Auskunftsanspruch für Verbraucher beschlossen:"Was wissen Sie über meinen Teddy?"

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Ob Kuscheltiere, Kosmetika oder Lebensmittel: Verbraucher haben künftig einen Rechtsanspruch auf Informationen über Produkte, deren Herstellung, Inhalt und mögliche Gefahren. Behörden müssen ihnen alle Erkenntnisse, die sie dazu haben, kostenlos zur Verfügung stellen - auch per E-Mail oder Telefon. Verbraucherschützer sind noch nicht zufrieden.

Daniela Kuhr

Verbraucher können künftig häufiger und leichter bei Behörden nachfragen, was amtliche Kontrollen von Lebensmitteln, Kosmetika, Textilien oder Kinderspielzeug ergeben haben. Der Bundestag beschloss am Freitag eine Reform des sogenannten Verbraucherinformationsgesetzes (VIG). Damit werde das Gesetz "noch bürgerfreundlicher", sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Verbraucher würden "noch schneller, noch umfassender und noch günstiger informiert" als bisher. Verbraucherschützern geht die Reform nicht weit genug.

Auch über den eigenen Teddy können nun Fragen gestellt werden: Die Behörden müssen Verbraucher über die Produkte informieren. (Foto: dpa)

Theoretisch können Bürger schon seit Mai 2008 bei Behörden erfragen, was amtliche Kontrollen von Lebensmitteln, Kleidung, Spielzeug oder Reinigungsmitteln ergeben haben. In der Praxis aber hat sich der Informationsanspruch, den der damalige Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) als Riesenerfolg wertete, als Flop erwiesen. Zu kompliziert, zu wenig aussagekräftig, zu teuer - so lautete das Fazit von Verbraucherschützern, nachdem sie testweise diverse Anfragen verschickt hatten. Auf diese Kritik will die schwarz-gelbe Koalition mit der Reform des VIG nun reagieren und die gröbsten Mängel ausmerzen.

So wird beispielsweise der Auskunftsanspruch inhaltlich erweitert: Künftig können die Bürger auch nach Informationen über technische Produkte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes fragen. Dazu zählen etwa Haushaltsgeräte, Möbel oder Heimwerkerartikel. Sollten Behörden bei diesen Produkten amtliche Sicherheitstests oder Marktkontrollen durchgeführt haben, müssen sie die Informationen auf Nachfrage von Verbrauchern zur Verfügung stellen.

Zudem sollen Anfragen in Zukunft in der Regel kostenfrei sein. Beträgt der Aufwand, den die Behörde für die Beantwortung betreiben muss, bis zu 250 Euro, darf sie das nicht mehr in Rechnung stellen. Betrifft die Anfrage einen Rechtsverstoß, also beispielsweise die Frage, ob ein Laden gegen die Sicherheits- oder Hygienevorschriften verstoßen hat, ist die Bearbeitung sogar bis zum Betrag von 1000 Euro kostenfrei. Es müsse also kein Verbraucher "aus Angst vor Kosten auf die Stellung einer Anfrage verzichten", teilte das Verbraucherschutzministerium am Freitag mit. "Denn bei Überschreitung dieser Beträge ist vorab ein Kostenvoranschlag zu erstellen."

Welche Behörde?

Die Anfrage kann künftig auch per E-Mail oder Telefon erfolgen. Welche Behörde bei welcher Auskunft die richtige ist, kann der Verbraucher unter www.vig-wirkt.de herausfinden, wo sich links auf der Seite ein "Behördenwegweiser" befindet. Insgesamt soll die Beantwortung schneller erfolgen. Zwar bleibt es dabei, dass das betroffene Unternehmen, über das ein Bürger Informationen abfragt, im Regelfall erst gehört werden muss. Doch kann die Anhörung künftig auch kurzfristig und mündlich erfolgen, bislang hatten die Unternehmen einen Monat Zeit, sich schriftlich zu äußern.

Mit der VIG-Novelle versucht die Koalition auch, Lehren aus dem Dioxin-Skandal Anfang des Jahres zu ziehen. So müssen Behörden, die bei Lebens- oder Futtermittelkontrollen alle Rechtsverstöße, die auf Überschreitungen von Grenzwerten beruhen, zwingend veröffentlichen, wenn zwei unabhängige Untersuchungen diesen Verdacht bestätigen. Gegen diesen Punkt gab es heftigen Widerstand aus der Industrie, die vor allem fürchtet, dass vorschnell veröffentlichte Informationen ein Unternehmen nachhaltig schädigen könnten.

Kritik seitens der Opposition

Der Opposition dagegen gehen die neuen Vorschriften nicht weit genug. Die Verbraucherschutz-Expertinnen Nicole Maisch (Grüne) und Elvira Drobinski-Weiß (SPD) kritisieren unter anderem, dass Bürger nach wie vor keinen direkten Auskunftsanspruch gegen Unternehmen erhalten.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) dagegen zeigt dafür Verständnis. Gegen einen solchen Direktanspruch spreche vor allem, dass Verbraucher den Informationen von Unternehmen ohnehin häufig misstrauten und Informationen von neutralen Stellen bevorzugten, hieß es in der Stellungnahme des VZBV zu der Gesetzesnovelle.

Der Verband ist aber aus anderen Gründen ebenfalls enttäuscht. Zwar trage das Gesetz zur Beschleunigung bei, doch seien Dienstleistungen vom Informationsausspruch nach wie vor ausgenommen, sagt VZBV-Wirtschaftsexpertin Cornelia Tausch. "Gerade in diesem Bereich haben Verbraucher die größten Probleme." Vor allem aber hätte der Gesetzentwurf weniger auf Anfragen von Bürgern setzen sollen, als vielmehr auf einen Mentalitätswechsel: Die vorausschauende Information durch Behörden sollte zur Regel werden, sagte Tausch.

Die VIG-Novelle soll im Februar vom Bundesrat beschlossen werden und könnte dann im Herbst 2012 in Kraft treten.

© SZ vom 03.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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