Bankenfusionen:Einkauf im Erdbebengebiet

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Die Deutsche Bank übernimmt die Postbank und die Commerzbank die Dresdner Bank - beide Fusionen sind heute grundsätzlich noch immer sinnvoll.

Martin Hesse

Spott, Häme und Wut ergießen sich über die Commerzbank und die Deutsche Bank. Wie konnten sich die beiden größten deutschen Kreditinstitute bei der Übernahme ihrer Konkurrenten Dresdner Bank und Postbank nur so verspekulieren? Wie konnten sie im Sommer 2008 Wettbewerber kaufen, die heute nur noch einen Bruchteil des damaligen Preises wert sind?

Skyline von Frankfurt am Main: Trotz der düsteren Perspektiven bleibt einigen Banken nur die Option Zusammenschluss. (Foto: Foto: ddp)

Die Commerzbank kann den Zukauf nur noch mit dem Staat als Großaktionär stemmen - wenn überhaupt. Und selbst die stärkere Deutsche Bank braucht eine neue Vereinbarung mit der Post, deren größter Aktionär der Bund ist, um ihr Kapital zu stärken und die Last der Übernahme zu verringern.

Doch so sehr die beiden Käufer ihre Ware auch überbezahlt haben: Die beiden Bankenfusionen sind heute grundsätzlich noch immer sinnvoll. Das gilt vor allem für die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank, mit Abstrichen aber auch für das Paar Commerzbank/Dresdner Bank.

Die Allianz hat als Eigentümer der Dresdner hinlänglich bewiesen, dass sie eine Bank nicht erfolgreich führen kann. Der Versicherungskonzern hat das Institut in den Zustand gebracht, in dem es jetzt in der Commerzbank aufgeht: Mit einem überdimensionierten, schlecht kontrollierten Investmentbanking und einem Privat- und Firmenkundengeschäft, dessen Potenzial ungenutzt blieb.

Der Commerzbank kann man vorwerfen, dass sie die Risiken der Dresdner unterschätzt hat. Überschätzt hat sie hingegen die eigene Stärke. So lange haben Klaus-Peter Müller und Martin Blessing der Welt eingeredet, die Commerzbank sei wieder groß und stark, dass sie selbst ein bisschen zu sehr daran glaubten. Mit dem Wissen, wie sich die Bankenwelt nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers am 15. September veränderte, hätten sie aber wohl trotzdem die Finger von der Dresdner Bank gelassen.

Der Zusammenbruch von Lehman ist der Schlüssel, um die davor beschlossenen Bankenfusionen fair zu bewerten. Den heutigen Wert von Banken mit den Preisen aus dem Sommer zu vergleichen, ist unsinnig. Einem Hauskäufer würde man auch nicht vorwerfen, zu viel für seine Immobilie gezahlt zu haben, nachdem ein Erdbeben die ganze Stadt verwüstet hat. Besserwisser könnten allenfalls anmerken, dass man eben kein Haus im Erdbebengebiet kaufen sollte.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum die Übernahme der Postbank für die Deutsche Bank sinnvoller denn je ist.

Aber was waren die Alternativen? Auch die Allianz hätte wohl für die Dresdner Bank jetzt den Staat angezapft, wäre sie noch Eigentümerin. Der Versicherer war aber zum Verkauf wild entschlossen. Und wie eine chinesische oder spanische Bank mit der Dresdner nach Lehman umgegangen wäre, ist höchst unsicher. Fast alle großen Banken, erst recht wenn sie unter Staatseinfluss stehen, konzentrieren sich in der Krise auf ihre Heimatmärkte. Auch in Amerika und Großbritannien haben die Regierungen sich an etlichen Instituten beteiligt und sie zu Fusionen gedrängt. Schwache deutsche Institute sich selbst zu überlassen, wäre ein riskanter Sonderweg.

Auch aus Sicht der Arbeitnehmer ist es das kleinere Übel, der deutsche Staat unterstützt die Sanierung des von dem Bankenbeben erschütterten Doppelhauses. Commerzbank-Chef Blessing muss allerdings jetzt beweisen, dass er mit der Dresdner Bank mehr anfangen kann als die Allianz. Auf Arbeitnehmer und Aktionäre kommen harte Jahre zu.

Für die Deutsche Bank ist die Übernahme der Postbank sinnvoller denn je. Das lange bejubelte Investmentbanking wird vermutlich noch einige Zeit Verluste einfahren und zehrt am Kapital. Deshalb kann Vorstandschef Josef Ackermann die Postbank mit ihren hohen Kundeneinlagen und ihrem stabilen Privatkundengeschäft gut brauchen.

Noch besser wäre die Übernahme in ihrer neuen Konstruktion. Der neue Aktionär Post brächte der Deutschen Bank dringend benötigtes Kapital - und Josef Ackermann könnte sich rühmen, einen privatwirtschaftlichen Weg aus der Not gefunden zu haben. Dass der Staat als Großaktionär der Post indirekt vorübergehend auch bei der Deutschen Bank seine helfende Hand im Spiel hat, dürfte aus seiner Sicht nur ein Schönheitsfehler sein.

© SZ vom 14.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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