellbusch.

Immobilienfonds bieten Anlegern manche Vorteile. Auch wer nicht viel Geld zur Verfügung hat, kann investieren. Sparer sind schon mit kleineren Beträgen dabei und können sogar einen Sparplan abschließen. Die Ausgabeaufschläge liegen in der Regel bei etwa fünf Prozent.

Die großen Fonds verwalten zum Teil deutlich mehr als zehn Milliarden Euro Kundengelder. Dazu gehören etwa der Deka-Immobilien Europa, der Hausinvest der Commerz Real, der Grundbesitz der DWS und der Uniimmo Europa. Allerdings sind etliche Fondsgesellschaften im Moment sehr zurückhaltend, wenn es um die Ausgabe neuer Anteile geht. "Sie geben gelegentlich Kontingente heraus - zum Beispiel, wenn sie ein neues Objekt erwerben", berichtet die Analystin Sonja Knorr von der Ratingagentur Scope. Viele andere Gesellschaften lehnen lieber ab.

Diese Zurückhaltung mag manchen Kunden verärgern, aber die Steuerung der Anlegergelder ist enorm wichtig. Das musste die Branche nach der Finanzkrise erleben. Damals geriet das Segment kräftig ins Straucheln. Innerhalb kurzer Zeit zogen extrem viele Anleger - vor allem institutionelle Investoren wie Banken, Versicherungen und andere Fonds - ihr Vermögen ab. Die Liquidität in den Fonds reichte nicht aus, sodass das Geld der verbliebenen Anleger feststeckte. Einige Fonds wurden sogar geschlossen und abgewickelt. Der Gesetzgeber erließ daher neue Spielregeln für die Branche, um solche Debakel möglichst zu verhindern (siehe Kasten).

Nach Pleiten und Skandalen wurden die Regeln für die Fonds verschärft

"Etliche Geschäftsführer haben die letzte Krise miterlebt, kennen die Fehler der Vergangenheit und versuchen, die Produkte krisenfester zu steuern", meint Knorr. Regelmäßig rechneten die Gesellschaften durch, was passieren würde, wenn bestimmte Märkte drehen, oder sie simulierten Szenarien, bei denen Anleger vermehrt ihr Kapital zurück wollten.

Die Bewertung der Objekte wurde nach der Krise ebenfalls überarbeitet. Die unabhängigen Gutachter müssen von der Finanzaufsicht bestätigt werden. Die Immobilienbewertungen seien in den vergangenen Jahren oft ohne signifikante Aufwertungen erfolgt, sagt Knorr. Darauf deuten auch die durchschnittlichen Anlageergebnisse der vergangenen fünf Jahre hin, die lagen nämlich zwischen zwei und drei Prozent pro Jahr.

Da zu viele potenzielle Anleger in zu wenige Fonds investieren wollen, haben einige Gesellschaften neue Produkte auf den Markt gebracht. Der Schweizer Versicherer Swiss Life legte etwa einen Fonds zum Thema "Swiss Life Living and Working" auf, Catella einen mit dem Titel Modernes Wohnen. Die Neuauflagen zeigen, dass die Nutzungsart Wohnen an Attraktivität gewinnt. Allerdings sollten Anleger bedenken, dass die neuen Fonds auch während des andauernden Booms am Markt Objekte kaufen müssen.

Dieses Schicksal teilen sie mit den Managern sogenannter Alternativer Investmentfonds (AIFs). Diese stellen eine weitere Möglichkeit für Anleger dar, sich an Immobilienprojekten zu beteiligen. Die Beteiligungen funktionieren allerdings anders, denn Initiatoren sammeln einmalig Geld für ihr Projekt ein, anschließend wird der Fonds geschlossen. In der Regel liegt die Laufzeit bei zehn Jahren. Die Anleger treten dem Fonds zudem als Gesellschafter bei. Nach Pleiten und Skandalen erließ der Gesetzgeber auch in diesem Segment strengere Regeln. Seit dem Jahr 2013 gilt dort das Kapitalanlagegesetzbuch. Aus den ehemals geschlossenen Immobilienfonds wurden die sogenannten AIFs. Die Mindestzeichnungssumme liegt in der Regel bei 5000 Euro. Gibt es in dem Fonds nur ein Objekt, sind sogar 20 000 Euro vorgegeben.

Die Emissionshäuser benötigen von der Finanzaufsicht eine Zulassung als Kapitalverwahrungsgesellschaft (KGV). Dafür brauchen sie ausreichend Eigenkapital und ein Risikocontrolling, das vom operativen Geschäft hierarchisch und funktionell unabhängig ist. "Die Regulierung hat sicher einen massiven Einschnitt dargestellt", sagt Sebastian Zehrer, Sprecher der Unicredit-Tochter WealthCap. "Die Manager müssen über bestimmte Voraussetzungen verfügen, ansonsten erhalten sie die Zulassung gar nicht", erklärt er. Wer ein neues Projekt auflegen will, braucht einen langen Atem. "Das Lizenzierungsverfahren kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Solch einen Zeitraum können kleine Firmen unter Umständen gar nicht überbrücken", meint Zehrer.

Der Vorteil der Regulierung: Schwarze Schafe sind wahrscheinlich vom Markt verschwunden. Von den schätzungsweise 300 Anbietern - eine exakte Zahl existierte nicht - blieb nur ein Bruchteil übrig. "Es gibt nur noch wenige aktive Häuser, die sich weiterhin dem Markt verschrieben haben", sagt Knorr. So brachten Initiatoren nach Angaben der Ratingagentur seit Jahresbeginn 18 Immobilienfonds auf den Markt. Ein Nachteil für die Anleger sind nach Angaben von Sonja Knorr die relativ hohen Nebenkosten. "Diese werden umgelegt. Zehn bis zu 26 Prozent des investierten Eigenkapitals geht dafür gleich zu Beginn weg", stellt sie klar. Die Gesellschaften finanzieren damit unter anderem den Vertrieb und die Ankaufskosten für die Immobilien. Ärgerlich, aber nachvollziehbar: "Da die Fonds kleinere Volumina umsetzen, schlagen fixe Kosten stärker zu Buche", erklärt Knorr.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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