Finanzkrise in Island:Island-Tief erreicht Deutschland

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Die attraktiven Zinsen der isländischen Kaupthing Bank locken viele deutsche Kunden an. Doch Islands Finanzbranche steckt in einer tiefen Krise.

Thomas Öchsner

Die Angebote sind auf den ersten Blick äußerst attraktiv: Die isländische Kaupthing Bank bietet für Tagesgeld 5,65 Prozent und für Festgeld mit einer Laufzeit von zwölf Monaten sogar 6,10 Prozent Zinsen. Keine andere Bank zahlt in Deutschland so hohe Zinsen.

Auch die isländische Regierung unter Premier Geir Haarde hat eine Garantieerklärung für die Einlagen aller Sparer abgegeben. (Foto: Foto: Reuters)

Nicht mehr als 20.887 Euro anlegen

Doch derzeit kommen aus Island schlechte Nachrichten: Die Börse in Reykjavik hat am Montag den Handel mit Aktien der Finanzbranche gestoppt. Der Inselstaat steckt in einer Krise. So wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch die isländische Regierung eine Garantieerklärung für die Einlagen aller Sparer abgegeben. Wer trotzdem von hohen Zinsen der Kaupthing Bank profitieren will, sollte auf keinen Fall mehr als 20.887 Euro anlegen, raten Verbraucherschützer. Diese Summe unterliegt der isländischen Einlagensicherung.

Seit März 2008 buhlt das Geldhaus um deutsche Kunden - mit welchem Erfolg ist nicht bekannt. Über die Zahl der Sparer hierzulande und die Höhe ihrer Einlagen hüllt sich das Kreditinstitut in Schweigen. Wie der indischen ICICI-Bank dürfte es der größten isländischen Bank aber gelungen sein, mehrere hundert Millionen Euro in Deutschland eingesammelt zu haben, zumal das Institut mit langfristigen Versprechen wirbt: So garantiert das Geldhaus, "dass der Tagesgeldzinssatz bis zum Januar 2012 immer über dem Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank sein wird".

Derzeit scheint Kaupthing auf das Geld von Sparern aus Deutschland dringend angewiesen zu sein: Die Bank hat sich für die Expansion im Ausland stark verschuldet. 2009 sollen viele ausstehende Schulden fällig sein. Als weiterer Nachteil gelten die Kreuzbeteiligungen der drei größten isländischen Banken. Geht eine Bank pleite, könnte es die anderen mit in den Strudel ziehen. Das drittgrößte Kreditinstitut des Landes, die Glitnir Bank, wurde bereits vergangene Woche verstaatlicht.

Die Inflationsrate in Island liegt bei 14 Prozent, der Leitzins ist mit 15,5 Prozent extrem hoch. Die Landeswährung, die Krone, ist zum Euro binnen zwölf Monaten um 45 Prozent gefallen und notiert auf einem Rekordtief. Es ist deshalb nur logisch, dass Ratingagenturen ihre Bonitäts-Noten für Kaupthing zuletzt gesenkt haben.

Hohe Schuldenlast

All dies hat dazu geführt, dass andere Banken dem isländischen Institut stark misstrauen und für Kredite extrem hohe Risikoprämien verlangen. Für die Isländer ist es deshalb billiger, sich bei Privatkunden deren Erspartes zu besorgen, als auf dem Kapitalmarkt Geld auszuleihen.

Im Mai versicherte Hreidar Mar Sigurdsson, Vorstandschef der Kaupthing Bank, noch: "Die Geldanlage bei uns ist absolut sicher." Jetzt weist ein Banksprecher darauf hin, dass die Garantieerklärung der isländische Regierung selbstverständlich auch für die Sparer in Deutschland gilt.

Im schlimmsten Fall, einer Pleitewelle von mehreren Banken, stellt sich aber die Frage, wie der Staat den Schaden bezahlen soll. Die Schuldenlast der drei großen Banken des Inselstaates ist ungefähr neunmal so hoch wie das isländische Bruttosozialprodukt.

© SZ vom 7.10.2008/kim/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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