Aktienmarkt:Investoren-Wut trifft Ackermann

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Die historische Leitzinssenkung der US-Notenbank macht den Börsianern Angst. Und dann sorgt auch noch die Deutsche Bank für Empörung unter den Anlegern.

Zwischen Freude und Besorgnis: Die Leitzinssenkung in den USA ließ den Dax nur im frühen Geschäft leicht ins Plus steigen - kurz darauf rauschte das Börsenbarometer um fast zwei Prozent in die Tiefe.

Die Papiere der größten deutschen Bank, hier im Bild Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, haben am Mittwoch deutlich verloren. (Foto: Foto: ddp)

Die Senkung des Zinssatzes auf nahezu null Prozent "zeigt, wie schlecht es um die US-Konjunktur bestellt ist, wenn man solch drastische Maßnahmen ergreifen muss", sagte ein Händler.

Noch viel mehr belastete die Anleger aber die Gerüchte über die Deutsche Bank. Zeitweise rutschten die Papiere um mehr als neun Prozent ab und waren damit das Schlusslicht im Dax.

Das Institut verstörte Investoren mit einer Entscheidung, die auf den ersten Blick sehr vernünftig erscheint. Sie zahlte eine zehnjährige Anleihe, für die sie jetzt, nach fünf Jahren, ein Kündigungsrecht hat, nicht an die Anleger zurück. Die Bank hätte sich das Geld, immerhin eine Milliarde Euro, sonst zu deutlich höheren Zinsen neu am Kapitalmarkt beschaffen müssen.

Bei Anleihen-Investoren löste die Entscheidung jedoch Empörung aus. "Der Schritt ist absolut unüblich", sagte Philip Gisdakis, Kreditanalyst bei Unicredit. Die Anleihe sei nicht als zehnjährige Anleihe vermarktet worden, sondern mit der impliziten Zusage, dass die Deutsche Bank nach fünf Jahren ihre Kündigungsoption nutzen werde. Sonst hätte sie am Markt gar nicht die günstigen Konditionen bekommen. "Die Bank hat jetzt ein Glaubwürdigkeitsproblem. So schafft man in der Vertrauenskrise kein Vertrauen", sagte Gisdakis. Er vermutet, dass andere Banken sich künftig schwer tun dürften, ähnliche Instrumente wie die Deutsche-Bank-Anleihe bei Investoren zu platzieren.

Herbe Verluste bei der BNP

Zusätzlich machte ein Gerücht den Papieren des Instituts zu schaffen. "Es wird spekuliert, dass die Deutsche Bank in Kürze doch deutliche Verluste mitteilen könnte, dieses Gerücht wird derzeit am Markt herumgereicht", sagte ein Händler.

Händler verwiesen auf die drastischen Kursverluste der französischen Großbank BNP Paribas, die zeitweise mehr als 17 Prozent verloren. BNP hatte im Investmentbanking ungeahnt hohe Verluste verzeichnet und bereitet einen Stellenabbau vor.

Börsianer begründeten die möglichen Verluste bei der Deutschen Bank auch mit einer Nachranganleihe, die nicht vorzeitig gekündigt werde. Dies sei ungewöhnlich und wecke Befürchtungen, wonach das Quartalsergebnis des Branchenprimus so schwach ausfallen könnte, dass nicht einmal eine Milliarde Euro für eine vorgezogenen Rückzahlung zur Verfügung stehe.

Bereits vergangene Woche kursierten Spekulationen, die Deutsche Bank habe im Handel auf eigene Rechnung mit Krediten eine Milliarde Dollar verloren.

Tags zuvor hatte bereits die US-Bank Goldman Sachs einen unerwartet hohen Verlust gemeldet. Für Mittwoch werden die Quartalszahlen von Morgan Stanley erwartet. Marktbeobachter erwarten auch hier ein deutliches Minus.

Insgesamt sorgten sich die Anleger weiterhin um die finanzielle Stabilität der Banken, ergänzte ein Börsianer und verwies auf eine negativ aufgenommene Studie von JPMorgan vom Vortag, die noch nachwirke.

In dieser Analyse hätten die Experten von weiteren Abschreibungen in Höhe von 14 Milliarden Euro gesprochen, die auf die Banken im laufenden Quartal zukämen.

Vor allem die Deutsche Bank und deren französischer Wettbewerber Credit Agricole seien davon am meisten betroffen. Demnach könnte die Deutsche Bank im vierten Quartal noch einmal 2,3 Milliarden Euro abschreiben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum auch Infineon zu den Verlierern zählte.

Zu den großen Verlierern gehörten daneben die Titel von Infineon. Das Hilfspaket für den schwer angeschlagenen Speicherchip-Hersteller Qimonda ist vorerst geplatzt. Der Mutterkonzern Infineon lehnte die Forderung des Freistaates Sachsen ab, sich mit 150 Millionen Euro zu beteiligen: Dies übersteige "bei weitem die Möglichkeiten von Infineon." Das Land Sachsen hatte die Finanzspritze zur Bedingung für ein eigenes Darlehen an Qimonda über 150 Millionen Euro gemacht.

Nach der kurzen Zwischenerholung am Vortag setzten die Infineon-Papiere daraufhin ihre Talfahrt fort und verloren knapp sieben Prozent. Alleine seit Anfang Dezember brachen die Anteile des Halbleiterkonzerns damit um rund 65 Prozent ein.

In New York war der Dow-Jones-Index der Standardwerte nach der Fed-Entscheidung noch mit einem kräftigen Plus von 4,2 Prozent bei 8924 Punkten aus dem Handel gegangen.

Der breiter gefasste S&P-500 legte um 5,1 Prozent auf 913 Zähler zu und schloss damit auf seinem höchsten Stand seit dem 10. November. Der Index der Technologiebörse Nasdaq kletterte 5,4 Prozent auf 1589 Werte.

Der Euro stieg im frühen Geschäft bis auf knapp 1,42 Dollar - so teuer war die Gemeinschaftswährung zuletzt Ende September.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/mhs/hgn/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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