Schuldneratlas 2012:Vielen Deutschen geht das Geld aus

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Lange Jahre hielten sich viele Deutsche bei größeren Anschaffungen zurück, vor allem im Osten. Doch das holen sie jetzt nach - und geraten dabei in Zahlungsschwierigkeiten. Immer mehr Privathaushalte überschulden sich, weil sie zu viel Geld ausgeben. Besonders rasch wächst die Zahl überschuldeter Personen bei jungen Erwachsenen.

Seit Beginn der Euro-Krise beherrscht ein Thema die Agenda von Politik und Medien: Schulden. Doch nicht nur Staaten können die Kontrolle über ihre Ausgaben verlieren. Auch für Privatpersonen können Schulden zum Problem werden. In Deutschland ist die Zahl der überschuldeten Menschen 2012 wieder merklich gestiegen. 6,6 Millionen Deutsche sind betroffen, also fast jeder zehnte erwachsene Bundesbürger. Das geht aus dem sogenannten "Schuldneratlas" der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor.

Schuldneratlas 2012
:Im Norden leuchtet es rot

In allen Bundesländern ist die Zahl überschuldeter Privatpersonen in diesem Jahr gestiegen, vor allem im Norden. Insgesamt stehen Frauen dabei besser da als Männer. Aber auch bei ihnen nimmt die Verschuldung zu.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um 190.000 Personen gestiegen, das entspricht einem Zuwachs von drei Prozent. Die Höchstwerte aus den Jahren 2005 und 2008 sind damit allerdings noch nicht erreicht. Überschuldung liegt der Studie zufolge vor, wenn ein Schuldner die Summer seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm weder Vermögen noch andere Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Die Autoren sehen vor allem die Verschuldung durch unangemessenes Konsumverhalten als Ursache für den Anstieg. Dadurch ausgelöste Zahlungsschwierigkeiten haben um ein Drittel zugenommen. Besonders in Ostdeutschland war dies häufig der Grund für Überschuldung. "Nach Jahren des Rückgangs sind jetzt bei steigenden Einkommen und vergleichsweise positiven ökonomischen Rahmenbedingungen - etwa am Arbeitsmarkt - mehr ostdeutsche Verbraucher dabei, entgangenen Konsum nachzuholen und auf diese Weise in nachhaltige Zahlungsstörungen zu geraten," heißt es in der Studie.

Auch die Angst vor einer schleichenden Geldentwertung und die vermeintlich düsteren Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung tragen zum exzessiven Konsumverhalten der Menschen bei. Statt zu sparen, geben sie ihr Geld lieber aus und tätigen größere Anschaffungen.

Übertriebene Konsumausgaben vor allem bei jungen Menschen

Weitere Gründe sind nach wie vor Scheidung oder Trennung vom Lebenspartner und Krankheit. Arbeitslosigkeit oder gescheiterte Selbständigkeit sind hingegen deutlich seltener der Auslöser für Schuldenprobleme. Die Autoren führen das auf die aktuell noch gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zurück.

Die Zahl der überschuldeten Personen nimmt gerade unter jungen Erwachsenen zu, den größten Anstieg gab es bei den 20- bis 29-Jährigen mit acht Prozent. "Das liegt vor allem an den Konsumausgaben" sagte Creditreform-Wirtschaftsforscher Michael Bretz Süddeutsche.de.

Die Verschuldung bei Kindern und Jugendlichen nimmt hingegen deutlich ab. Bei den unter 20-Jährigen sinkt die Verschuldung der Männer um sechs und die der Frauen sogar um 14 Prozent. "Vermutlich trägt die Diskussion um das Überschuldungsthema hier erste Früchte", sagte Bretz.

Steigende Überschuldung bei Frauen

Bedenklich stimmt die Verfasser der Studie die starke Zunahme der Schulden bei Älteren. Sowohl in der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahre, als auch in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen sei die Überschuldung zuletzt überproportional angestiegen.

Das Problem nimmt der Studie zufolge in allen Bundesländern wieder zu. Doch gibt es nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen. Die niedrigsten Schuldnerquoten weisen weiterhin Bayern und Baden-Württemberg auf. Die höchsten Überschuldungsraten gibt es in Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt.

War die Überschuldung lange Zeit vor allem ein Problem des männlichen Geschlechts, so gleichen sich hier die Verhältnisse an. Zwischen 2004 und 2012 stieg die Zahl der betroffenen Frauen von 2,1 auf 2,4 Millionen, während gleichzeitig die Zahl der Männer von 4,5 auf 4,2 Millionen sank. Hier spiegeln sich die veränderten Lebensformen und Rollenbilder wieder, heißt es in der Untersuchung. Insbesondere als Alleinerziehende oder gleichberechtigte Einkommensbezieherinnen müssten Frauen immer häufiger für auflaufende Schulden geradestehen.

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