Internet-Adressen:Neue Domain-Endungen starten trotz Kritik

Ab sofort können sich Unternehmen und Städte um Domain-Endungen wie .Berlin oder .shop bewerben - vorausgesetzt, sie sind bereit, 120.000 Euro zu investieren. Die neuen Adressen sind allerdings umstritten - am Ende könnten vor allem Abzocker und Markenanwälte profitieren.

Ungeachtet der Kritik der US-Regierung soll die Vergabe neuer Internet-Domain-Endungen starten. Die Internet-Verwaltung ICANN nimmt nach einer langen Vorbereitungsphase an diesem Donnerstag erste Bewerbungen an. Unternehmen oder Städte können sich vom 12. Januar bis Mitte April um eine neue Adresse mit Endungen wie .berlin, .reise oder .hotel bewerben.

Der Branchenverband eco bietet interessierten Unternehmen und Verbänden mit einer Hotline Hilfestellung und rechtliche Beratung "in letzter Minute" an. "Alle interessierten Institutionen sollten jetzt aktiv werden, wenn sie die neuen Möglichkeiten schnell nutzen wollen", sagte Dieter Kempf, Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom.

Bis November 2012 werden die Anträge auf so genannte Generic Top Level Domains (gTLD) von der ICANN geprüft. Anfang 2013 sollen dann die ersten Adressen mit den neuen Endungen an den Start gehen.

Die US-Regierung hatte die ICANN erst Anfang Januar aufgefordert, die Pläne noch einmal zu überdenken. Viele Unternehmen hätten in Beratungen mit dem US-Wirtschaftsministerium die Pläne kritisiert.

Zeit der Domain-Klauer?

Sie befürchteten, dass Unbefugte ihre Unternehmens- oder Markennamen als Top Level Domain registrieren könnten. Für einprägsame Adressen mit Endungen wie .com, .org, .net oder.de waren die Möglichkeiten zuletzt vielfach knapp geworden.

Die Erweiterung der Domain-Endungen ist ein historischer Schritt, der die Möglichkeiten deutlich erweitern soll. Neben regionalen Adress-Endungen wie .berlin oder .hamburg können nun auch Firmen- und Branchennamen wie .nokia oder .reise als Endung registriert werden.

Die ICANN werde das Bewerbungsverfahren besonders transparent und fair gestalten, versicherte zuletzt der neue Chef Rod Beckstrom. Neben Städten und Regionen kämen die neuen Endungen auch für Branchen, Firmen und Marken in Frage, betont der Bitkom.

Private Nutzer können dagegen keine neue Homepage-Endung beantragen. Wer eine neue Domain-Endung erwirbt, zahlt allein für die Bewerbung etwa 120.000 Euro und übernimmt dann die kompletten Aufgaben eines Internet-Unternehmens.

Die neuen TLDs stoßen allerdings auch bei Internet-Aktivisten auf Kritik. Mit der Erweiterung der Endungen werde kein Vorteil, sondern nur Redundanz produziert, von der letztendlich nur Google profitiere, sagte die Internet-Pionierin Esther Dyson dem Wall Street Journal.

Lukratives Geschäft für Anwälte

Wenn ein Unternehmen wie die Hotel-Kette Marriott neben der Adresse marriott.com auch marriott.hotel registrieren könne, würden sie ihre Marke mit einer Reservierung der TDL schützen müssen, auch wenn das Unternehmen die neue Domain nie gebrauchen würde. Für Marken-Anwälte könne daraus ein lukratives Geschäftsfeld entstehen.

Der Internet-Verband eco schaltet an diesem Donnerstag zwischen 10 und 17 Uhr eine Hotline, über die noch einmal über grundsätzliche Fragen informiert werden soll. Neben allgemeinen Fragen, wie man sich noch kurzfristig bewerben kann, will der Verband auch darüber Auskunft geben, wie ein Unternehmen seine Marke davor schützen kann, dass entsprechende Endung von Dritten registriert wird.

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