Handy am Handgelenk:Warum die Armbanduhr die iWatch nicht fürchten muss

Lesezeit: 3 min

Armbanduhren (Foto: Catherina Hess)

Das Smartphone ist die neue Taschenuhr, als Zeitmesser hat die klassische Armbanduhr scheinbar ausgedient. Als Statussymbol und Fashion-Statement lebt sie allerdings weiter. Ein Markt wie geschaffen für die iWatch von Apple - wenn sie denn kommt.

Von Mirjam Hauck

Wer hat heutzutage noch einen Zeitmesser am Handgelenk? Fragt man jemanden auf der Straße nach der Uhrzeit, beginnt derjenige meist hektisch zu suchen - in Handtasche, Rucksack oder Hosentasche - nach einem Mobiltelefon. Das Smartphone ist die neue Taschenuhr.

Doch möglicherweise gibt es demnächst eine Renaissance der Armbanduhr zu bestaunen: Wenn Apple-Chef Tim Cook am Montag eine Computer-Uhr vorstellt. Spekulationen um eine iWatch hatte er kürzlich Auftrieb gegeben, als er auf einer Tech-Konferenz sagte: "Ich denke, das Handgelenk ist interessant". Es sei natürlich, dort etwas zu tragen. Und Apple könnte das schaffen, was ihnen schon im Musik-, Smartphone und PC-Geschäft gelungen ist: Den Kunden davon überzeigen, dass sie mit einer Smartwach etwas Revolutionäres geschaffen haben.

Smartwatches lassen sich wie Smartphones mittels Apps mit Zusatzfunktionen ausstatten. Sie können Standort- und Wetterdaten anzeigen und Nachrichten von sozialen Netzwerken übermitteln. Und das Zifferblatt kann der User individuell gestalten und mit Fotos aufhübschen.

Eingeschworene Fangemeinde

So hat beispielsweise Sony bereits eine Smartwatch im Programm. Sie läuft mit Googles mobilem Betriebssystem Android. User können sich mit ihr beispielsweise über eingehende Anrufe oder E-Mails informieren lassen, Anrufe entgegennehmen oder ablehnen. Allerdings kämpfen die Nutzer immer mal wieder mit Updateproblemen der Software.

Die populärste Smartwatch derzeit ist die Pebble ( hier im SZ.de-Check). Finanziert mit Hilfe der Crowdsourcing-Plattform Kickstarter hat die intelligente Uhr mittlerweile eine eingeschworene Fangemeinde, allerdings ist noch nicht jeder Nutzer in Gänze von den Fähigkeiten der interaktiven Uhr überzeugt.

Auch Samsung, Google und Microsoft arbeiten derzeit an Hight-Tech-Armbanduhren. Wobei das Redmonder Unternehmen bereits seine ganz eigene Erfahrung mit einem solchen smarten Gerät hat. Auf der Computermesse Comdex in Las Vegas verkündete Bill Gates bereits im November 2002 den Start einer Initiative namens "SPOT" (Smart Personal Objects Technology).

Dahinter verbargen sich neben Schlüsselanhänger und Kaffeemaschinen auch Armbanduhren, die das Wetter, Nachrichten und Börsenkurse anzeigten - über einen Funkchip und gegen hohe Abogebühren. Allerdings funktionierte die Versorgung der Armbanduhren mit Daten kaum. Steve Ballmer beendete 2008 die Karriere der Geräte. Die Uhren verschwanden aus dem Microsoft-Sortiment.

Knopfdruck genügt
:Sehnsucht nach der digitalen Uhr

Apple-Fans hoffen, dass ihr Lieblingskonzern die Digitaluhr wieder zum Statussymbol macht. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC könnte Firmenchef Cook eine iWatch vorstellen. Seit den ersten Exemplaren in den Siebzigern haben sich die Uhren radikal verändert. Manche waren designt wie Traktorreifen, andere aus einem alten iPod gebastelt. Eine Zeitreise mit Zeitmessern.

Von Hakan Tanriverdi

Marktforscher prognostizieren den Computeruhren der neuen Generation allerdings nicht, das gleiche Schicksal wie die ersten Microsoft-Uhren zu erleiden. Vielmehr seien die neuen High-Tech-Zeitmesser erst der Beginn eines neuen Hypes. So sagen die Analysten von Gartner, dass schon 2016 Smartwatches jährlich für zehn Milliarden Dollar Umsatz sorgen sollen.

Etablierte Uhrenhersteller sehen den neuen Uhren der Elektronikkonzerne gelassen entgegen. So sagte Swatch-Chef Nick Hayek der FAZ, dass er begrüßen würde, wenn Apple eine interaktive Uhr lanciert. Schließlich lenke das Produkt die Aufmerksamkeit auf den Markt. Konkurrenz fürchte er nicht, im Markt sei genug Platz. Zumal für die Kunden Emotionalität wichtiger sei als die technische Perfektion.

Für Thilo Brückner, Geschäftsführer des Bundesverbandes Schmuck und Uhren, sind Smartwatches derzeit noch Nischenprodukte. Von ihnen könnten Innovationen ausgehen, die klassische Uhr würden sie aber keinesfalls verdrängen. Zwar habe er auch schon "Uhrenlose" beobachtet, die die Uhrzeit lieber vom Handy ablesen. Aber dies sei keine Frage des Alters, sondern hänge auch vom Einkommen und vom Bildungsstand ab. Je mehr jemand verdiene, desto eher trage er eine Uhr. Bei Akademikern sei der Anteil von Uhrenlosen gering.

219 Euro für eine Uhr

Tatsächlich kann sich die Uhrenbranche bislang auch ohne die iWatch von Apple über recht gute Zahlen freuen. Laut GFK stieg der Uhrenverkauf 2012 um knapp sieben Prozent. Beim Umsatz gab es ein Plus von neun Prozent. Wer seine Uhr beim Juwelier oder im Fachhandel kauft, gibt durchschnittlich 291 Euro aus. Wer sie im Kaufhaus erwirbt, zahlt 74 Euro.

In Deutschland sind es vor allem die niedrigen Preise, die die Käufer locken. Der Sinn und Zweck der Uhr: Sie muss vor allem modisch sein und als Accessoire zum Outfit passen. Als Zeitmesser scheinen sie nicht sehr gefragt sein. Auch Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Juwelierverbandes bestätigt diese Einschätzung: Uhren seien heute ein Schmuckstück - oder ein Statement.

Eigentlich erstaunlich, dass Apple diesen Markt jetzt erst entdeckt.

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