Finanzkrise in den USA:Bernanke offenbar bereit für Zinssenkung

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Angesichts der Finanzkrise deutet Fed-Chef Bernanke eine Senkung des US-Leitzinses an. Die Kurse an der Wall Street gingen trotzdem wieder auf Talfahrt.

Die US-Notenbank steht bereit, um die US-Wirtschaft wegen der Finanzkrise mit einer Zinssenkung unter die Arme zu greifen. In einer dramatischen Kehrtwende erklärte Fed-Chef Ben Bernanke, die Federal Reserve müsse angesichts der Krise von "historischen Ausmaßen" prüfen, ob ihre gegenwärtige Geldpolitik noch angemessen sei.

Fed-Chef Ben Bernanke spricht von einer Krise von "historischem Ausmaß". (Foto: Foto: Reuters)

Einige Börsianer halten in den kommenden Tagen sogar eine koordinierte Zinssenkung der wichtigsten Notenbanken einschließlich der EZB für wahrscheinlich. Da viele Anleger ohnehin mit einer Senkung rechnen, konnten die Äußerungen Bernankes die Stimmung an der Wall Street jedoch zunächst nicht aufheitern. Im Gegenteil: Die Kurse gingen am fünften Handelstag in Folge kräftig auf Talfahrt.

Bislang hatten Bernanke und andere Fed-Vertreter immer betont, eine Zinssenkung würde angesichts der ausgetrockneten Kreditmärkte nutzlos verpuffen. Viele Börsianer sind jedoch seit der dramatischen Zuspitzung der Krise überzeugt, dass die Fed spätestens bei ihrer regulären Sitzung am Monatsende die Zinsen senkt - viele rechnen sogar mit einer großen Zinssenkung von mindestens 50 Basispunkten. Derzeit liegt der US-Schlüsselzins bei 2,0 Prozent.

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die trüben Konjunkturdaten signalisierten, dass sich der Ausblick für die US-Wirtschaft verschlechtert habe, erklärte Bernanke bei einer Rede in Washington. Die Konjunktur werde zumindest bis Jahresende und auch Anfang 2009 nur langsam vorankommen.

Mit der Finanzkrise wachse zudem das Risiko einer lang anhaltenden Wirtschaftsflaute. Gleichzeitig habe das Inflationsrisiko abgenommen. Die Währungshüter um Bernanke haben sogar schon bei ihrer vergangenen Sitzung Mitte September die Notwendigkeit einer Zinssenkung in Betracht gezogen.

Viele Mitglieder des für die Geldpolitik zuständigen Offenmarkt-Ausschusses seien bei der Sitzung der Ansicht gewesen, dass die Finanzkrise die US-Wirtschaft gefährde, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Sitzungsprotokoll hervorgeht.

Einige Mitglieder kamen deshalb zu dem Schluss, das eine Lockerung der Geldpolitik nötig werden könnte. Im September - vor der gegenwärtigen Zuspitzung der Finanzkrise - hatten sie diese jedoch noch nicht für nötig gehalten.

Volkswirte waren sich einig in der Einschätzung, dass Bernanke mit seinen Äußerungen den Weg für eine Zinssenkung ebnet. "Der Fed-Chef hat gerade grünes Licht für eine Zinssenkung bei der Sitzung im Oktober gegeben, wenn nicht sogar schon davor", sagte Chris Rupkey von der Großbank Tokyo-Mitsubishi UFJ in New York.

Joseph Trevisani von FX Solutions erklärte, die Fed warte möglicherweise nur ab, um eine koordinierte Aktion mit den anderen Notenbanken zu starten. Die nächste reguläre Zinsentscheidung der Fed ist am 29. Oktober fällig.

© Reuters/dpa/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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