Berlin bekämpft Bankregeln:Mehr Geld, aber auch mehr Risiko

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Die Banken sollen wieder mehr Kredite vergeben. Daher will die Bundesregierung die Eigenkapitalregeln lockern. Andere EU-Länder sind skeptisch.

Erst wurden Kredite zu leichtfertig vergeben, jetzt zu streng - nun soll wieder gelockert werden und zwar auf Staatswunsch: Deutschland will sich zur Entlastung der Banken in der EU für eine Aufweichung der internationalen Eigenkapitalregeln einsetzen. Die Initiative stößt bei anderen großen EU-Ländern allerdings auf Skepsis.

Zuckerbrot und Peitsche: Regierungssprecher Thomas Steg (hinten) und Finanzminister Peer Steinbrück wollen den Banken die Kreditvergabe erleichtern, drohen aber auch mit "nie dagewesenen Maßnahmen", falls die Institute zu wenig Geld verleihen. (Foto: Foto: dpa)

Berlin macht sich seit längerem für eine Lockerung der Basel-II-Vorgaben stark, um einer drohenden breiten Kreditklemme vorzubeugen. Sie schreiben Banken vor, ausreichend Eigenkapital vorzuhalten, um gegen Kreditrisiken abgesichert zu sein. Das Problem ist, dass Banken in der aktuellen Krise strengere Vorgaben erfüllen müssen, was die Kreditvergabe zusätzlich erschwert.

Basel II soll riskante Kredite verhindern

Diese Vorschriften zur Absicherung von Kreditausfällen verschärften die Finanzkrise, sagte Regierungssprecher Thomas Steg: "Deswegen halten wir es für notwendig, das Regelwerk zu überprüfen und zumindest befristet zu Änderungen zu kommen."

Das als Basel II bezeichnete Regelwerk schreibt den Banken Eigenkapitalreserven vor, die sich an ihren tatsächlichen Kreditrisiken orientieren. Dadurch soll die Vergabe riskanter Kredite im großem Stil verhindert werden.

Die EU-Finanzminister beraten am Dienstag in Brüssel darüber, wie verhindert werden kann, dass sich die Finanzkrise durch bestehende Regeln für Banken noch verschlimmert.

An dem deutschen Vorstoß war vergangene Woche Kritik aus den Reihen internationaler Bankenaufseher aufgekommen. Sie befürchten, dies könne auf eine Verwässerung der Aufsichtsregeln hinauslaufen.

"Andere Länder haben diese Probleme nicht"

Auch EU-Diplomaten aus zwei anderen großen Mitgliedstaaten äußerten sich zurückhaltend. In Deutschland litten die Banken besonders unter faulen Wertpapieren. "Andere Länder haben diese Probleme nicht", sagte ein Diplomat.

Ein anderer ergänzte, Finanzminister Peer Steinbrück müsse zunächst seine Vorstellungen erklären. Es sei zu prüfen, ob zusätzliche Erleichterungen zu den bereits angedachten notwendig seien.

Konkret will die Bundesregierung dafür plädieren, eine Obergrenze für die Summe Eigenkapital festzulegen, die zur Risikoabsicherung beiseitegelegt werden muss.

Außerdem sollen die Kapitalanforderungen bei einer Verschlechterung der Bonitätsbewertungen durch die Rating-Agenturen nicht so stark steigen wie derzeit vorgesehen.

"Es sind weitere Ratingabstufungen der Banken zu erwarten. Das beeinträchtigt deren Fähigkeit zur Kreditvergabe, sodass eine Kreditklemme entstehen könnte", erläuterte ein deutscher Diplomat.

Die Regeln sollten so lange flexibler gehandhabt werden, wie es notwendig sei, um die Kreditklemme zu verhindern.

"Noch nie dagewesene Maßnahmen bei Kreditklemme"

In der deutschen Wirtschaft mehrt sich allerdings die Kritik, die Banken würden nur noch zögerlich Kredite vergeben und die Konditionen verschlechtern. Steg sagte, zur Bewältigung der Finanzkrise sei für die Regierung maßgeblich, dass die Banken wieder Geld verleihen könnten.

"Wir haben den Eindruck, dass die Maßnahmen bisher noch nicht im ausreichenden Maße gegriffen haben." Es gebe in Deutschland keine flächendeckende Kreditklemme, aber schlechtere Konditionen, wie es in einem Abschwung nicht verwunderlich sei.

Am Wochenende hatten SPD- und Unionspolitiker den Banken vorgeworfen, eine Erholung der Konjunktur durch Knauserigkeit bei der Kreditvergabe zu gefährden. Nach Bundesbankpräsident Axel Weber drohte am Wochenende auch Finanzminister Steinbrück den Banken mit "noch nie dagewesenen Maßnahmen", wenn es zu einer Kreditklemme kommen sollte.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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