Commerzbank:Der Möchtegernrivale der Deutschen Bank

Lesezeit: 3 min

Die Commerzbank wollte ein zweiter nationaler Champion werden. Jetzt geht es nur noch darum, sich aus der Umklammerung des Staates zu befreien.

H. Freiberger, M. Hesse und C. Hulverscheidt

Als die Commerzbank im August 2008 die Dresdner Bank übernahm, stießen Banker und Politiker auf den Deal an. Commerzbank-Chef Martin Blessing und Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller hatten einen zweiten nationalen Champion neben der Deutschen Bank geschaffen.

(Foto: N/A)

Doch schon ein paar Wochen später lag das Werk in Trümmern. Nur staatliche Hilfen über 18,2 Milliarden Euro retteten die Fusion. Seitdem versucht die Bank, auf die Füße zu kommen und sich von der staatlichen Umklammerung zu befreien. An diesem Mittwoch will die Bank einen wichtigen Schritt tun, sie legt erstmals seit 2007 einen Jahresgewinn vor.

Doch der Befreiungsschlag wird auch diesmal ausbleiben. Zinsen auf die Staatshilfe wird die Commerzbank wohl auch für 2010 nicht zahlen. Wegen einer Abschreibung auf die Tochter Eurohypo wird der maßgebliche Gewinn nach Handelsgesetzbuch dafür zu gering sein. Boni an die Mitarbeiter sollen aber schon fließen, was in Berlin für Irritationen sorgt. Innerhalb der Regierungskoalition löst das Vorgehen zwiespältige Gefühle aus: Einerseits versteht man das Bemühen Blessings, qualifizierte Mitarbeiter von einem Wechsel zur Konkurrenz abzuhalten.

Andererseits gilt sein Verhalten als politisch kaum vermittelbar. Ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnte am Montag jede inhaltliche Bewertung der Bonuszahlungen ab und erklärte lediglich, die Sondervergütungen seien rein rechtlich nicht zu beanstanden. "Es handelt sich um eine operative Entscheidung der Commerzbank, und die kann ich nicht bewerten."

Die entscheidende Frage für Politik und Steuerzahler ist, ob und wann die Commerzbank ihre Staatshilfe zurückzahlt. Das aber hängt stark vom Aktienkurs ab, der seit Monaten bei sechs Euro stagniert. Eine Voraussetzung für die Erholung der Aktie sind Gewinne. Analysten erwarten für 2010 zwar einen Überschuss von 1,25 Milliarden Euro, doch die Bilanz ist gemischt. "Das Mittelstandsgeschäft war auch in der Krise profitabel und ist ein großer Rückhalt für die Commerzbank", sagt Michael Seufert, Analyst bei der NordLB.

Subventionen fürs Girokonto

Sorgenkind bleibt das Privatkundengeschäft, das in den ersten drei Quartalen 2010 gerade so schwarze Zahlen schaffte. Viel zu wenig für das zweite Standbein der Bank, die 2012 operativ vier Milliarden Euro verdienen will, davon eine Milliarde mit Privatkunden. Das hat zwei Gründe: Zum einen gibt es in Deutschland "einen Kampf, fast schon einen Krieg um die Einlagen von Privatkunden", sagt Seufert.

Deshalb subventioniert die Commerzbank das Girokonto mit einem Startguthaben von 50 Euro. Hinzu kommt, dass Privatanleger nach der Finanzkrise mit Aktien oder Fonds immer noch vorsichtig sind. Provisionen bleiben aus. Ein Zeichen dafür, wie ernst die Lage ist: Im Oktober tauschte die Commerzbank Privatkundenvorstand Achim Kassow gegen Martin Zielke aus.

Und dann sind da noch die Altlasten. Analyst Seufert erwartet zwar, dass die Belastungen aus toxischen Wertpapieren künftig abnehmen, die die Commerzbank in die "Portfolio Restructuring Unit" ausgegliedert hat. Es handelt sich dabei um Papiere im ursprünglichen Wert von 31,4 Milliarden Euro. 37 Prozent sind abgeschrieben, so dass noch Risiken von 19,9 Milliarden Euro bleiben.

Ein Klotz am Bein bleibt der Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo, den Müller und Blessing 2005 übernahmen. In der Krise häufte die Eurohypo Verluste an, die EU hat den Verkauf bis 2014 angeordnet. Ein Gutachten zu Ausstiegsstrategien des Bundes aus Krisenbanken, das eine Kommission um den Bonner Professor Daniel Zimmer erstellt hat, sieht in der Eurohypo einen "wesentlichen Unsicherheitsfaktor". Der Kapitalbedarf der Commerzbank könne steigen, wenn sich zum aktuellen Buchwert der Eurohypo kein Käufer finde.

Dass dies gelingt, ziehen die Gutachter indirekt in Zweifel. Sie verweisen auf erhebliche Risiken, die sich aus 26,5 Milliarden Euro an Staatsanleihen aus den europäischen Krisenstaaten ergeben. Die Experten empfehlen, von der EU die Erlaubnis für eine "Abwicklungslösung für die Eurohypo" einzuholen, sollte sich die Bank nicht verkaufen lassen. Immerhin bescheinigen sie der Commerzbank "grundsätzlich eine profitable Geschäftsmöglichkeit".

Was heißt das für die Chancen, Staatshilfen zurückzuzahlen? Nur bei einem Kurs über zehn Euro kann die Commerzbank eine größere Kapitalerhöhung in Angriff nehmen. Doch die Katze beißt sich in den Schwanz. "Solange über der Aktie das Damoklesschwert einer Kapitalerhöhung hängt, werden die Anleger nicht zugreifen", sagt Analyst Seufert. Einen möglichen Ausweg sieht er darin, dass der Bund seine stille Einlage von 16,4 Milliarden Euro in Aktien umwandelt. Er würde dann über die Dividende an Gewinnen teilhaben, gleichzeitig wäre der Druck auf die Aktie wegen der drohenden Kapitalerhöhung weg. Der Bund könnte seinen Anteil dann später über die Börse marktschonend loswerden.

Vergrault man weiter die Aktionäre?

Diesen Weg empfiehlt auch das Zimmer-Gutachten. Allerdings machen die Experten auch deutlich, was ein Komplettumtausch bedeutet: Gehe man von einem Kurs bei 5,55 Euro aus, "so würde der Anteil des Bundes an der Commerzbank auf knapp 79 Prozent ansteigen". Die Commerzbank wäre also längst eine fast reine Staatsbank, hätte sich der Bund zu einem ähnlichen Vorgehen wie bei der Hypo Real Estate entschieden.

Gut möglich, dass eine Quasi-Verstaatlichung die freien Aktionäre vergraulen würde. Das Gutachten weist auf das Problem hin und folgert: "Sehr ernsthaft zu prüfen ist die Möglichkeit eines Verkaufs an einen strategischen Investor, der bereit wäre, für die mit einem sehr großen Anteil einhergehenden Kontrollmöglichkeiten einen Aufpreis zu bezahlen." Das aber könnte bedeuten, dass eine ausländische Bank die Kontrolle über die Commerzbank gewinnt. Der Traum vom zweiten nationalen Champion wäre ausgeträumt.

© SZ vom 22.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: